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Serie:
"Bühlertäler
des Monats"
Dezember 2009
Im Weihnachts- und Wintermonat Dezember wollen
wir einen Bürger vorstellen, an den sich vor allem die ehemaligen
Schüler der Obertäler Schule und später der Schofer - Schule
noch gut erinnern werden. Unser Bühlertäler des Monats Dezember
ist kein anderer als Franz Müll, der dort viele Jahre als Lehrer,
Konrektor und später als Rektor unterrichtet hat.
Doch es gab natürlich auch ein Leben
außerhalb der Klassenzimmer, und darüber wollen wir nun
berichten. Wie ist Franz Müll aufgewachsen? Wo verbrachte er seine
Jugend und wie die leidvollen Jahre des 2. Weltkrieges? Wann wurde
er Lehrer? Wie lebt er als Pensionär. Sind wir nun gemeinsam gespannt
darauf, mehr aus dem arbeitsreichen und interessanten Leben von Franz Müll
zu erfahren.
Die Wiege von Franz Müll stand einst
nicht in Bühlertal, sondern in Vimbuch. Der kleine Ort war 1925 -
als Franz das Licht der Welt erblickte - noch eigenständig. Er wurde
als 3. Kind von insgesamt 5 Kindern der Familie Karl und Theresia Müll
geboren, und sein Elternhaus stand im „Unterdorf“ von Vimbuch.
1928 - Franz Müll im neuen Bleyle - Anzug
Seine Eltern besaßen einen Bauernhof mit Tierhaltung und konnten von der Landwirtschaft die Familie ernähren. Der Vater konnte durch einen Nebenerwerb etwas hinzu verdienen, er war nämlich Gemeinderechner und verwaltete die Gemeindekasse von Vimbuch. Der Kassenschrank habe im Wohnzimmer gestanden, so erinnert sich Herr Müll, und die Leute seien zu ihnen ins Haus gekommen, um Steuern zu bezahlen. Die Waldarbeiter aus Bühlertal kamen, um ihren Lohn bei Karl Müll abzuholen.
Vimbucher Freunde - Franz Müll 2. von links
So wuchs Franz Müll mit seinen
Schwestern Maria und Anna und den Brüdern Karl und Otto auf dem
Hof auf und man musste, wie es damals zu jener Zeit üblich war, den
Eltern in Haus und Hof zur Hand gehen. Buben, so erfahren wir, hätten
früher wie die Mädchen Röcke getragen, und eines
Tages bekam Franz von seiner Mutter Hosen genäht. Als er damit zum
Nachbarn kam, meinte dieser: „Ei, ei, der Franz hat schon Hosen an.“ Dies
sei eine seiner frühesten Erinnerungen gewesen.
So berichtet uns Franz Müll, dass er auf dem Dielenwagen mit dem Vater und Großvater raus aufs Feld fahren durfte, um dort die Felder zu pflügen. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Kühe anzutreiben und am Ende des Ackers wieder in die neue Furche zu leiten. So musste man 25 Mal auf jeder Ackerseite eine Furche ziehen, bis das ganz Feld gepflügt war. Im Anschluss wurde dann die Saat von Hand ausgeworfen. Daheim im Stall, wenn junge Kälbchen geboren wurden, durfte man als Kind diese am Strick führen und im Sommer auch raus auf den Hof und die Straße mit ihnen gehen.
Franz mit seinem Lieblingsspielgerät - dem Reifen
Der Großvater von Franz stammte aus
dem Hanauerland und war ursprünglich protestantisch. Er wollte aber
nach Vimbuch ziehen, um sich dort als Schreinermeister nieder zu lassen,
und so konvertierte er noch vor seiner Hochzeit zum katholischen Glauben.
Diesen nahm er sehr ernst und besuchte regelmäßig den
Gottesdienst.
So geschah es eines Morgens im Spätjahr
1932, dass der Großvater den kleinen Franz wie gewohnt mit
in die Kirche nahm, und auf dem Heimweg von der Kirche marschierte eine
grölende Gruppe, die der damaligen Hitlerjugend angehörte.
Sie trugen die Hakenkreuzfahnen und sangen ihre Lieder und verbreiteten
ihre Naziparolen. Der Großvater und Franz blieben an der Dorfbachbrücke
stehen und wurden Zeugen, wie diese Hitlerjungen einen anderen Jungen,
der nicht die Hand zum Hitlergruß erhob, ohrfeigten.
Familie Müll - links Franz, v.l.n.r.- Franz, Mutter, Anna, Karl,
Otto, Vater, Maria
Dieser negative Vorfall prägte
sich tief in die Seele von Franz Müll ein, doch es sollten Jahre später
noch viel schlimmere Ereignisse auf ihn zukommen.
Als Hitler die Macht endgültig übernahm,
ging Franz Müll bereits in die erste Klasse in Vimbuch.
Er erinnert sich wie heute daran, dass schon Wochen zuvor Sprechchöre
eingeübt wurden, um diese am 30.Januar 1933 vorzutragen. Zum Glück
war Franz an einer Grippe erkrankt und musste an jenem Tag das Bett hüten
und so brauchte er nicht teil zu nehmen. Weiter schildert er uns, dass
bereits die Erstklässler einen Wochenspruch auswendig lernen mussten
und mit dem „Führerprinzip“ vertraut gemacht wurden. Man wollte sogar
erreichen, dass die kleinen Kinder ihre Eltern verraten, wenn diese etwas
gegen den „Führer“ sagen sollten.
Der kleine Franz also besuchte die Vimbucher
Volksschule von 1932 bis 1936 an Ostern. Früher hat das Schuljahr
an Ostern und nicht wie heute im Sommer geendet. Da er immer sehr gute
Noten gehabt habe, wurde von den Eltern beschlossen, dass er künftig
auf ein Gymnasium gehen sollte. Und so kam es, dass Franz zusammen mit
einem Jungen aus Oberweier mit 10 Jahren auf ein katholisches Internat
ging. Doch die Nazis lösten diese Schule im Herbst 1936 auf, und er
kam nach Bensheim an der Bergstraße ins Alte Kurfürstliche Gymnasium.
Dieser Schulwechsel brachte natürlich sehr viel Heimweh mit
sich, doch Franz wollte durchhalten, um seinen Eltern keine „Schande“ zu
machen, wie er uns sagt. Das Schul- und Pensionsgeld betrug 67 RM, und
es war im Internat alles streng geregelt: Aufstehen, Kirchgang , Mittagessen,
lernen, Studium, lernen, Abendessen usw.
Ein sehr strenger Präfekt, der im 1.
Weltkrieg gedient hatte und dem der militärische Umgangston
noch sehr geläufig war, verursachte bei Franz oft Angst, und
das Lernen fiel dadurch nicht gerade leicht. Doch der Präfekt
hatte eine Abneigung gegen das 3. Reich. Dies auch zu zeigen war damals
schon sehr mutig gewesen. Andererseits wieder seien die Schüler von
anderen Lehrern zur Parteilinientreue angehalten worden und man stand im
ständigen Zwiespalt, ja nicht aufzufallen.
Am 9.November 1938 wurde beim morgendlichen
Gottesdienst verkündet: „Die Synagoge brennt.“ Franz erinnert sich
noch, die letzten Flammen auf dem Schulweg gesehen zu haben. Die
Juden, die ihm damals begegnet seien, hätten bereits Davidsterne tragen
müssen. Man verlangte von den Schülern, den Juden auf dem Bürgersteig
nicht aus dem Weg zu gehen und versuchte, die Schüler gegen diese
Leute aufzuhetzen. Doch wie Franz Müll sich erinnert, seien sie als
Internatsschüler diesen Vorgaben nicht gefolgt und hätten die
jüdischen Bürger weiterhin auf dem Gehweg durch laufen lassen.
Es ging weiter Schlag auf Schlag, und am
26.8. 1939 fuhr ein Trompeter durch das Dorf, und es wurde zur Mobilmachung
aufgerufen. Bauern mussten ihre Pferde abgeben, wehrfähige Männer
mussten einrücken, und einige Tage später am 1.9.1939 war
der 2. Weltkrieg endgültig ausgebrochen. Deutschland überfiel
Polen, und wir standen im Krieg, wie man aus den Lautsprechern der
Volksempfänger vernehmen konnte. Frauen, die den 1. Weltkrieg schon
erlebt hatten, fingen an zu weinen, doch als Kind konnte man sich die Tragweite
eines Krieges noch nicht so recht vorstellen.
Nach und nach, so schildert uns Franz Müll,
habe sich alles verändert, man habe abends die Räume abdunkeln
müssen, Lebensmittelkarten seien ausgegeben worden, Gasmasken wurden
verteilt usw.
Der Präfekt im Internat legte Wert
darauf, dass alle Schüler irgendein Sportabzeichen erwerben
sollten und so begann Franz 1941 den DLRG Grundschein zu absolvieren. Als
er am Morgen des 22. Juni 1941 aus dem Schwimmbad kam, vernahm man aus
dem Volksempfänger, dass Deutschland mit Russland im Krieg stünde.
Einige der älteren Internatsschüler waren bereits im Osten, und
es kamen die ersten Meldungen von Gefallenen.
So geriet auch der Bruder Otto in die Kriegswirren,
wurde 1941 eingezogen, 1942 in die Nähe von Stalingrad verlegt und
von da an brach der Kontakt ab und Franz und die Familie hörten nie
wieder etwas vom erst 19 jährigen Otto, der nun als vermisst galt.
Diese Tatsache sei sehr schmerzhaft gewesen, erzählt uns Franz Müll,
denn sie hatten sich regelmäßig geschrieben und standen
in engem Kontakt, die gemeinsame Kindheit verband die beiden Brüder.
1942 - Franz Müll (links) mit Freunden aus dem Gymnasium
Im Jahre 1942 wurde es auch für Franz
Müll ernst, er wurde in ein Wehrertüchtigungslager nach
Emmerichenhain im Oberwesterwald für 3 Wochen eingezogen. Dieses
unterstand der SS. Glücklicherweise konnte Franz Müll sich
zur Motor-HJ-Abteilung melden, die von einem Wehrmachtsunteroffizier, einem
ehemaligen Fahrer General Rommels geleitetet wurde. So lernte Franz Motorrad
fahren, Reifen wechseln und Pannen beheben. Daneben gab es eine vielseitige
sportliche Ausbildung und Franz Müll erwarb alle 4 möglichen
Sportabzeichen. Das nahm der SS-Lagerleiter zum Anlass ihn über die
Gebietsleitung befördern zu wollen, da er ja keinen Rang innerhalb
der HJ hatte. Beim letzten Abend dieser 3 wöchigen Ausbildung sagte
eben jener SS-Lagerleiter zu den jungen Leuten: „Es ist nicht entscheidend,
dass ihr das Gewehr kennt, Hauptsache, ihr könnt damit töten!“
Dieser Satz ging Franz Müll durch Mark und Bein, und er war
heilfroh, als er wieder zurück aufs Internat konnte, um dort
im Jahre 1943 sein Abitur zu machen. Doch schon vorher ereilten einige
der Schüler seines Jahrgangs die Einberufungsbefehle und die Klasse
schrumpfte auf 8 Schüler. Davon sollten später 4 Schüler
im Krieg fallen.
Nach der Reifprüfung gab es keine Ferien,
sondern die restlichen Schüler wurden sofort zum Arbeitsdienst und
später zum Wehrdienst eingezogen.
Arbeitsdienst 1943 - Franz Müll links oben
Da Franz Müll das Gymnasium besucht
hatte und seine sportlichen Leistungen sehr gut waren, hatte das Vorteile
für ihn. Sein Unteroffizier ernannte ihn zum Stubenältesten und
erklärte Franz, dass er ihn zum Reserveoffiziersbewerber vorschlagen
werde. Außerdem ernannte er Franz zum Schreiber beim Schießstand,
da er eine schöne Handschrift hatte. Schreiber beim Schießstand
zu sein war eine gewisse Vertrauensstellung, denn nicht alle Soldaten des
Schießstandes konnten gut schießen. So trickste der Unteroffizier,
half den schwachen Schützen etwas nach, und Franz durfte nur die“
vermeintlichen Treffer“ aufschreiben.
Beim Arbeitsdienst 1943
Als gemeldeter Reserveoffiziersbewerber hatte
Franz noch weitere Ausbildungen zu absolvieren und musste nun, zum Glück
erst im Sommer 1944, an die Front nach Skarzisko-Kamienna am Weichselbogen
in Polen ausrücken. Sein erster Einsatz als Gruppenführer
war, in einem Wald gegen Partisanen zu kämpfen. Das erste Kommando:
„Panzer und Infanterie Marsch!“ wird er nie in seinem Leben vergessen.
Franz Müll wurde bewusst, dass er nun auf Menschen schießen
sollte und dass er das nicht konnte. Und gleich an seinem ersten Tag geschah
ein für ihn fürchterliches Ereignis, das er in all den Jahren
nie vergessen konnte, und das noch immer vor seinen Augen präsent
ist wie gestern.
Franz Müll als junger Soldat - 1944 beim Heimaturlaub
Gegen Abend hatte seine Truppe das Waldstück
durchkämmt und kurz vor dem Waldesrand kam es zu einer Schießerei
mit den Partisanen. Einer der Partisanen saß auf einem Baum, wurde
getroffen und stürzte verwundet auf den Boden. Franz meldete daraufhin
seinem Zugführer, dass im Wald noch ein Verletzter liegen würde.
Franz musste zwei Gefangene nehmen, die den Verletzten herbei tragen sollten.
Dort angekommen legten sie einen Mantel unter seinen Körper und trugen
ihn zurück. Plötzlich stand ein SS-Offizier da und schrie Franz
an, warum er den Partisanen nicht erschossen habe. Franz sagte: „Sie sehen
doch, der Mann ist verwundet!“ Da schrie der SS- Offizier: „Legt den Hund
hier her“, riss seine Pistole aus dem Halfter, drehte den Kopf des Mannes
auf die Seite und tötete ihn mit einem Genickschuss. Ein weiterer
Verwundeter erlitt ein ähnliches Schicksal. Der SS-Offizier deutete
mit dem Finger auf jenen Verletzten, und die zwei gefangenen Partisanen
wurden gezwungen ihren eigenen Kameraden neben den bereits Erschossenen
zu legen. Dieser flehte noch in gebrochenem Deutsch; „Nix schießen,
Kamerad!“ Doch das hatte nichts genutzt. Im Anschluss daran hat man die
verängstigten Frauen aus jenem Dorf zusammen getrieben und sie mussten
mit erhobenen Händen niederknien.
Nach diesen Taten, so schildert uns Franz,
habe er fast geheult, es sei ein Bild des Jammers gewesen. Als sie endlich
in einer Scheune untergekommen waren, fand er keinen Schlaf und die Bilder
des Grauens ließen ihn bis heute nicht wieder los. Er sagte noch
zu seinen Kameraden: „Wenn wir das, was wir hier tun, einmal alles zurück
bezahlt bekommen, dann wird das ganz schlimm werden.“
So folgten noch einige weitere Fronteinsätze
mit aufwühlenden Erlebnissen für den damals erst 19 jährigen
Franz Müll. Den Jahresbegin 1945 erlebte Franz in Eltville am Rhein.
Man sei völlig verlaust gewesen und das war lästig. So ging man
gegen die Läuse vor, allerdings erst in der Kriegsschule in Dänemark.
Man bekam dort auch frische Kleidung und gutes Essen. Auf jener Kriegsschule
blieb Franz bis zum Kriegsende mit dem Dienstgrad eines Fahnen-Junker-Feldwebels.
Am 30. April 1945 gab es ein besonderes Erlebnis für Franz. Es kam
die Sondermeldung, dass der Führer im Kampf um die Reichkanzlei gefallen
sei. Doch als er es seinen Kameraden in der Stube verkündet hatte,
glaubten ihm diese nicht und riefen: „Nein du lügst, der Führer
lebt ewig.“ Und der Inspektionschef sagte: „Der Kampf geht ununterbrochen
weiter.“
Auf einigen Umwegen - begleitet von Verhören,
einigen Monaten Gefangenschaft in Flensburg und einem kurzen Aufenthalt
in einem Lazarett, kam Franz jedoch am 23.September 1945 wieder in die
Heimat Vimbuch zurück. Hier in der badischen Heimat hatte der Krieg
auch seine Spuren hinterlassen und Franz wurde von der Gemeinde dazu verpflichtet,
beim Einebnen der Bombentrichter zu helfen und im Gemeindewald
für den Winter Holz zu machen. Zum Glück gab es daheim auf dem
Bauernhof seiner Eltern genug zu essen, und Franz ließ sich
den geräucherten Speck aus Vaters Räucherkammer besonders gut
schmecken.
Doch, wie sollte es weiter gehen, das fragte
sich nicht nur Franz Müll, als der Krieg zu Ende war, und er sich
nach Jahren von Befehl und Gehorsam bei der Wehrmacht nun um sein
eigenes Leben zu kümmern hatte. So kam eines Abends der Lehrer Gustav
Kiefer zu den Eltern, um Milch zu holen. Man kam ins Gespräch und
da sagte Gustav Kiefer, als es wieder darum ging, was aus Franz denn werden
sollte: „Werden sie doch Lehrer!“
1949 Franz Müll mit seiner Miele
Und so kam es, dass Franz nicht lange überlegte,
da auch schon ein Onkel als Lehrer tätig war. Doch das war leichter
gesagt als getan. Es gab keine funktionierende Schulverwaltung, viele Lehrer
waren gefallen, jene mit Nazivergangenheit suspendiert. Schulen waren von
den Franzosen beschlagnahmt, andere konnte man nicht heizen, weil das Brennholz
fehlte und so kam es, dass man versuchte, die Kinder in Gasthäusern
und in der Wohnstube zu unterrichten. Auch mangelte es an Tafeln, Kreide,
Büchern und Heften.
Trotz dieser schlechten Voraussetzungen
gelang es Franz Müll im Februar 1946 über das Schulamt Baden-Baden
eine Lehrerausbildung in Freiburg im Breisgau zu beginnen.
Akademie in Freiburg - eine Barackenstadt
Die Akademie war in Baracken untergebracht. Freiburg war ausgebombt, aber Franz Müll konnte bei Bekannten in der Reiterstraße wohnen. Man bekam eine pädagogische Ausbildung, wurde von älteren Professoren und Lehrern unterrichtet, die Ausbildung wurde dann später in Lörrach fortgesetzt, wo Herr Müll 1948 seine erste und 1950 seine zweite Lehramtsprüfung ablegte. Während diesen Jahren der Ausbildung unterrichtete Franz Müll zeitweise an verschiedenen Dienstorten, wie Obersasbach, Stollhofen, Neusatzeck, Ötigheim, Herrenwies und Waldmatt.
Der Dorfschulmeister Franz Müll in Herrenwies
Klassenausflug 1952
Später wurde er dauerhaft nach Bühlertal
an die Obertäler Schule versetzt. ( Dieses ehemalige Schul- Gebäude
existiert noch. Es ist heute in Privatbesitz und wird als Wohnhaus genutzt.)
Kollegen in der Schule im Obertal - v.l. Karl Trapp, Franz Müll,
Margarete Albiez, Johanna Reith, Ernst Huber, Ernst Glaser
vorne: Pfarrer Schneble, Alexander Gauges, Vikar Böse
Im Jahre 1955 heiratet Franz Müll seine
Frau Irma, die er auf einem Vereinsfest kennen gelernt hatte, ebenfalls
eine Vimbucherin.
11.10.1955
Das junge Paar wohnte anfangs zur Miete am Längenberg. 1956 freute man sich über die Geburt des ersten Sohnes Reinhard. Als das zweite Kind unterwegs war, so berichtet uns Herr Müll, sei die Wohnung am Längenberg zu klein gewesen und man habe nach mehr Platz Ausschau gehalten. Fündig wurde man im Eichwald, im sogenannten Schwesternhaus. In dieses Haus zog die junge Familie 1958 und in diesem Jahr wurde auch Martina, die erste und einzige Tochter der Mülls geboren. Sehr wohl haben sie sich im Schwesternhaus gefühlt, so erfahren wir weiter, und auch die Mitbewohner seien ihnen sehr zugetan gewesen. Im Jahre 1958 kaufte Franz für sich und die Familie sein erstes Auto einen Renault Dauphin, auf den er sehr stolz gewesen sei.
Franz Müll im Dauphin 1959
So habe man gute und glückliche Jahre
im Schwesternhaus verbracht, die Familie war inzwischen um einen weiteren
Sohn angewachsen. Georg war Jahre 1961 zur Welt gekommen. Da fassten Franz
und seine Frau Irma den Entschluss, ein eigenes Haus für die Familie
zu bauen. Ein geeignetes Grundstück wurde im damaligen Weißen
Weg gefunden, dem heutigen Hans Thoma Weg.
Richtfest des neuen Hauses im Hans-Thoma-Weg (Weißer Weg)
Franz Müll wählte diesen Platz auch, um in der Nähe des neu errichteten Schulhauses, der Dr. Josef Schofer Schule, zu wohnen. Denn 1963 zog man von der Obertäler Schule in der Hauptstraße in die neu erbaute Schule im Eichwald. Die Grundsteinlegung der Schofer - Schule fand bereits im Jahre 1961 statt, dennoch dauerte die Bauzeit bis Ostern 1963.
Schofer-Schule im Eichwald
Am 29. Juni 1964, einem schulfreien Tag,
zog man nach einjähriger Bauzeit und vielen Stunden harter Eigenarbeit
ins neue Haus ein. 1972 musste eine Umfassungsmauer um das Grundstück
errichtet werden, diese Arbeit sei sehr aufwändig gewesen, und der
älteste Sohn Reinhard und einige Mitschüler halfen, das Fundament
auszuheben.
Reinhard, Stefan, Mutter Irma und Martina.
Vorne in der Mitte Georg
Inzwischen vergrößerte sich die
Familie noch ein letztes Mal, 1967 wurde Stefan, der jüngste
Sohn, das Nesthäkchen der Familie Müll geboren. Im neuen Haus
war genügend Platz und alles ging seinen Gang, bis im Jahre
1973 ein schwerer Schicksalsschlag die Familie Müll heimsuchte. Sohn
Georg ertrank im Bühlertäler Schwimmbad am 20.Juni 1973. Es begann
eine sehr schwere Zeit, so erzählt uns Franz Müll und Georg hinterließ
eine große Lücke in der Familie. Es fehlte ein Teil der auch
nicht zu ersetzen war. Doch die Familie habe zusammen gehalten und die
drei gesunden und prächtigen Kinder, auf die sie sehr stolz sind,
gaben ihnen Trost.
Reinhard, Georg, Martina und Stefan an Fastnacht 1968
Beruflich ging es jedoch weiter bergauf für
Franz Müll. Bis zum Jahre 1971 war er als Lehrer an der Schofer
- Schule tätig, wurde dann unter Rektor Brümmer Konrektor und
nach dessen Ausscheiden in den Ruhestand im Jahre 1974 zum Rektor
ernannt. So war er für 700 Schüler und 28 Lehrkräfte verantwortlich
und konnte sich voll einbringen. Diese verantwortungsvolle Aufgabe half
damals auch ein wenig über die Trauer um Georg hinweg.
40jähriges Dienstjubiläum 1984 - Irma und Franz Müll
- Schulamtsdirektor Schmiech
Seit 1988 ist nun Franz Müll selbst
im Ruhestand, Noch unter seiner Federführung wurde der Schulsportplatz
unterhalb des“ Gasthauses Schindelpeter“ verwirklicht.
Einweihung des Schulsportplatzes - Mai 1982
Verabschiedung 1988
Franz Müll war nicht nur viele Jahre
Rektor einer Schule, sondern auch ununterbrochen von 1968 bis 1980 im Gemeinderat
Bühlertals tätig.
Und da das Wandern eines seiner großen
Hobbys ist, war er im Schwarzwaldverein 1. Vorsitzender von 1982 bis 2003.
Während seiner Amtszeit wurde auch der allseits beliebte Kapellenweg
markiert. Erwandert man diesen, kommt man an insgesamt 7 Kapellen und Kirchen
vorbei. Diese sind mit Tafeln versehen, die wesentliche Merkmale und Daten
zum Gebäude nennen. Somit wird der Wanderer auf die kunsthistorische
Bedeutung der Kapellen und Kirchen hingewiesen.
Begeisterter Wanderer - Franz Müll vor dem Mastterhorn
Auch die Volkshochschule lag Herrn Müll
sehr am Herzen. Ganz klar, die Bildung des Menschen liegt einem Lehrer
aus Fleisch und Blut immer am Herzen. Und so war er der örtliche Leiter
der Volkshochschule von 1973 bis 1998.
Neben vielen Wanderungen mit dem Schwarzwaldverein
in Südschwarzwald, Elsass, Bornholm und Rügen ist Franz Müll
auch gerne in meist deutschsprachige Länder verreist, und er war in
Dänemark in jener Region, die er aus Kriegszeiten kannte.
Im Oktober 2005 konnte Franz Müll mit
seiner Frau Irma und der gesamten Familie, Kindern, Schwiegerkindern und
den 7 Enkeln das Fest der goldenen Hochzeit feiern.
Goldene Hochzeit 2005
Des Weiteren liest er nach wie vor sehr gerne
über Dichter und zeitgenössische Biographien. Ganz aktuell liegt
Barack Obama auf seinem Tisch, ganz nach dem Motto: „Yes we can!“ Dass
Franz Müll vieles kann, steht außer Frage, und sogar vieles
auf einmal, wenn man seine Biographie und seine Lebensgeschichte liest.
Zum Schluss frage ich auch ihn nach seinem
Lebensmotto oder nach einem Spruch oder Zitat, das treffend für sein
bewegtes Leben ist.
Und er hat gleich drei Zitate parat:
"Mein sind die Jahre
nicht, die mir die Zeit genommen,
mein sind die Jahre
nicht, die etwa mögen kommen.
Der Augenblick ist
mein,
und nehm ich den in
Acht, so ist der mein,
der Zeit und Ewigkeit
gemacht."
Andreas Gryphius
Franz Müll zitiert auch gerne diesen Spruch von Altkanzler Adenauer:
"Nimm die Menschen
wie sie sind, denn es gibt keine anderen."
"Jeder, der sich die
Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen,
wird nie alt werden."
Franz Müll
Wir wünschen Franz Müll noch weiterhin
diese Fähigkeit und für die Zukunft alles Gute, vor allem Gesundheit,
das ist das Wichtigste im Leben.
Auch ich, Elvi, einst Schülerin
von Herrn Müll möchte mich noch einmal ganz herzlich bei ihm
bedanken, dass er mitgemacht hat bei der Rubrik „Bühlertäler
des Monats“. Es war eine große Ehre für mich, über das
Leben von ihm berichten und schreiben zu können. Ganz besonders berührt
haben mich seine Erlebnisse des Krieges und der Kriegsjahre. Das sollte
uns junge Menschen sensibilisieren , dass Friede und Freiheit keine selbstverständlichen
Dinge sind, auf die wir Anspruch oder gar ein Recht haben, sondern unbezahlbare
Kostbarkeiten, die viele Menschen auf der Welt und viele Soldaten auch
jetzt in dieser Minute mit ihrem Leben bezahlen.
Vielen Dank an Franz Müll und
Elvi !
ABB 24.7.14