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Serie:
"Bühlertäler
des Monats"
Mai 2009
Im Wonnemonat Mai wollen wir einen waschechten
Bäckermeister vorstellen. Inzwischen ist er im wohlverdienten Ruhestand,
aber er hat fast sein ganzes Leben in der Backstube verbracht.
Und wie es dazu kam, was er im Herbst diesen
Jahres für ein seltenes Jubiläum feiert, und wie er das Leben
heute jenseits der Backstube genießt, darüber erzählt er
uns nun, in der inzwischen beliebten Rubrik „Bühlertäler des
Monats“.
Rowald Lamprecht, ein Bäckemeister also
mit Leib und Seele, kam im Ortsteil Untertal in der Hauptstraße
17 im Jahre 1937 zur Welt. Dort betrieben seine Eltern Grethel und Wilhelm
die Bäckerei Lamprecht. Seit 1860 besteht das Geschäft.
Ein Geschäft mit Tradition - Bäckerei Lamprecht 1930 - in
der Mitte Tante Fanny - spätere Chefin der Metzgerei Huber im Obertal
Rowald mit Brotkorb, in der Mitte Onkel Edmund, der später
die Tochter vom Grünen Baum heiratete,
im Hintergrund sein Vater Wilhelm - 1941
Freund Klaus Kohler und Rowald etwa 1943
Rowald links, Bruder Karlheinz in der Mitte, Mutter Grethel
rechts
und ganz links Fr. Trautmann eine Nachbarin mit Kind
Er wuchs dort mit dem älteren Bruder Karl-Heinz, der später als Pfarrer in der Heimschule Lender unterrichtete und seiner jüngeren Schwester Ursel auf, die mit im Laden arbeitete und Backwaren verkaufte.
Rowald, Schwester Ursel, Bruder Karl-Heinz und Mutter Grethel
Früher habe man sogar eigenes Eis im
Sommer zum Verkauf hergestellt.
Lecker! Eis ! Rowald hinter der Theke - Frau Maria Dürr (eine
Nachbarin) beim Schlecken.
Nach der Volksschule begann Rowald Lamprecht
seine Bäckerlehre im elterlichen Betrieb beim Vater Wilhelm, das war
in den Jahren 1951-54. Nach bestandener Gesellenprüfung beschloss
Rowald Lamprecht sein Können in der Ferne zu erweitern und verbrachte
insgesamt 3 Jahre in der „Fremde“ nämlich in Karlsruhe. Zwei Jahre
arbeitete er dort in der Konditorei im Kolpinghaus und ein Jahr im Cafe
Konditorei Jäck.
Rowald bei der Weihnachtsbäckerei
Nach dieser lehrreichen Zeit und mit neuen Ideen aber zog es ihn wieder zurück nach Bühlertal in den elterlichen Betrieb. Schon von Anfang an stand es für ihn fest, dass er die Meisterprüfung ablegen wollte und so begann er im Jahre 1958 den Meisterkurs. Die Praxis absolvierte er daheim beim Vater in der eigenen Bäckerei und die Theorie bei der Handwerkskammer in Karlsruhe. 1959 bestand er die Prüfung und am 24.6.1959 wurde ihm der Meisterbrief für das Bäckerhandwerk verliehen. Er übernahm später das elterliche Geschäft und war künftig selbst verantwortlich für die Backstube und das Personal und alles was noch an so einem eigenen Laden hängt.
Rowald in der Backstube
Torte zur Wahl - für Bürgermeister Braxmeier
Frühere Belegschaft der Bäckerei Lamprecht
Im Spätsommer diesen Jahrs wird Rowald Lamprecht eine ganz besondere Ehre zuteil, die Verleihung des goldenen Meisterbriefes. Auf seine Initiative hin, so erzählt er uns, wird an jenem Abend nicht nur ihm diese Ehre im Gasthaus “Grüner Baum“ in Bühlertal zuteil, sondern zwei weiteren Bühlertäler Bäckermeistern, die ebenfalls 1959 die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk bestanden haben.
Das soll jedoch noch eine kleine Überraschung sein, und wir haben mit Rowald besprochen, gesondert über dieses einmalige Ereignis auf der Homepage “Eichwälder“ zu berichten. Drei goldene Meisterbriefe im Bäckerhandwerk, drei waschechte Bühlertäler Bäckermeister, das werden wir zu würdigen wissen.
Und so erzählt Rowald weiter, dass er
nach der bestandenen Prüfung 35 Jahre als Vorstandsmitglied in der
Bäckerinnung, und 18 Jahre davon stellvertretender Obermeister war.
Zuerst nannte sich die Innung Bühl-Achern, später dann kam es
zur Trennung von Achern und man nannte sich fortan Innung Baden-Baden-Murgtal-Bühl.
An Fastnacht in der Liehenbach - 80er Jahre
Spezialitäten !
Mehr als 10 Jahre so berichtet uns Rowald
habe er oben auf der „Wolfin“ Holzofenbrot gebacken, in einem eigens dafür
gebauten Holzofen. Sein Vater sei voraus gefahren und habe angefeuert und
er sei mit dem Teig später nachgekommen. Eine schöne und auch
arbeitsintensive Zeit sei das gewesen. Das Holzofenbrot von Lamprecht war
legendär.
Das leckere Holzofenbrot von der Wolfin
Leider sei in Bühlertal, wie auch anderorts
das Bäckereisterben nicht aufzuhalten gewesen, zum einen habe man
viel Verantwortung mit einem eigenen Laden, zum anderen muss man mitten
in der Nacht aufstehen, um die Kunden am Morgen mit frischen Backwaren
zu versorgen, und so mangelte es oft an
„Nachwuchs“ und die alteingesessenen Bäckereien
mussten schließen.
Bäckerei Lamprecht heute
So kam auch für Rowald Lamprecht die Entscheidung, nachdem er sich 1999 in den verdienten Ruhestand begab, einen Nachfolger zu finden. Seine Töchter hatten beide andere berufliche Interessen und brachten auch keine „Bäcker“ nach Hause. So kam es, dass sein langjähriger Mitarbeiter Klaus Kritzer nach der Meisterprüfung die Bäckerei Lamprecht im August 1999 übernahm. Der Firmenname sei aber auf Wunsch des Nachfolgers erhalten geblieben und noch immer heißt es deshalb S’Lamprechtsbecke.
Die Vorfahren von Rowald Lamprecht waren
schon immer sehr geschäftstüchtig, der Bruder seines Vaters,
Edmund Lamprecht, heiratete die Tochter des „Grünen Baum“ Alice Zimmermann
ein paar Häuser weiter, sein Cousin Walter Lamprecht ist heute noch
der Wirt vom Grünen Baum.
Verwandt und dicke Freunde, links Walter Lamprecht (heutiger Wirt des
Grünen Baumes). Bruder Hans und Rowald ca. 1942
Und die Schwester seines Vaters, Fanny Lamprecht,
heiratete den Metzgermeister Huber im Obertal, die Metzgerei Huber später
Metzgerei Zachmann, ist vielen noch ein Begriff. Die Schwestern Lisbeth
Zachmann und Emmy Huber, aus dem Metzgerladen, sind also auch Cousinen
von Rowald Lamprecht, so erzählt er uns.
Rowald mit Töchtern Silvia und Susanne
So lebt Rowald Lamprecht also seit 10 Jahren ohne das Geschäft, aber es sei ihm keine Minute langweilig. Zahlreiche Hobbys wie sein Tischtennisverein, der auch dieses Jahr das 50 jährige Bestehen feiert, prägen seine Freizeit.
Zusammen mit dem Nürnberger Herrmann Schmidt, der damals in der AVOG arbeitete, und genau so leidenschaftlich gerne spielte, hat er den Tischtennisverein Bühlertal gegründet. Bis 1969 war Rowald 1. Vorstand und seit dem ist er Präsident. Oben auf dem Mittelberg in der neuen Halle spielt er sehr gerne und sein Enkel Niklas tritt nun in seine Fußstapfen, erzählt er uns voller Stolz.
In der alten Sporthalle
Vostand Rowald Lamprecht - rechts neben ihm Gerold Hammes !!
Ein weiteres großes Steckenpferd ist
das Musizieren. Auf seinem Keyboard spielte er mehr als 10 Jahre auf Hochzeiten,
Geburtstagen und anderen Anlässen. Tanzmusik, das war seine große
Leidenschaft. Im Wohnzimmer steht auch das Keyboard, jederzeit einsatz-
und spielbereit. Auf unsere Frage hin, wo und wie er es denn gelernt hätte,
berichtet er uns, beim Lehrer Glaser bekam er Klavierstunden schon als
Kind.
Alleinunterhalter Rowald
Ist man in Bühlertal morgens zwischen 9 und 11 Uhr unterwegs, trifft man garantiert auf Rowald, denn täglich geht er seine persönliche Route hinauf zur Lourdesgrotte und zur Emil Kern Hütte und wieder hinunter ins Untertal in die Hindenburgstraße, wo er mit seiner Frau wohnt. Diesen Spaziergang unternimmt er meist alleine, um sich an der schönen Natur, die es in Bühlertal gibt zu erfreuen und seine Gedanken zu sammeln.
Sehr gerne wandert er auch im Schwarzwaldverein, geht zum Golfen nach Bad Griesbach, das allerdings liegt in der bayrischen Toskana, in der Nähe von Passau und am Liebsten ist er mit seiner Familie im geliebten Seefeld in Österreich, natürlich auch um zu Wandern und einfach in der Natur zu sein.
Golfen in Bad Griesbach
Man sieht also nicht nur an Rowald, nein, an fast allen „Bühlertälern des Monats“ der Vergangenheit, sind sie erst einmal im Ruhestand, scheint dies ein wahrer Jungbrunnen zu sein, liegt es an der Region, an der Lebensfreude, an den Aktivitäten in der Natur? Mit Sicherheit liegt es ein Stück daran, dass sie alle in Bühlertal leben, zwischen Reben und Wald, Wiesen und Gärten und Bergen…
Zum Schluss fragen wir auch Rowald Lamprecht nach seinem Lebensmotto und er holt einen kleine Zettel aus seiner Geldbörse, den er immer mit sich führt. Darauf steht folgendes geschrieben:
Wie weit wir im Leben kommen hängt davon
ab,
wie sensibel wir mit den Jungen umgehen.
Wie mitfühlend mit den Alten.
Wie verständnisvoll mit den Ehrgeizigen
Wie tolerant mit den Schwachen und Starken
Denn irgendwann gehören wir alle einmal
zu ihnen.
Mit diesen Worten, aus denen wir sicher alle etwas ableiten können, beenden wir das Gespräch mit Rowald Lamprecht und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.
Vielen Dank an Rowald Lamprecht und Elvi !
Nachtrag: