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Gschichtle von früher



Gschichtle 99:
Von Gugumern, Hunk und anderen Spezialitäten
 von Hubert Ganter
(8.8.09)



"Wir   -  ich meine die Eichwälder  - können alles außer Hochdeutsch!"
Dieser Slogan kommt euch sicher bekannt vor. Ich würde ihn gerne einmal auf die Bühlertäler, insbesondere auf die Eichwälder, anwenden.
Denn:
"Wie der Eichwald spricht, so spricht Bühlertal!"
Aber der Eichwald kann nicht nur sprechen, er kann auch schreiben und man kann sogar auch lesen!"

Am Anfang Einfaches:

"der Audo"

des Deller          besser  das Teller        noch richtiger der Teller
der Audo            besser  der Auto          noch richtiger das Auto
"hinge dowwe"      auch als Kennzeichen für die Bühlertäler beliebt


Wir wohnen ziemlich weit "hinge dowwe" ! ........


.......auf jeden Fall, wenn man das ganze Bühlertal betrachtet ! Von Bühl aus gesehen wohnen wir Bühlertäler natürlich alle "hinge dowwe"!

"Eio Bue, mir sin Deeler, mir könne dr Maidle Schnitzel zahle!"
Ich kann nicht mehr sagen, wie oft ich mir diesen als wirklichen Spott gemeinten Satz anhören musste! Und das von einem Schwaben  -nichts gegen Schwaben, nur alles gegen dieses eine! Exemplar von Schwabe. Dabei habe ich, außer als Kind, niemals ganz breiten Dialekt gesprochen, es sei denn, ich habe gelegentlich ganz besondere Ausdrücke verwendet. So auch Lothar, davon später.
s ´Gonders  --  die Betonung liegt auf dem  o  und dem  d  !

s´Gonders

Ein richtiger Bühlertäler bricht sich eher die Zunge ab, als ein deutliches  a  und ein deutliches  t  zu sprechen.
Falls er doch auf die Idee käme, einem Nachbar gegenüber von  G a n t e r s  (ich meine mit  a  und  t ) zu sprechen, würde er sich u.U., nein ganz bestimmt, lächerlich machen.

Gugumersalat   -    so etwas und nichts anderes gab es bei uns zu Hause. Das Wort "Gurkensalat" war unangebracht und zu vornehm.
Lothar war, zusammen mit Wolfgang, als junger Mann in Lübeck (Wolfgang noch heute) und meldete sich deutlich mit dem
Begriff  " G u g u m e r s a l a t " zu Wort.

"G u g u m e r s a l a t"
Kleinere Katastrophe. Er hat sich damals schon geschworen:
"Wenn ich mal Kinder habe, dann lernen sie gleich richtig sprechen!!"
Er hat drei Kinder, die dann eben statt "Bühlertälerisch" ganz selbstverstädlich "Neuenburgerisch" sprachen.
Anm.:
Gugumer - elsässisch -auch bayerisch. Ursprünglich lateinisch: cucumer, dann Mittelfranzösisch: cocombre.

Hier wurde mit Sicherheit "bester Bühlertäler-Dialekt" gesprochen - hinten in der Mitte Wolfgang Bühlichen

Meine Mutter konnte sagen: "Zieh deinen  Z w e t e r " an und meinte einen Pullover (sweater ).

Hans-Peter trägt oben einen "Zweter", und unten ???

Das Wort "Trompete" wurde ganz besonders verballhornt.
Aus Trompete  wurde ein "Päper" und, was mein Vater (aus der Büchelbach stammend) mir sagte, daraus wurde sogar ein  "Häwer!"
Eine eher regional begrenzte "Lautverschiebung!"
Die Dialekte sind absolut angebracht und OK!
Dass wir, ich meine wir alle Einheimischen, bestimmte Wörter fast immer falsch anwenden, ist eine Tatsache, die nicht weiter stört.
Ein paar Beispiele:
heben      und                       halten
gleich       und     dasselbe / dieselbe
hören      und                     horchen

Wenn es darum geht, den Müll hinunterzutragen, hört das der liebe Ehemann zwar, aber er horcht nicht!
Aber er horcht, wenn er hört, dass das Essen gerichtet ist, und kommt!

Was ich oft gehört habe:
"Mach jetzt keine  ´Fisemadenteles ´, keine Ausflüchte, keine Umstände usw.
Kommt vom Französischen und heißt genau:
"Visitez ma tente!"
Wörtlich: „Besuchen Sie mein Zelt!"
Wozu die jungen und schönen Mädchen die Zelte der Soldaten aufsuchen sollten ist mir völlig schleierhaft. Spielt auch keine Rolle mehr, das war ja früher!

In Meersburg waren Schüler aus dem gesamten Land Baden, also von Mannheim bis Konstanz, und so waren viele Dialekte zu hören.
Ich habe mal von unseren Bienen (Gschichtle Nr.86) erzählt und wie wir Kinder  H u n n i   !!  essen durften. Ich habe mit dem Begriff  H u n n i  Gelächter ausgelöst und wurde umgehend belehrt:
"Das heißt doch  H u n k  !!

Ein Glas "Hunni" !

Noch schrecklicher. Dieser "Mister Hunk" kam vom Schiener Berg, nahe der Schweizer Grenze.
Also nicht  H u n n i , nicht  H u n k ,bleiben wir doch bei dem einfachen Begriff  H o n i g .
Es soll jeder so sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Sollte er durch seine Ausdrucksweise berufliche Nachteile erleiden, wird er sich halt umstellen müssen.

Anm. zum alten Land Baden:
Durch eine Abstimmung (ein ausgesprochener Schwabenstreich, wie er im Buch steht!) wurde Baden aufgelöst und in das neue Bundesland Baden-Württemberg integriert.

Baden

Wenn ich jetzt schon wieder bei der Internatszeit bin, dann noch dieses:
Professor Doktor Junghans, ausgesprochener Kenner und Spezialist auf dem Gebiet Lautverschiebungen, Sprachentwicklung usw. brachte eines Tages ein besonderes Werk mit in den Deutschunterricht. Es handelte sich um eine Zusammenstellung sämtlicher "Übernamen"  - sprich "Spottnamen", die man sich von Dorf zu Dorf und von Stadt zu Stadt gibt bzw. von alters her gegeben hat.
Jeder durfte fragen. Ich voller Spannung auch.
"Wie nannte man früher die Bühlertäler?"
Kurzes Blättern, dann die Antwort:
"Das waren die   H a l b w i l d e n  ! !"
Das war´s!!

Ein Hallo, eine Begeisterung in der Klasse, eine "klasse "Unterrichtsstunde, das kann man wohl sagen.
Ab diesem Moment war ich für alle meine Kameraden der  H a l b w i l d e , ich war stolz auf diesen Spitznamen, war ich aber in Wirklichkeit doch eher zahm und vor allem mit meinen Kameraden in bester Kameradschaft verbunden.

Ein weiterer, früherer Spitzname, wenn ich jetzt schon bei diesem Thema bin, war  " H u n g e r t u r m  !!"
Diese Bezeichnung war, im Gegensatz zu  H a l b w i l d e r ,der Wirklichkeit entsprechend und eher eine Tatsachenbeschreibung als ein Spitzname. Von der durchgemachten Notzeit und dem ständigen Hunger an anderer Stelle.


Der "Halbwilde" oder "Hungerturm" in der Mitte der Internatskollegen

Die Übernamen sind auch ganz gebräuchliche Bezeichnungen, um Häuser zu beschreiben und haben mit Spott überhaupt nichts zu tun. Als ich einmal einen Schulkameraden in Appenweier besuchen wollte und nach dem Weg fragte, meinte der ältere Mann: "Da müssen Sie schon den Übernahmen wissen!" Wie Recht er hatte.
Der Erbauer eines Hauses prägt für alle Zeiten den Namen, und so heisst Martins Haus "s´Wecke-Blechners", bei s ´Ganters und bei Reithe-Schmieds ist es nicht anders, ganz gleich, wer drin wohnt  und wie oft und wie sehr er auch umgebaut hat.


Auf dem ersten Haus von "s´Weckeblechners" im Untertal stand immerhin noch das Wort "Blechner",
auf dem neuen Haus im Eichwald (1910) nicht mehr ! (siehe Eichwald-Geschichte)


Kaufhaus Weck + Brennstoffhandel = bis heute s´Weckeblechners (der Blechner Reinhard Weck starb bereits 1937)


s´Reithe-Schmieds

Wenn ich, meine lieben Leser der kleinen Eichwaldgeschichten, ein wenig zum Schmunzeln angeregt habe, so bin ich damit sehr zufrieden.
 

Euer  G o n d e r s  Hubert
 
 

Vielen Dank an Hubert von s´Gonders !



Gschichtle 100:
Die Kirche auf dem Hungerberg
 von Hubert Ganter
 
 
 

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