Gschichtle von früher
"Hans, die treffen sich niemals!!"
Wer wird sich niemals treffen?
Gemeint waren die beiden Stolleneingänge
des Eichwälder Luftschutzstollens an der Eichwaldstraße zwischen
dem Herrenweg und dem angrenzenden Haus oberhalb und genau gegenüber
dem späteren Anwesen der Familie Späth.
Und wer ist Hans?
Mein Vater Johann Ganter wurde "Hans" gerufen
und der Ausspruch: "Die treffen sich niemals!" wurde von verschiedenen
Eichwäldern mehrmals geäußert, konnte meinen Vater nicht
beirren in der Überzeugung es zu schaffen. Er hatte bei diesem großen
"Bauvorhaben" die Initiative ergriffen und war auch dafür verantwortlich,
dass sich die beiden gleichzeitig angegangenen Stollen nicht nur in der
horizontalen, sondern auch in der vertikalen Ebene im Innern des Berges
auch tatsächlich treffen. Man denke da nur an die beträchtliche
Steigung der Eichwaldstraße.
Ganter "Hans"
Erich Kohler und Walter Ganter transportieren das Material weg
Links am Rand erkennt man das Verkaufshäuschen, im Hintergrund
das Zimmergeschäft Schmidt
Mit dem Einverständnis des Waldbesitzer
Otto Rettig vom Hungerberg (oberhalb der Kirche) wurde im Spätjahr
1944 mit der Arbeit begonnen. Inzwischen hatten die Luftangriffe der Alliierten
auch den ländlichen Raum erreicht und man hatte Angst, dass auch der
Eichwald getroffen werden könnte.
Die Werkzeuge waren für heutige Verhältnisse
recht einfach, neben Pickel, Meißeln, Schaufeln usw. hatte
man Schubkarren ganz aus Holz mit eisenbeschlagenen Holzrädern und
dementsprechend schwer. Der Kompressor und das nötige Pulver für
die Sprengungen wurde, so vermute ich, von der Firma Contini zur Verfügung
gestellt. Den Abraum kippte man gegenüber über die Böschung
genau hinter dem Verkaufshäuschen der Metzgerei Knopf.
Das Verkaufshäuschen zwischen Eichwaldstraße und Herrenweg
Alle Eichwälder Männer und auch
Jugendliche halfen mit, auch Herr Pfarrer Schneble beteiligte sich an der
schweren Arbeit, bis er eines Montag Morgens nach der Frühmesse an
der Baustelle erschien, um bald von herab fallenden Steinen verschüttet
zu werden. Ich habe davon an anderer Stelle schon einmal berichtet, weil
ich unmittelbarer Zeuge dieses bedauerlichen Unfalls war.
Warum zwei miteinander verbundene Eingänge
/Ausgänge?
Ich höre die Diskussion noch heute,
ich war zwar noch ein Bub, aber offensichtlich sehr aufmerksam und vor
allem überall dabei.
"Wenn eine Bombe fällt kann der Eingang
verschüttet werden, wir brauchen unbedingt zwei Ein/Ausgänge!"
Und warum innerhalb des bogenförmig
angelegten Stollens noch eine zusätzliche Abzweigung, eine Art Kammer,
in die man im Notfall flüchten könnte?
"Wenn eine Bombe fällt entsteht ein
gewaltiger Luftdruck, in der separaten "Kammer" wäre man vor dieser
tödlichen Gefahr geschützt."
Wie konnte man im Innern des Berges die
genaue Richtung und das genaue Gefälle bestimmen?
Und die beiden Stollen trafen sich gegen
alle Unkenrufe haargenau und auf gleicher Ebene!
Ich kann mir die Vorgehensweise nur so erklären:
Nach ein paar Metern "Vortrieb" fertigte
mein Vater eine genaue Zeichnung in möglichst kleinem Maßstab
auf einem großen Bogen Papier an. Nach jedem weiteren Stückchen
Vortrieb dasselbe Verfahren, das natürlich bei beiden Stollen. So
konnte er auf der Zeichnung den Fortschritt der Sprengungen genau verfolgen
und jeweils die richtige Richtung angeben. Wichtig dabei war natürlich
genaues Messen, auch der Abstand der beiden Eingänge war genau eingetragen.
Und der Höhenunterschied?
Dasselbe Verfahren. Das Gefälle des
einen Stollens und die Steigung des anderen Bauabschnittes wurde mit Hilfe
einer Wasserwaage und der jeweils gemessenen Länge genau ermittelt
und auf einem zweiten großen Bogen Papier in der Seitenansicht festgehalten.
So konnte er genau sehen, wie sich die Stollen aufeinander zu bewegen und
die Richtung der nächsten Sprengung festlegen.
Ich gehe davon aus, dass meine obige Ausführung
der Wirklichkeit entspricht, denn ich kann mir keine andere Vorgehensweise
vorstellen.
Zum Glück mussten wir nie in den Luftschutzstollen
fliehen, aber die Eichwälder haben mit dieser großen Anstrengung
Gemeinschaftssinn bewiesen und wenn ich heute nach so vielen Jahren noch
so etwas authentisch berichten kann, fühle ich mich als "Ureichwälder"
mit dem Eichwald verbunden -Dank Internet und Dank Martin.
v.l.n.r. Erich Kohler, Otto Rettig, Walter Ganter, Hubert Ganter,
Josef Seebacher, Lothar Ganter, Adolf Pfeffinger
v.l.n.r. Walter Ganter, Otto Rettig, Hubert Ganter, Erich Kohler,
Josef Seebacher, Lothar Ganter
Ergänzung am 22.11.08
Nur noch ein Teil der beim Zimmergeschäft
Schmidt gefertigten sehr starken Holzbohlen wurde auch wirklich
verbaut. Der größere Teil der
vorgefertigten Teile wurde für die verschiedensten Zwecke verkauft.
------
Wie sieht es heute aus ?
Garageneinfahrt zum Haus Späth - hier stand früher das Metzger-Verkaufshäuschen
Hier befinden sich etwa die beiden in den 80ern zugeschütteten
Eingänge des Stollens.
Man sieht allerdings noch an den Spitzen der Eingänge in den Stollen.
Dort haben Fledermäuse
einen tollen Ruheplatz.
Eichwaldstraße im Bereich des früheren Luftschutzstollens.
siehe auch Geschichte des Eichwaldes