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Gschichtle aus dem Eichwald



Gschichtle 31:
"Wiehennefeschd"
von Elvi (Elvira Frey)

(7.8.2007)



Nächstes Wochenende ist wieder  das Hauptfest in Bühlertal und dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen.

Früher war  das Hauptfest, besser bekannt als das „Wiehennefeschd“, das Fest in Bühlertal überhaupt. Doch zuvor noch eine Erklärung für Leute und Leser, die nicht aus unserer Region kommen.

 Die Wiehenn könnte man auch als Weihhenne bezeichnen, ein bunter Strauß aus Kräutern und Blumen, gebunden und in die Kirche getragen zur Weihe, anlässlich Maria Himmelfahrt am 15. August. Bei uns in Baden leider kein Feiertag mehr. Die Obertäler Kirche ist ja bekanntlich die Liebfrauenkirche und dieser Patronin zu Ehren werden die bunten Kräuterblumensträuße dort geweiht. Man bewahrte sie anschließend ein Jahr im Haus oder im Speicher auf, sie sollten Unheil und Schaden vom Haus und seinen Bewohnern fern halten.

Also zurück in die 60er und frühen 70er Jahre: Meine Oma bekannt auch als „ s’ Riehles Lene, war im Binden der Wiehenn ein absolutes Ass. So ein, zwei  Tage bevor es soweit war, holte sie die schönsten Blumen vom ihrem Acker, und zusammen gingen wir auf die Suche nach Kräutern, ein Muss für die Wiehenn. Fündig wurden wir schnell in der Nähe des Cafe Waldschlössle ( existiert heute nicht mehr als solches).

In Hülle und Fülle pflückten wir Engelshaar, Blutströpfle, Pfefferminze und einige andere vermeintliche Kräuterarten.

In der alten Brennküch,

wo es im Sommer recht kühl war, wurde alles in Eimern mit Wasser aufbewahrt, um dann am Samstag zu Weihhennen gebunden zu werden. Man könnte nun meinen ein Mädchen eine Weihhenne? Nein, es war ein Mädchen (ich) mit 6 Weihhennen. Als die einzelnen Sträuße fertig waren hat Oma Lene diese mit Schnüren zusammen gebunden, immer 3 Stück also für jedes Handgelenk dann ein Gebinde. Und so gings nachmittags ab in die Kirche, wo diese während einer kleinen Prozession im Kirchenschiff vom Pfarrer Schneble geweiht wurden.

Das Tragen dieser Kräutersträuße war reine Mädchensache. Jungs trugen ja am Palmsonntag ihrem „Palmen“. Nun fragt sich wohl manch einer, warum gleich 6 Weihhennen, eine würde doch völlig ausreichen! Klar das hätte sie auch, aber nun gab es in der Nachbarschaft und in der Verwandtschaft Leute, die kein Mädchen hatten, das hätte eine tragen können, und diesen Posten übernahm dann ich.

Schwester Flora bei der Kräuterweihe 1983

Angefangen hat es natürlich nicht gleich mit 6 Stück, aber im Laufe der Jahre wurden es dann immer mehr, und Oma nahm auch gerne voller Stolz solche Bestellungen an. Bei 6 war dann ein Punkt erreicht, wo eine 8 Jährige an die Grenzen ihrer Kräfte kam ,und auch Mama gebot Einhalt und meinte zur Oma, mehr kann sie beim Besten Willen nicht mehr tragen. Material hatte „ s Riehles Lene“ natürlich noch genug in der Brennküch stehen.

 Nun muss auch noch erwähnt werden, dass schon damals der Geschäftssinn von Oma Lene auf mich übertragen, eine nicht unwichtige Rolle spielte, denn die Weihhennen wurden nicht verschenkt, sondern verkauft. Es gab in der Tat ein 5 Markstück pro Wiehenn und das war damals eine ganze Menge Geld, also kamen 25 Mark heraus, eine Henne behielten wir ja selber. Das Geld durfte ich natürlich behalten, denn es befand sich ja beim Schwimmbad ein Festzelt mit Rummelplatz.

Der Parkplatz des Schwimmbades - früher unser Festplatz

Dort gab es Boxauto, Schifferschaukel, Ketten und Kinderkarussell, natürlich auch Stände mit Süßigkeiten und Schießbuden, und ein riesiges Festzelt. In den 60er und 70er Jahren war das Hauptfest neben dem Bühler Zwetschgenfest das Größte dieser Art. Und es war immer viel los, auch Auswärtige kamen in Scharen um der Musik im Festzelt zuzuhören, oder mit einem Fahrgeschäft zu fahren.

Und so setzte ich einen Teil des Weihhennengeldes für Karussell  fahren ein, einen Teil gab ich für Lose beim Pfarrer Schneble aus, und der Rest kam dann ins Sparschwein. Sonntags gab es im Zelt immer eine Tombola, man konnte schöne Sachen gewinnen, aber auch diverse Dinge die man schon hatte. Und montags war die legendäre Kinderbelustigung, wie Sackhüpfen und Wurstschnapperles und so was wie blinde Kuh.. Pfarrer Schneble nahm das , genau wie seine Fasnacht, sehr ernst, und es ging immer der Reihe nach.

In den späteren Jahren, also den 70 ern hat man sich mehr an den Boxautos aufgehalten, wo tolle Musik gespielt wurde, und hie und da eine Fahrt mit dem Boxauto drin war. Mama hatte natürlich davon nichts erfahren dürfen, denn sie war immer sehr ängstlich, was mich anbelangte, da ich ihr einziges Kind war, und sie stellte mir Boxauto fahren in den schlimmsten Situation , wie abgebrochene Zähne, blaue Flecken und Gehirnerschütterung dar.

Ja, das war ein kleiner Einblick ins Hauptfest der früheren Jahre, heute fast 40 Jahre später kennt man das so nicht mehr, das Hauptfest wird zwar noch gefeiert, am Brunnenplatz oder bei schlechtem Wetter im Haus des Gastes - glaube ich. Doch Fahrgeschäfte dieser Art sind nicht mehr zu finden, ich denke auch bei der heute jungen Generation würden sie keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken.

Doch jede Zeit hat ihre spannende und aufregende Geschichte, man erzählt sie , um anderen Einblicke in die vergangene Zeit, wie es früher einmal war zu geben, denn immer die vergangene - die frühere Zeit war doch die beste Zeit…..

das meint eine Bühlertälerin…

Vielen Dank an Elvi !
S´nächschde Gschichtle het se im Kopf au scho ferdig !

siehe auch zum Thema:
 Gschichtle 20
Zeitungsbericht zum Hauptfest im Festzelt 1974



zum nächsten Gschichtle von Elvi
Nr.32: "Im Heidelbeerwald" (25.8.07)

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