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Gschichtle von früher



Gschichtle 104:
"Gesamtschule Herrenwies"
 von Hubert Ganter
(12.9.09)


Ich meine natürlich nicht die Gesamtschule, über deren flächendeckenden Einführung in den verschiedenen Bundesländern schon seit Jahren heftig gestritten wird. In diesem Falle handelt es sich um

die gesamte Schule Herrenwies.
(Standort siehe Pfeil oben)

Ich darf mir erlauben, darüber zu berichten, auch wenn die Herrenwies nichts mit dem Eichwald zu tun hat. Aber ich als Eichwälder habe viele Erinnerungen an meine kurze Tätigkeit an der Schule Herrenwies.
Das kleine Wortspiel mit "gesamt" sei erlaubt und auch der sich anschließende Spott über die Arbeitszeit der Lehrer, gehöre ich doch auch dieser Gilde an.
Allerdings habe ich auch schon mal Neidische gefragt:
"Warum hast du nicht auch diesen leichten Beruf mit dem ungelogen geringsten Arbeitsaufwand und der geringsten Arbeitszeit gewählt?"

Selber schuld!

Es reizt mich einfach, über diese Schule und meine Beziehung zu ihr zu schreiben und ein bisschen zu unterhalten.

Aber zuerst zur Arbeitszeit eines Lehrers:

Das Jahr hat 365 Tage, davon sind 52 Tage Samstage und 52 Tage Sonntage
                                             365 Tage  -  104 Tage  = 261 Tage
Die tägliche Arbeitszeit ca. 8 Stunden bedeutet: nur ein Drittel der Tage wird gearbeitet
                                                      verbleiben noch       87 Tage reine Arbeitszeit

Dazu kommen noch:                           6 Wochen Sommerferien         =  30 Tage
                                                      2 Wochen Osterferien             =  10  Tage
                                                      2 Wochen Pfingstferien           =  10 Tage
                                                       1 Woche Herbstferien             =    5 Tage
                                                        2 Wochen Weihnachtsferien    =   10 Tage
                                                      ---------------------------------------------------
                                                                             zusammen:           65 Tage

Dazu kommen noch die 8 beweglichen Ferientage, die jede Schule für sich festlegen kann

65 Ferientage  + 8 bewegliche Ferientage  =    73 Ferientage

Von den verbliebenen 87 Arbeitstagen ziehen wir nun noch diese 73 Ferientage ab und kommen zum Ergebnis, dass ein Lehrer im Jahr nur sage und schreibe

14 !! Tage arbeiten muss!

Halt, ich habe noch etwas vergessen:
dazu kommen noch die Feiertage wie
Neujahr, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, Tag der deutschen Einheit und Allerheiligen, das sind zusammen 5 freie Tage
14 Tage  -  5 Tage  = 9 Tage

dann fallen noch 7 Tage weg wegen:
Wandertage, Lehrerausflug, Gesamtkonferenz, Prüfungen usw.
es verbleiben noch 2 Tage.

Ein Lehrer ist aber auch nur ein Mensch und auch mal krank, auch wenn das nur 1 Tag wäre.
Als reine Arbeitszeit verbleibt also am Ende nur ein!!Tag.

Und der Zufall will es:
dieser Tag fällt gerade auf

den  1. M a i  !!

Meine Ausbildung genoss ich an der Päd.Akademie in Freiburg. Es lohnt sich sicher, über die räumlichen und baulichen Verhältnisse zu schreiben, aber die Fotos sprechen ja für sich. Es handelte sich um eine notdürftige "Barackenstadt" mitten in Freiburg.


"Barackenstadt" - Pädagogische Akadamie in Freiburg


Freigelände der Akademie  - nicht "Freigang - Geände" !!

Der grosse Vorteil war die absolute Stadtmitte in der Nähe des Münsters. Am Sonntag Morgen die Messe im Münster besuchen zu dürfen war eine schöne Sache.


Hörsaal


Idyllisch gelegenes Studetenzimmer direkt beim Straßenbahndepot in Freiburg
 

Für mein 6 wöchiges Schulpraktikum wählte ich die o.g. "Gesamtschule" Herrenwies. Die gesamte Schülerschaft bestand aus sage und schreibe 14 ! Schülern - einer war gerade krank - verteilt auf alle Klassen!

Bitte nachzählen ! 14 Herrenwieser Schüler und Junglehrer Hubert !

Warum ich das schreibe?
Das war die "hohe Schule" der Lehrerausbildung und nichts, aber auch gar nichts für angehende Lehrer, die evtl. den Beruf als eine Art Job ansehen würden.


Hubert beim Vorschreiben oder Kontrollieren

Es war tatsächlich ein Kunststück, den Unterricht für alle Jahrgänge effektiv zu gestalten. Für mich war diese Zeit in Herrenwies sehr lehrreich und ich war in den ersten Jahren meiner beruflichen Tätigkeit in einer vergleichbaren Situation.

Lehrer Hubert mit den Jüngsten


Sportunterricht für alle auf der Wiese hinter der Schule


Schulgebäude und Wohnhaus bis 1968

So hatte ich über viele Jahre jeweils 4 !! Klassen zur selben Zeit vor mir mit z.B. verschiedenen Diktaten, verschiedenen Aufsatzthemen und, mit noch 2 weiteren Klassen in Rechnen - (Verzeihung  -  Mathematik ) lagen auf meinem Pult 6 (sechs) verschiedene Rechenbücher. Mit jeder Klasse etwas Neues üben, Hausaufgaben geben, Hausaufgaben kontrollieren usw.
Das alles war möglich, selbstverständlich und mit großem Einsatz auch durchführbar.
Wir bekamen nicht nur einmal ausdrückliches Lob der weiterführenden Schule für die guten Leistungen unserer Schüler. Die Förderung begabter Schüler war automatisch gegeben, weil sie zu jeder Zeit zusammen mit einer höheren Klasse
lernen konnten.
Falls jemand aus der Hundsbach mein Schulgschichtle lesen sollte, so will ich noch meinen Internatskameraden und Kollegen Reinhold Wurz erwähnen, der über zig Jahre unter schwierigsten Bedingungen die Schüler "aller Klassen" in der Hundsbacher Schule unterrichtet hat.
Zur o.g. Rechnung :
Hatte auch schon wg. besonderer Umstände eine erste Klasse mit 42!! Schülern (zweiundvierzig).
Hatte auch schon gleich zwei 9.Schuljahre mit je 45!! Schülern in Deutsch (verschiedene Diktate, verschiedene Aufsätze, (alles am 1.Mai!).
Noch nebenbei: Wollte meine 42 Erstklässler absolut nicht gegen 21 Erstklässler unter heutigen Bedingungen tauschen.
Früher war eben alles anders.
Basta!
 
 

Vielen Dank an Hubert !


Herrenwies um 1930


Auch Franz Müll war in den 50ern Dorfschullehrer in Herrenwies

Ein Zeitungs- Bericht zum Schülertreffen in Herrenwies 2008 findet sich auf der Herrenwies - Homepage:

"Acht Klassen, ein Lehrer, ein Raum"

siehe auch hierzu:
Gschichtle 110:"Fastenurlaub in Herrenwies" von  Hubert Ganter (14.11.09)



 

Gschichtle 105:
"Ein Mann für alle Fälle
-  Ludwig Schindler"
 von Hubert Ganter
(19.9.09)
 
 
 

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