Gschichtle von früher
Ich meine natürlich nicht die Gesamtschule, über deren flächendeckenden Einführung in den verschiedenen Bundesländern schon seit Jahren heftig gestritten wird. In diesem Falle handelt es sich um
die gesamte Schule Herrenwies.
(Standort siehe Pfeil oben)
Ich darf mir erlauben, darüber zu berichten,
auch wenn die Herrenwies nichts mit dem Eichwald zu tun hat. Aber ich als
Eichwälder habe viele Erinnerungen an meine kurze Tätigkeit an
der Schule Herrenwies.
Das kleine Wortspiel mit "gesamt" sei erlaubt
und auch der sich anschließende Spott über die Arbeitszeit der
Lehrer, gehöre ich doch auch dieser Gilde an.
Allerdings habe ich auch schon mal Neidische
gefragt:
"Warum hast du nicht auch diesen leichten
Beruf mit dem ungelogen geringsten Arbeitsaufwand und der geringsten Arbeitszeit
gewählt?"
Selber schuld!
Es reizt mich einfach, über diese Schule und meine Beziehung zu ihr zu schreiben und ein bisschen zu unterhalten.
Aber zuerst zur Arbeitszeit eines Lehrers:
Das Jahr hat 365 Tage, davon sind 52 Tage
Samstage und 52 Tage Sonntage
365 Tage - 104 Tage = 261 Tage
Die tägliche Arbeitszeit ca. 8 Stunden
bedeutet: nur ein Drittel der Tage wird gearbeitet
verbleiben noch 87 Tage reine
Arbeitszeit
Dazu kommen noch:
6 Wochen Sommerferien =
30 Tage
2 Wochen Osterferien
= 10 Tage
2 Wochen Pfingstferien
= 10 Tage
1 Woche Herbstferien
= 5 Tage
2 Wochen Weihnachtsferien = 10 Tage
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zusammen: 65
Tage
Dazu kommen noch die 8 beweglichen Ferientage, die jede Schule für sich festlegen kann
65 Ferientage + 8 bewegliche Ferientage = 73 Ferientage
Von den verbliebenen 87 Arbeitstagen ziehen wir nun noch diese 73 Ferientage ab und kommen zum Ergebnis, dass ein Lehrer im Jahr nur sage und schreibe
14 !! Tage arbeiten muss!
Halt, ich habe noch etwas vergessen:
dazu kommen noch die Feiertage wie
Neujahr, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam,
Tag der deutschen Einheit und Allerheiligen, das sind zusammen 5 freie
Tage
14 Tage - 5 Tage =
9
Tage
dann fallen noch 7 Tage weg wegen:
Wandertage, Lehrerausflug, Gesamtkonferenz,
Prüfungen usw.
es verbleiben noch 2 Tage.
Ein Lehrer ist aber auch nur ein Mensch und
auch mal krank, auch wenn das nur 1 Tag wäre.
Als reine Arbeitszeit verbleibt also am
Ende nur ein!!Tag.
Und der Zufall will es:
dieser Tag fällt gerade auf
den 1. M a i !!
Meine Ausbildung genoss ich an der Päd.Akademie in Freiburg. Es lohnt sich sicher, über die räumlichen und baulichen Verhältnisse zu schreiben, aber die Fotos sprechen ja für sich. Es handelte sich um eine notdürftige "Barackenstadt" mitten in Freiburg.
"Barackenstadt" - Pädagogische
Akadamie in Freiburg
Freigelände der Akademie
- nicht "Freigang - Geände" !!
Der grosse Vorteil war die absolute Stadtmitte in der Nähe des Münsters. Am Sonntag Morgen die Messe im Münster besuchen zu dürfen war eine schöne Sache.
Hörsaal
Idyllisch gelegenes Studetenzimmer
direkt beim Straßenbahndepot in Freiburg
Für mein 6 wöchiges Schulpraktikum
wählte ich die o.g. "Gesamtschule" Herrenwies. Die gesamte Schülerschaft
bestand aus sage und schreibe 14 ! Schülern - einer war gerade krank
- verteilt auf alle Klassen!
Bitte nachzählen ! 14 Herrenwieser
Schüler und Junglehrer Hubert !
Warum ich das schreibe?
Das war die "hohe Schule" der Lehrerausbildung
und nichts, aber auch gar nichts für angehende Lehrer, die evtl. den
Beruf als eine Art Job ansehen würden.
Hubert beim Vorschreiben oder Kontrollieren
Es war tatsächlich ein Kunststück,
den Unterricht für alle Jahrgänge effektiv zu gestalten. Für
mich war diese Zeit in Herrenwies sehr lehrreich und ich war in den ersten
Jahren meiner beruflichen Tätigkeit in einer vergleichbaren Situation.
Lehrer Hubert mit den Jüngsten
Sportunterricht für alle auf der
Wiese hinter der Schule
Schulgebäude und Wohnhaus bis
1968
So hatte ich über viele Jahre jeweils
4 !! Klassen zur selben Zeit vor mir mit z.B. verschiedenen Diktaten, verschiedenen
Aufsatzthemen und, mit noch 2 weiteren Klassen in Rechnen - (Verzeihung
- Mathematik ) lagen auf meinem Pult 6 (sechs) verschiedene Rechenbücher.
Mit jeder Klasse etwas Neues üben, Hausaufgaben geben, Hausaufgaben
kontrollieren usw.
Das alles war möglich, selbstverständlich
und mit großem Einsatz auch durchführbar.
Wir bekamen nicht nur einmal ausdrückliches
Lob der weiterführenden Schule für die guten Leistungen unserer
Schüler. Die Förderung begabter Schüler war automatisch
gegeben, weil sie zu jeder Zeit zusammen mit einer höheren Klasse
lernen konnten.
Falls jemand aus der Hundsbach mein Schulgschichtle
lesen sollte, so will ich noch meinen Internatskameraden und Kollegen Reinhold
Wurz erwähnen, der über zig Jahre unter schwierigsten Bedingungen
die Schüler "aller Klassen" in der Hundsbacher Schule unterrichtet
hat.
Zur o.g. Rechnung :
Hatte auch schon wg. besonderer Umstände
eine erste Klasse mit 42!! Schülern (zweiundvierzig).
Hatte auch schon gleich zwei 9.Schuljahre
mit je 45!! Schülern in Deutsch (verschiedene Diktate, verschiedene
Aufsätze, (alles am 1.Mai!).
Noch nebenbei: Wollte meine 42 Erstklässler
absolut nicht gegen 21 Erstklässler unter heutigen Bedingungen tauschen.
Früher war eben alles anders.
Basta!
Vielen Dank an Hubert !
Herrenwies um 1930
Auch Franz Müll war in den 50ern
Dorfschullehrer in Herrenwies
Ein Zeitungs- Bericht zum Schülertreffen in Herrenwies 2008 findet sich auf der Herrenwies - Homepage:
"Acht Klassen, ein Lehrer, ein Raum"
siehe auch hierzu:
Gschichtle
110:"Fastenurlaub in Herrenwies" von Hubert Ganter (14.11.09)
Gschichtle
105:
"Ein
Mann für alle Fälle
-
Ludwig Schindler"
von
Hubert Ganter
(19.9.09)