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Gschichtle von früher



Gschichtle 101:

 von Hubert Ganter
(22.8.09)
(Zu diesem Gschichtle gibt es - dem Titel entsprechend - auch nur ein Foto !)


Durch ein altes Foto, das mir vor einiger Zeit Martin zugeschickt hatte, entstand ganz spontan das "Hamsterergschichtle". Ich selbst war von dem Foto sehr berührt, was ein Außenstehender kaum verstehen kann. Plötzlich sah ich mich in eine völlig andere, heute nicht mehr vorstellbare Zeit versetzt und die Erinnerungen werden so lebendig, dass ich einfach schreiben muss.
Und nun geht es weiter, aber nichts von einem betrunkenen Schwein, nichts von Kontrollen und Nöten in allen Variationen.
Nein, eher unbedeutende, lustige Erinnerungen, die aber mit der "Hamsterersache" doch etwas zu tun haben.
Wie gesagt, ich wurde nach 63 !!!Jahren zu einem Besuch im Merkurweg in Karlsruhe eingeladen und durfte den Sohn (68)des früheren Bekannten und "Nothelfers" kennen lernen.
Er zeigte mir ein Fotoalbum und löste sofort einige Fotos heraus, um sie mir mitzugeben.
"Damit kann ich nichts anfangen, ich kenne niemanden!"
Ich aber schon!

Eines dieser Fotos beginnt zu erzählen:
Lina vom Haaberg, bekannt als gute Köchin und bei Festen wie Kommunion oder, in diesem Falle, silberne Hochzeit, immer zur Stelle, war die Schwägerin meiner Oma. Meine Oma wollte auch einmal bei ihr glänzen und lud sie ein, um ihre 7 !! gut gelungenen Linzertorten zu präsentieren. Sie waren für Weihnachten gedacht und sollten, wie bei Linzertorten üblich, einige Zeit ruhen.
Wo?
Auf dem Schlafzimmerschrank von Walter und Lothar  - an mich hatte noch niemand auch nur gedacht!
Dieser allabendliche Duft!
Diese Versuchung!
Der eine stellte sich auf einen Stuhl, der andere machte das "Männchen" und konnte so ein Stück Kruste holen. Das "Innere" war eher uninteressant, weil schmierig und schlecht abzubrechen.
Bis Weihnachten waren es aber noch viele Abende! Erst die eine Torte, dann die zweite und immer weiter, die Sache nahm ihren Lauf.
Lina kommt zur "Besichtigung" der "Kunstwerke und sieht das Fiasko. Ein paar Ratten hätten nicht besser wüten können.

Mit der Pferdekutsche gemütlich auf der Autobahn in Richtung Pforzheim, das war nichts Ungewöhnliches für meinen Onkel aus Ersingen. Es waren dort weder Autos noch Polizei zu sehen, und von Geschwindigkeitsmessungen war auch keine Rede. Ein Traum, kein Auto vor mir und kein Radar.

Er machte sich selbst zum Sprudel-Lieferanten von Wirtschaften.
Wie?
Ganz einfach. Er besorgte sich sog. Sole von einer Mineralwasser-Quelle (wo?), füllte sie mit Wasser und mit Kohlensäure versetzt in Flaschen ab und fertig war der Sprudel. Als Schmied und Schlosser konnte er offensichtlich mit Gasflaschen umgehen.

Der auf diese Weise selbst kreierte Sprudel wurde mit einem Leiterwägelchen ausgefahren. Ich war auch schon mal dabei, wie wir eine Wirtschaft "beliefert" haben!"

Die Tante aus Ersingen war mit dem Weihnachtsgebäck sehr großzügig. Nichts von "Rationierung" und abschließbaren Türen. Wir saßen am Wohnzimmertisch und sie schüttete aus einem prall gefüllten Kissenbezug! die Springerle, Buttergebackene, Hildabrötchen und was es alles gab in einem großen Berg auf den Tisch und: "So, jetzt könnt ihr essen was ihr wollt und so viel ihr wollt!"
Große Augen und los ging´s!
Meinen Stiefgroßvater erwähne ich nur meinem Bruder Lothar zuliebe, damit ich Lustiges berichten kann. Er selbst verdient es nicht, auch nur genannt zu werden!!
Lothar hatte einen Riesenspaß, für ihn Weihnachtsgebäck zu backen, natürlich gleich Springerle, weil die besondere Sorgfalt benötigen, damit die "Füßchen", auch "Stollen" genannt, gut aufgehen.
Eine Menge "Hirschhornsalz" wird das schon richten!
Der Teig wurde geknetet, gewalkt, nach allen Regeln der Kunst regelrecht "malträtiert", ja selbst mehrfach so hoch geworfen, dass an der Küchendecke Flecken zu sehen waren. Ich war hell begeistert von diesen Vorführungen und das war sicher für Lothar auch ein Ansporn, sich richtig ins Zeug zu legen.
Das Ergebnis: keine Stollen, keine Füßchen, glatt wie eine Flunder und hart wie Kruppstahl. Nur mit sehr guten Zähnen und gutem Willen konnte man sie essen. Wer hatte diese Zähne und diesen Willen? Wir!! Wir jedenfalls waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Lothar spielte auch die Rolle eines "Sekretärs" und machte sich einen Heidenspaß daraus, für ihn regelrechte "Anwerbeschreiben!?!" - wie soll ich sie benennen  - an verschiedene Frauen zu schicken. Er beschrieb darin, was Opa alles besitzt, so z.B. stand zu lesen:
"Bei mir im Haus !! - oder so ähnlich -hat ein Fotograf sein Geschäft und er wohnt auch hier!"
Meine Eltern hatten nicht die geringste Ahnung, was Lothar sozusagen "im Auftrag" des Stiefgroßvaters alles schrieb und in den Briefen log, dass sich die Balken biegen.
Ich habe später mitbekommen, dass meine Eltern bei dieser Art "Brautschau" - inszeniert von Lothar - alle Mühe hatten, die Besitzverhältnisse zu klären.
Eine Frau blieb tatsächlich bei ihm und wohnte viele Jahre bei  uns im Haus im Dachgeschoss, bis sie endlich bereit war auszuziehen, damit Walter diese Zimmer bekommen konnte.
Bei diesem Gschichtle habe ich darauf verzichtet auf die einzelnen Personen auf dem Foto hinzuweisen, es kennt sie ja doch niemand?, sie sind aber alle zu sehen und waren der Anlass für diese mehr oder weniger interessanten Bemerkungen, je nachdem, wie man es sieht.
 

Vielen Dank an Hubert  !



Gschichtle 102:"Von Jugendräumen und speziellen Erinnerungen an eine Tischtennisplatte"von Martin Weck (29.8.09)
 

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