Gschichtle von früher
ABB - 28.8.09
Auf dem Bild zur aktuellen Jugendraumgestaltung
sind einige Jugendliche bei der Arbeit zu sehen. Eine große Wand
wird farbenprächtig bepinselt oder besprüht. Auch wir gestalteten
1972 unser Jugendzentrum selbst.
Eröffnung des Jugendzentrums 1972
Im Bürgermeisterwahlkampf hatten wir
die Überlassung des ehemaligen Bürogebäudes der Firma Kern
neben dem Cafe Schnurr "erkämpft". Wir werkelten danach voller Elan
und Begeisterung Tag und Nacht an den Räumlichkeiten. Unsere
Gruppe war ein starkes Team mit einigen Junghandwerkern (z.B. war Thomas
Mützel, unser Elektriker) und hatten in dieser Aufbauphase wirklich
alles im Griff. Geldsorgen gab es gar keine, denn die Gemeinde erfüllte
uns problemlos alle Materialwünsche.
Unser Barbereich im ehemaligen Bürogebäude des Sägewerkes
Kern
Unterhalten wir uns heute über diese
Entstehungszeit und die Anfangsjahre des Jugendzentrums, dann kommen wir
immer wieder zu dem Ergebnis, dass diese Monate des Aufbaues die beste
Zeit des Jugendzentrums waren. Später wurden wir dann vom Ansturm
und vielen Problemen nahezu überrannt. Da man uns wirklich allein
(ohne „Erwachsenenbeistand“, ohne Sozialarbeiter) schalten und walten ließ,
setzten wir uns manchmal ganz schön in die Nesseln. So schlossen wir
z.B. Verträge mit einer Brauerei ab (das brachte viel Geld in unsere
Kasse), was wir rein rechtlich gar nicht gedurft hätten.
Wir hatten halt einfach zu wenig Erfahrung.
Auf die Erfahrungen aus anderen Orten konnten wir auch nicht zurückgreifen,
denn das Bühlertäler Jugendzentrum mit Selbstverwaltung war eine
der ersten Einrichtungen dieser Art in der ganzen Region.
Das Häuschen heute.
Zuerst Bürogebäude des Sägewerkes Kern (1897-1969),
dann Jugendzentrum 1972 bis 1985
und seit 1993 das Narrenhiesel der Narren Bergstaaten
Lediglich die Erfahrungen mit unserem ersten Domizil, dem Kirchensaal, standen uns zur Verfügung. Am Ende der 60er Jahre überließ uns (einigen Ministranten und unseren Freunden) Pfarrer Schneble den Saal unter der Liebfrauenkirche als "eine Art Jugendraum".
Liebfrauenkirche - rechts unten befindet sich der Kirchensaal
An Nachmittagen und Abenden (wenn kein Gottedienst,
Beichte oder Taufe waren) durften wir uns dort treffen. Tischtennis spielen
und Musik hören standen meist im Mittelpunkt. Eine neue Tischtennisplatte
hatte uns Pfarrer Schneble sogar „gesponsert“.
Pfarrer Schneble -unser Sponsor
Wir teilten uns den damals nicht ausgebauten
Saal mit dem Schützenverein, der dort eine „abbaubare“ Schießanlage
hatte. Fast jeden Tag trafen wir uns im oder vor dem Saal und hatten
eine wirklich tolle Zeit in "unserem Jugendtreff" auf dem Hungerberg.
Nach dem Schießtraining (schnell waren die Drahtseile der Scheibenanlage
abgebaut) spielten wir dann oft gemeinsam mit Mitgliedern des Schützenvereins
Tischtennis. Eine Tischtennisplatte war natürlich zu wenig. Und so
wanderte zunächst eine private Tischtennisplatte zusätzlich in
den großen Kirchensaal. Aber auch zwei Platten erschienen uns
bald als nicht mehr ausreichend, da sich immer mehr neue Gäste zu
uns gesellten. So entschlossen wir uns, eine 3.Platte anzuschaffen. Um
Kosten zu sparen, wollten wir die Platte selbst herstellen. Das Untergestell
war kein Problem. Ein paar alte Holzböcke und Dachlatten waren schnell
organisiert. Eine genau auf das Maß gesägte Holzfaserplatte
kauften wir im Eichwald bei der Firma Schmidt – Otto Oberle gewährte
uns einen Sonderpreis.
Otto Oberle
In der Drogerie Reich am Fuße der Schönbücherei kauften wir uns grüne und weiße Farbe, ein Netz wurde uns von einem Mitglied des Schützenvereins geschenkt. Nach der Fertigstellung der Platte ins „Wecke-Hof“, fuhr uns mein Onkel Sepp alle Teile mit unserem „Kohle-Wägele“ auf den Hungerberg.
Das "Wecksche - Kohle-Wägele"
Zur Finanzierung muss noch unbedingt erwähnt
werden, dass wir (Eichwälder und Freunde) uns die Kosten mit einer
Gruppe Jugendlicher aus einem „höher gelegenen Gewann“ teilten ( Mehr
über diese Gruppe - ich nenne sie einfach jetzt "Gebirgler"- will
ich nicht verraten. Warum ? Das wird jeder am Ende des Gschichtles
verstehen !). Und zwar bezahlten die „Eichwälder“ etwa 2 Drittel,
die „Gebirgler“ 1 Drittel.
Mit 3 Tischtennisplatten war die Fläche
des Kirchensaales nun „ausgereizt“.
Aber wir hatten jetzt wirklich "paradiesische
Zustände" und konnten "Tischtennis - total" spielen. Da einige
„Profis“ vom Tischtennisverein dabei waren - auch auf hohem Niveau.
Ich kann nicht mehr genau sagen, wie lange
unser Glück währte. Auf jeden Fall wurde unser uneingeschränktes
Tischtennisvergnügen an einem „Schützenverein-Abend“ auf brutale
Weise schwer getrübt. Wir spielten auf allen 3 Platten, als plötzlich
die Tür des Saales geöffnet wurde und ein paar finster blickende
Jungs eintraten – unsere „Gebirgs-Abteilung“. Sie sprachen kein Wort, näherten
sich unserer „gemeinsamen“ Eigenbau-Platte, nahmen kurz Maß und zogen
etwa nach dem ersten Drittel der Platte einen Strich. Und dann begannen
sie mit einer großen Säge „aus dem Handgepäck“ ein Drittel
der Platte abzusägen. Ihr bezahltes Drittel !! Zuerst sahen wir nur
vollkommen geschockt zu,
Mitglieder des Schützenvereines zweifelten
zuerst lauthals am Verstand der „Säger“, doch es half nichts, sie
ließen sich nicht von ihrer Arbeit abbringen. Nach einigen deftigen
Wortgefechten verließen sie mit „ihrem Besitz“ den Saal.
Ich habe zwar das Bild dieser wilden Sägeorgie
noch genau vor Augen, kann aber absolut nicht mehr erzählen, was der
Auslöser für die Aktion war. Wir hatten halt wohl mal wieder
„gehändelt“, was einfach ab- und zu dazugehörte. Dass die Jungs
allerdings - ohne Nachfrage nach einer Rückzahlung ihres Plattenanteiles
– einfach „ihr Drittel“ auf diese Art holten, löste allgemein nur
Kopfschütteln aus und disqualifizierte sie für jede weitere gemeinsame
Aktion. Zumindest für einige Zeit. Bei der Gründung des Jugendzentrums
einige Zeit später, waren dann aber wieder einige „Gebirgler“ eifrig
dabei !
Den Rest der Platte hat übrigens Onkel
Sepp wieder abgeholt. „Quasi zur ewigen Erinnerung“ habe ich die
Platte zum Bau unserer Theke in der früheren Kellerbar verwendet.
In dieser Theke steckte die "Restplatte in den 70ern"
Als am Ende der 70er die Kellerbar abgebaut und an anderer Stelle eine neue Theke entstand, wurde wieder diese Platte für das Grundgerüst verwendet. Und hier befindet sich das Stück Holz noch heute ! Ich kann es jedem zeigen !
Ich wünsche den rührigen Gestaltern des neuen Jugendraumes viel Erfolg beim Aufbau und bei der langfristigen Erhaltung des Jugendtreffs.
Der Webmaster
siehe auch Berichte im "Archiv" zum Jugendzentrum
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