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Gschichtle von früher



Gschichtle 102:
"Von Jugendräumen und speziellen Erinnerungen an eine Tischtennisplatte"
 von Martin Weck
(29.8.09)



In Bühlertal wird gerade der neue Jugendtreff in der alten Post hergerichtet. Als ich gestern in der Zeitung dazu einen Bericht fand, wurden sofort wieder Erinnerungen an unsere Jugendzentrumszeiten am Anfang der 70er Jahre wach.


ABB - 28.8.09
Auf dem Bild zur aktuellen Jugendraumgestaltung sind einige Jugendliche bei der Arbeit zu sehen. Eine große Wand wird farbenprächtig bepinselt oder besprüht. Auch wir gestalteten 1972 unser Jugendzentrum selbst.


Eröffnung des Jugendzentrums 1972
Im Bürgermeisterwahlkampf hatten wir die Überlassung des ehemaligen Bürogebäudes der Firma Kern neben dem Cafe Schnurr "erkämpft". Wir werkelten danach voller Elan und Begeisterung  Tag und Nacht an den Räumlichkeiten. Unsere Gruppe war ein starkes Team mit einigen Junghandwerkern (z.B. war Thomas Mützel, unser Elektriker) und hatten in dieser Aufbauphase wirklich alles im Griff. Geldsorgen gab es gar keine, denn die Gemeinde erfüllte uns problemlos alle Materialwünsche.

Unser Barbereich im ehemaligen Bürogebäude des Sägewerkes Kern

Unterhalten wir uns heute über diese Entstehungszeit und die Anfangsjahre des Jugendzentrums, dann kommen wir immer wieder zu dem Ergebnis, dass diese Monate des Aufbaues die beste Zeit des Jugendzentrums waren. Später wurden wir dann vom Ansturm und vielen Problemen nahezu überrannt. Da man uns wirklich allein (ohne „Erwachsenenbeistand“, ohne Sozialarbeiter) schalten und walten ließ, setzten wir uns manchmal ganz schön in die Nesseln. So schlossen wir z.B. Verträge mit einer Brauerei ab (das brachte viel Geld in unsere Kasse), was wir rein rechtlich gar nicht gedurft hätten.
Wir hatten halt einfach zu wenig Erfahrung. Auf die Erfahrungen aus anderen Orten konnten wir auch nicht zurückgreifen, denn das Bühlertäler Jugendzentrum mit Selbstverwaltung war eine der ersten Einrichtungen dieser Art in der ganzen Region.


Das Häuschen heute.
Zuerst Bürogebäude des Sägewerkes Kern (1897-1969), dann Jugendzentrum 1972 bis 1985
und seit 1993 das Narrenhiesel der Narren Bergstaaten
 

Lediglich die Erfahrungen mit unserem ersten Domizil, dem Kirchensaal, standen uns zur Verfügung.  Am Ende der 60er Jahre überließ uns (einigen Ministranten und unseren Freunden) Pfarrer Schneble den Saal unter der Liebfrauenkirche als "eine Art Jugendraum".


Liebfrauenkirche - rechts unten befindet sich der Kirchensaal

An Nachmittagen und Abenden (wenn kein Gottedienst, Beichte oder Taufe waren) durften wir uns dort treffen. Tischtennis spielen und Musik hören standen meist im Mittelpunkt. Eine neue Tischtennisplatte hatte  uns Pfarrer Schneble sogar „gesponsert“.

Pfarrer Schneble  -unser Sponsor

Wir teilten uns den damals nicht ausgebauten Saal mit dem Schützenverein, der dort eine „abbaubare“ Schießanlage hatte.  Fast jeden Tag trafen wir uns im oder vor dem Saal und hatten eine wirklich tolle Zeit in "unserem Jugendtreff" auf dem Hungerberg.  Nach dem Schießtraining (schnell waren die Drahtseile der Scheibenanlage abgebaut) spielten wir dann oft gemeinsam mit Mitgliedern des Schützenvereins Tischtennis. Eine Tischtennisplatte war natürlich zu wenig. Und so wanderte zunächst eine private Tischtennisplatte zusätzlich in den großen Kirchensaal. Aber auch  zwei Platten erschienen uns bald als nicht mehr ausreichend, da sich immer mehr neue Gäste zu uns gesellten. So entschlossen wir uns, eine 3.Platte anzuschaffen. Um Kosten zu sparen, wollten wir die Platte selbst herstellen. Das Untergestell war kein Problem. Ein paar alte Holzböcke und Dachlatten waren schnell organisiert. Eine genau auf das Maß gesägte Holzfaserplatte kauften wir im Eichwald bei der Firma Schmidt – Otto Oberle gewährte uns einen Sonderpreis.

Otto Oberle

In der Drogerie Reich am Fuße der Schönbücherei kauften wir uns grüne und weiße Farbe, ein Netz wurde uns von einem Mitglied des Schützenvereins geschenkt. Nach der Fertigstellung der Platte ins „Wecke-Hof“, fuhr uns mein Onkel Sepp alle Teile mit unserem „Kohle-Wägele“ auf den Hungerberg.


Das "Wecksche - Kohle-Wägele"

Zur Finanzierung muss noch unbedingt erwähnt werden, dass wir (Eichwälder und Freunde) uns die Kosten mit einer Gruppe Jugendlicher aus einem „höher gelegenen Gewann“ teilten ( Mehr über diese Gruppe - ich nenne sie einfach jetzt "Gebirgler"- will ich nicht verraten. Warum ? Das  wird jeder am Ende des Gschichtles verstehen !). Und zwar bezahlten die „Eichwälder“ etwa 2 Drittel, die „Gebirgler“ 1 Drittel.
Mit 3 Tischtennisplatten war die Fläche des Kirchensaales nun „ausgereizt“.
Aber wir hatten jetzt wirklich "paradiesische Zustände"  und konnten "Tischtennis - total" spielen. Da einige „Profis“ vom Tischtennisverein dabei waren - auch auf  hohem Niveau.
Ich kann nicht mehr genau sagen, wie lange unser Glück währte.  Auf jeden Fall wurde unser uneingeschränktes Tischtennisvergnügen an einem „Schützenverein-Abend“ auf brutale Weise schwer getrübt. Wir spielten auf allen 3 Platten, als plötzlich die Tür des Saales geöffnet wurde und ein paar finster blickende Jungs eintraten – unsere „Gebirgs-Abteilung“. Sie sprachen kein Wort, näherten sich unserer „gemeinsamen“ Eigenbau-Platte, nahmen kurz Maß und zogen etwa nach dem ersten Drittel der Platte einen Strich. Und dann begannen sie mit einer großen Säge „aus dem Handgepäck“ ein Drittel der Platte abzusägen. Ihr bezahltes Drittel !! Zuerst sahen wir nur vollkommen geschockt zu,
Mitglieder des Schützenvereines zweifelten zuerst lauthals am Verstand der „Säger“, doch es half nichts, sie ließen sich nicht von ihrer Arbeit abbringen. Nach einigen deftigen Wortgefechten verließen sie mit „ihrem Besitz“ den Saal.
Ich habe zwar das Bild dieser wilden Sägeorgie noch genau vor Augen, kann aber absolut nicht mehr erzählen, was der Auslöser für die Aktion war. Wir hatten halt wohl mal wieder „gehändelt“, was einfach ab- und zu dazugehörte. Dass die Jungs allerdings - ohne  Nachfrage nach einer Rückzahlung ihres Plattenanteiles – einfach „ihr Drittel“ auf diese Art holten, löste allgemein nur Kopfschütteln aus und disqualifizierte sie für jede weitere gemeinsame Aktion. Zumindest für einige Zeit. Bei der Gründung des Jugendzentrums einige Zeit später, waren dann aber wieder einige „Gebirgler“ eifrig dabei !
Den Rest der Platte hat übrigens Onkel Sepp  wieder abgeholt. „Quasi zur ewigen Erinnerung“ habe ich die Platte zum Bau unserer Theke in der früheren Kellerbar verwendet.


In dieser Theke steckte die "Restplatte in den 70ern"

Als am Ende der 70er die Kellerbar abgebaut  und an anderer Stelle eine neue Theke entstand, wurde wieder diese Platte für das Grundgerüst verwendet. Und hier befindet sich das Stück Holz noch heute ! Ich kann es jedem zeigen !

Ich wünsche den rührigen Gestaltern des neuen Jugendraumes viel Erfolg beim Aufbau und bei der langfristigen Erhaltung des Jugendtreffs.

Der Webmaster

siehe auch Berichte im "Archiv" zum Jugendzentrum
Artikel 1, Artikel 2, Artikel 3
Artikel 4



Gschichtle 103: "Gedankensplitter (aus der Nachkriegszeit) Teil III"
 von Hubert Ganter (5.9.09)

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