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© ZEIT online 21.6.2006 - 13:42 Uhr
Trotz Rooney
Die englische Mannschaft konnte sich gegen Schweden nicht durchsetzen
- jetzt herrscht auf der Insel Erleichterung, dass sie nicht auf Deutschland
trifft.
Von Jürgen Krönig
Mit solch freundlich–respektvollen Kommentaren, wie sie derzeit in Großbritannien kursieren, wurde ein deutsches Team schon lange nicht mehr bedacht.
Das hat nicht nur damit zu tun, dass es für Journalisten wie den „Mann auf der Straße“ angesichts des erstaunlich spielfreudig–leichtfüßigen Kombinationsfußballs der Klinsmann-Elf erheblich schwerer geworden ist, auf den fest eingestanzten Klischees über die deutschen Fußballer (effizient, gründlich, wohl organisiert) zu beharren. Vor dem gestrigen Spieltag neigten die meisten Kommentatoren der Auffassung zu, es sei wahrscheinlich besser, wenn England bereits in der nächsten Runde auf Deutschland treffen würde.
Nun herrscht generelle Erleichterung darüber, dass nach dem 2:2
gegen Schweden der Kelch eines Spiels gegen die Deutschen erstmal abgewendet
werden konnte. Das hat zu gleichen Teilen mit der Leistung der deutschen
Elf wie der Schwäche des eigenen Teams zu tun.
Das Team von Trainer Sven-Göran Eriksson musste gegen Angstgegner
Schweden eine Vielzahl brenzliger Situationen überstehen, rettete
aber mit Glück ein 2:2 (1:0) über die Zeit.
"Wir wollten die Gruppe gewinnen. Das haben wir geschafft. Es war aber
nicht unsere beste Leistung", sagte Eriksson. "Gegen Ecuador müssen
wir besser spielen und vor allem besser verteidigen.
"Das Wichtigste ist, dass wir die Gruppe gewonnen haben", meinte auch
Steven Gerrard.
Tolles Tor von Cole
Joe Cole brachte die Briten mit einem sehenswerten Weitschuss in Führung
(34.). Marcus Allbäck glich nach Wiederbeginn aus (51.).
Die Schweden waren dem zweiten Treffer näher, doch der eingewechselte
Steven Gerrard beendete die Hoffnungen auf eine Wende (85.). Immerhin rettete
Henrik Larsson "Blaagult" das Remis (90.).
"Wir hätten den Sieg verdient gehabt, weil wir in der zweiten
Halbzeit klar besser waren", sagte Trainer Lars Lagerbäck.
England nun gegen Ecuador
England, das in der ersten K.o-Runde am Sonntag um 17 Uhr in Stuttgart
auf Ecuador trifft, musste den Gruppensieg teuer bezahlen: Stürmer-Star
Michael Owen schied mit einer Knieverletzung früh aus.
Für die Schweden gab es ebenfalls eine gute und eine schlechte
Nachricht: Dank der Schützenhilfe von Paraguay, das Trinidad und Tobago
2:0 (1:0) besiegte, zogen die Skandinavier als Zweiter in die Runde der
letzten 16 ein.
Sie bekommen es aber nun am Samstag um 17 Uhr in München mit Gastgeber
Deutschland zu tun.
Druck auf Schweden
Die Augen waren auf Eriksson gerichtet. Würde es dem gebürtigen
Schweden bei seinem letzten großen Turnier mit den "Three Lions"
gelingen, den Schweden-Fluch zu besiegen?
Eriksson verzichtete zunächst auf die mit Gelb vorbelasteten Steven
Gerrard und Peter Crouch und brachte erstmals bei diesem Turnier Wayne
Rooney und Bayern-Ass Owen Hargreaves von Beginn an.
Owen verletzt sich
Bereits nach zwei Minuten der erste Schock für die Briten: Michael
Owen knickte ohne gegnerische Einwirkung mit dem Knie weg und musste runter.
Für ihn kam Crouch.
Die Engländer steckten den Rückschlag schnell weg. Frank
Lampard gab die ersten Warnschüsse ab (3., 7.). Joe Coles Versuch
aus 16 Metern ging drüber (21.).
Dann setzte sich Rooney in Szene. Nach einem Traumpass von David Beckham
verlud der Star von ManU mit einem Heber Olof Mellberg. Teddy Lucic blockte
den Schuss des 20-Jährigen in letzter Sekunde ab (25.).
Schweden ideenlos
Und die Schweden? Von ihnen war wenig zu sehen, obwohl sie noch einen
Punkt brauchten, um die letzten Zweifel am Weiterkommen zu beenden.
Über gute Ansätze im Mittelfeld kamen sie aber nicht hinaus.
Vor dem englischen Tor waren sie ohne Star-Stürmer Zlatan Ibrahimovic
(Adduktoren-Probleme) mut- und ideenlos.
Immerhin erreichte die Skandinavier kurze Zeit später die Nachricht
von Paraguays Führungstreffer gegen Trinidad und Tobago.
Cole nimmt sich ein Herz
Doch die Schweden wurden für ihr schwaches Spiel bestraft: In
der 34. Minute kam Joe Cole nach einer Kopfballabwehr von Niclas Alexandersson
an den Ball. Er nahm in mit der Brust an und schoss aus 25 Metern aus halblinker
Position mit rechts Richtung langes Eck.
Der Ball schlug rechts oben ein - 1:0. Der sechste Länderspiel-Treffer
des Mittelfeldakteurs vom FC Chelsea.
Verdiente Führung
Die Führung war der Lohn für eine couragierte erste Hälfte
der "Three Lions". Vor allem Cole, aber auch Lampard und Rooney setzten
sich immer wieder in Szene. Das 0:1 zur Pause war noch schmeichelhaft für
Schweden.
Umso überraschender der Ausgleich kurz nach Wiederbeginn: Marcus
Allbäck kam nach einer Ecke von Tobias Linderoth am kurzen Pfosten
zum Kopfball und verlängerte den Ball aus fünf Metern ins lange
Eck (51.).
Plötzlich legten die Skandinavier den Respekt ab. Nur vier Minuten
später wäre das Spiel fast komplett auf den Kopf gestellt worden.
Chancen für Schweden
Henrik Larssons Kopfball - erneut nach einer Ecke - sprang von der
Latte zurück ins Feld.
Dann war es Mellberg, der um Haaresbreite aus zehn Metern das englische
Tor verfehlte (59.).
Die Engländer waren beeindruckt. Eriksson reagierte, riskierte
mit einem Einsatz von Gerrard (für Rooney, 69.) eine Sperre des Liverpoolers.
Doch dem Coach wurde die Entscheidung schnell leicht gemacht: Bei einem
Schuss aus 18 Metern von Kim Källström rettete Gerrard auf der
Linie (72.).
England hatte Probleme. Doch als Gerrard nach Cole-Flanke das 2:1 ungehindert
köpfte, waren diese vergessen (85.).
Serie hält
Henrik Larssons Ausgleich (90.) nach Einwurf von Edman hielt die Briten
nicht mehr vom Feiern ab.
Die Erfolgsserie der Schweden von 38 Jahren ohne Niederlage gegen ihren
Lieblingsgegner hielt zwar, einem Duell mit Deutschland konnten sie aber
nicht aus dem Weg gehen.
Ljungberg freut sich auf Lehmann
"Das wird klasse, gegen die zu spielen", meinte Freddie Ljungberg von
Arsenal London, der auf seinen Klubkollegen Jens Lehmann treffen wird.
"Wir haben eine Chance, aber es wird sehr schwer", sagte Lagerbäck.
Quelle: http://www.sport1.de
Baden-Baden (rpo). Die englische Nationalmannschaft muss im weiteren
Verlauf des WM-Turniers auf Stürmerstar Michael Owen verzichten. Der
Angreifer von Newcastle United zog sich aller Voraussicht nach einen Kreuzbandriss
zu und muss wohl fünf Monate pausieren.
Der britische TV-Sender SkySports berichtete, dass bei der Kernspintomografie
am Mittwoch in Baden Baden "ein schwerer Bänderschaden im rechten
Knie" diagnostiziert wurde.
Michael Owen verletzte sich ohne Einwirkung des Gegners am Knie. Foto:
AFP
"Es ist sehr enttäuschend für ihn und auch für die Mannschaft", sagte Torwart Paul Robinson. Owen hatte sich in der 2. Spielminute das Knie verdreht und war gegen Peter Crouch ausgewechselt worden. Es sei unglaublich, da Owen nach seinem Fußbruch Ende vergangenen Jahres gerade wieder fit geworden sei, bedauerte Robinson.
Owen, der erst seit dem vergangenen Monat wieder auf dem Platz stand, lief in den ersten beiden WM-Spielen der Engländer seiner Form hinterher und wurde beide Male ausgewechselt. Kapitän David Beckham sagte, die Verletzung sei schlimm für Owen und für die Mannschaft. "In großen Turnieren wie Weltmeisterschaften braucht man erfahrene Stürmer und große Spieler, wie er einer ist."
Owens WM-Aus bedeutet für Englands Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson für das Achtelfinale am Sonntag in Stuttgart gegen Ecuador Probleme im Angriff. Den Three Lions stehen in Wayne Rooney, Peter Crouch und Teenager Theo Walcott nur noch drei Stürmer zur Verfügung.
Quelle: http://www.rp-online.de
Fremdeln in Bühlertal
Die Engländer wohnen zurückgezogen im Schwarzwald
VON GABRIELE RENZ
Schön ist es im Schwarzwald. Vor allem schön abgeschieden. Der englischen Nationalelf um David Beckham war dies bei der Wahl des Deutschland-Quartiers am wichtigsten. Im Schlosshotel Bühlerhöhe finden die Spieler von der Insel alles, was sie an Ruhe und Luxus brauchen. Nur ihre Handys konnten sie zeitweise nicht benutzen. Denn die Nobelherberge liegt zwar idyllisch in den Höhen des Schwarzwalds, aber auch inmitten einer stattlichen Zahl von Funklöchern.
Die Telekom, so Sprecher Andreas Fuchs, hatte zwar im Vorfeld der WM alle Quartiere der 32 Teams aus aller Welt "erheblich aufgerüstet". Auch das Fünf-Sterne-Haus unweit von Baden-Baden wurde zusätzlich ausgestattet - schon wegen der vielen Journalisten, die sich rund um den edlen Hochsicherheitstrakt mit Spa tummeln. Doch es reichte offenbar nicht.
Die Teamleitung beklagte sich beim Hotel, die Spieler könnten nicht in Ruhe telefonieren. Ständig würden Gespräche unterbrochen oder kämen gar nicht erst durch. Sofort beauftragte die Hotelleitung bei der Telekom die Behebung der Panne.
Betroffen sei nur ein Teil der Anlage in einem Teil des Gebäudes gewesen, dimmt Sprecher Fuchs die Problemlage herunter. Von Überlastung könne keine Rede sein. Die "Baugruppe" sei alsbald ausgetauscht worden. "Damit war die Störung behoben."
Nicht behoben werden konnte dagegen die atmosphärische Störung in Bühlertal. Denn so herzlich die 8500-Einwohner-Gemeinde ihre englischen Ausnahmegäste auf der Homepage und im Ort durch Festivitäten willkommen hieß, so ernüchtert ist man inzwischen, weil sich die Truppe um Trainer Eriksson abschottet wie der Papst beim Deutschlandbesuch. "Die Euphorie hat sich etwas gelegt", sagt Ilse Braun, die auf der Gemeindeverwaltung arbeitet. Man meine geradezu, sie seien gar nicht mehr da. Anfang Juni, als die englische Nationalelf ihr Quartier bezog, standen die Bühlertäler noch mit Flaggen bewehrt am Rand der Klotzbergerstraße im Wohngebiet, durch die der Mannschaftsbus fährt. Das Rattern des Hubschraubers begleitete den Tross. Heute, sagt Ilse Braun, "kriegt man nix mehr mit".
Zwei LKWs fanden gleich, nachdem die Elf im Schlosshotel Quartier bezogen hatte, den Weg die Schwarzwaldstraße hinauf. Allein 250 Schachteln Cornflakes, 200 Muffins und 1000 Teebeutel, aber auch Sonnencreme oder Haarschaum sollen unter den heran gekarrten Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln gewesen sein. Zudem bekam jeder Spieler einen Breitbildfernseher, als hielte die "Bühlerhöhe" in ihren Suiten zwischen 400 und 700 Euro pro Nacht keinen Fernseher vor. Autarkie um jeden Preis, war die Devise der Briten.
Die Fans sind frustriert. Sie kommen an ihre Idole einfach nicht ran. Und die Bürger von Bühlertal müssen sich seit Wochen massiven Sicherheitsvorkehrungen unterwerfen, können die britischen Fußball-Stars kaum einmal kontaktieren. Die Stuttgarter Nachrichten berichteten, dass sie wegen der Zuschauerzahlbeschränkung beim Training rund um das Trainingsgelände im Mittelbergstadion sogar die englischen Fahnen eingerollt und durch deutsche ersetzt hätten.
Nun scheint diese Störung behoben und ersetzt durch gediegene Gleichgültigkeit. In einer Pressekonferenz lobten David Beckham, Owen Hargreaves, Wayne Rooney und Steven Gerrard die "Bühlerhöhe" und Bühlertal über den grünen Klee, Hargreaves, der Wahl-Münchner, in erstklassigem Deutsch. "Topbedingungen", "erstklassiges Quartier", tönte es von der Pressetribüne. Das ging den Bühlertälern runter wie Öl. Anschließend gaben die Nationalspieler Autogramme.
Die massiven Sicherheitsvorkehrungen, auf die die Gemeindemitglieder eingeschworen wurden, sind kaum mehr vorhanden. Ilse Braun kam unbehelligt bis ans Tor der Nobel-Herberge, ihre Neffen wurden beim Training nicht einmal kontrolliert. Die Engländer im Schwimmbad erkennt der Einheimische am Trikot. Und stundenlang stehen allenfalls englische Fans am Straßenrand, um für zwei Sekunden den vorbeifahrenden Bus zu erhaschen. Am ersten Juli-Wochenende plant die Gemeinde ein Fun-Soccer-Turnier mit Freiwilligen als Figuren im überdimensionierten Tischfußballspiel. Doch dass David Beckham dabei mitspielt und seine Victoria gar zwischen den Bühlertälern steht und applaudiert, davon können die Einheimischen nur träumen.
Quelle: http://www.fr-online.de