Gschichtle von früher
Im Wald steh´n Bäume
und dazwischen
Z w i s c h e n r ä u
m e !!
Und davor,
man glaubt es kaum:
noch ein Baum!
Diese Zeilen von Heinz Erhard will ich spontan
und ohne jedes Nachschlagen zitieren, wenn ich die Ansichtskarte
Nr.426 und folgende aus der umfangreichen Sammlung von Martin sehe.
Es ist keineswegs so, dass mich diese "sehr
seltene Aufnahme... " inspiriert hat, folgendes Gschichtle zu schreiben.
Nein, es verhält sich genau umgekehrt.
Seit einiger Zeit denke ich darüber
nach, etwas über den Wald oberhalb des Wiedenfelses zu schreiben.
Mein Gedanke war immer: "Wenn ich nur ein passendes Foto hätte, denn
ohne Foto, nur mit einem Text die Sache zu erklären ist nicht möglich
und ich selbst habe kein derartiges Foto."
Ich ließ nicht locker und habe im
umfangreichen Arsenal von Martin tatsächlich eine "seltene" Aufnahme
gefunden, die nicht besser zu meiner Erzählung passen könnte.
Das Suchen hat sich gelohnt!
Jetzt kann ich berichten:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 musste Deutschland so genannte Reparationsleistungen - Kriegsentschädigungen - an die Siegermächte leisten. Neben unzähligen Milliarden an Geldleistungen waren auch, und das besonders in der sowjetisch besetzten Zone, Leistungen in Form von vollständigen Demontagen ganzer Fabrikanlagen üblich. Zu der geforderten Wiedergutmachung gehörten auch umfangreiche Lieferungen an Kohle und Holz und vieles mehr.
Jetzt zur "seltenen Aufnahme". - "Wie es aussieht wurde oberhalb des Wiedenfelsens stark abgeholzt!"
Eine weitere Aufnahme aus der Zeit um 1950
Wenn man genau hinschaut waren die "Zwischenräume",
wie es Heinz Erhard so treffend sagt, weit in der Überzahl. Die übrig
gebliebenen (sehr großen) Bäume des gesamten Waldes könnte
man leicht zählen. Auffallen müsste euch auch, dass der Wald
bis hinauf zur Strasse Sand-Hundseck und, was man nicht mehr sehen kann,
bis hinüber zum Kurhaus Hundseck vollständig abgeholzt war. Man
kann das an dem gerade erst gepflanzten Jungwald erkennen. Nach meiner
Rechnung müsste das Foto etwa um 1948 / 1950 entstanden sein.
Weitere Aufnahme: Freier Blick zum Kurhaus Sand nach der Abholzung
Die Reparationsleistung in unserer Gegend
bestand darin, dass Unmengen an wertvollem Holz an die Franzosen abgeliefert
werden mussten. Dass man gerade diesen Wald ausgesucht hat liegt auf der
Hand. Zum einen war dort alter, wertvoller Waldbestand und zum andern fand
man eine vorzügliche Lage vor, was den Abtransport der Stämme
betrifft. Einen besseren "Holzabfuhrweg" für die riesigen LKWs mit
Nachläufern kann man sich nicht vorstellen und dazu auch noch einen
freien Platz (heutiger Parkplatz ), um die Stämme zu lagern und aufzuladen.
Es handelte sich also keinesfalls um eine forstwirtschaftliche Maßnahme, um den Waldbestand zu verjüngen.
Nun zu den Langholzwagen mit Nachläufern:
Langholzwagen der Nachkriegszeit, wohl aber eine Nummer kleiner, als
von Hubert beschrieben !
Für uns Kinder war der Vergleich unserer
Langholzwagen mit den Langholzwagen der Franzosen etwa so, als würde
man heute einen mittelgroßen LKW mit einem Truck vergleichen, mit
dem man die ganzen USA oder Australien durchquert. Die Fahrzeuge waren
unglaublich gross, hatten riesige Kühlerhauben und nach oben gerichtete
Auspuffrohre. Ganz amerikanisch. Nicht französisch, waren doch sämtliche
Fahrzeuge der Franzosen, angefangen von den Panzern, Armeelastwagen mit
Drehvorrichtungen für MGs auf dem Führerhaus, dreiachsig und
mit Allradantrieb bis zum Jeep alles Fahrzeuge, die von den Amerikanern
zur Verfügung gestellt wurden.
Neben den Fahrzeugen erinnere ich mich viel
mehr und besser an die Fahrer!
Hinter der Hinterachse des Nachläufers, sitzt der Mann ("Schwigger"),
der den Nachläufer steuert.
In den Kurven wurde es kritisch
Die Arme lässig aus dem Fenster gelehnt,
evtl. eine Zigarette im Mundwinkel, fuhren sie täglich von morgens
bis abends im Eichwald vorbei Richtung Bühl zum Abtransport des Holzes
nach Frankreich.
Die A r m e sind´s, die
mir dermaßen im Gedächtnis geblieben sind, dass ich sie noch
heute vor mir sehe. Dick, prall, noch nicht einmal zu vergleichen mit meinen
dünnen Oberschenkeln, allenfalls mit meinem Körperumfang. Man
muss mir das nicht abnehmen, es war aber doch so. Wir standen da oder saßen
auf den großen Randsteinen am Bach entlang oder auf der Eichwaldbrücke
und das "pralle Leben" fuhr an uns vorbei. Tag für Tag, über
Monate hinweg.
Ich dachte bei diesem Anblick nicht so sehr
an den Wald wie heute, ich dachte eher an meinen Magen und an meine dünnen
Ärmchen, das tat aber der Bewunderung der großen Fahrzeuge
keinen großen Abbruch.
Vor der Abholzung - Blick ins Wiedenbachtal bis zum Wiedenfelsen
Von unserem Küchenfenster aus hatten
wir einen direkten Blick zum Wiedenfelsen und so konnten wir über
den gesamten Zeitraum der Abholzung hinweg genau verfolgen, wie die kahlen
Stellen oberhalb des Kurhauses immer größer und größer
wurden. Schließlich war eine riesige, dreieckige kahle Fläche
entstanden, die sich hell und leuchtend vom übrigen (übrig gebliebenen
)Wald abhob.
Damals schon hat mir mein Vater diese Aktion
erklärt und ich wusste somit schon immer, dass es sich hierbei nicht
um eine forstwirtschaftliche Maßnahme handelte.
Im Untertal wurde es eng - besonders oberhalb und Unterhalb der Laube
(hier oberhalb der Laube)
Gasthaus Laube - "abwärts" wird es besonders eng !
Unterhalb der "Laube" war ( ist ??) die Strasse sehr eng und es ist erstaunlich, dass diese Langholzfahrzeuge mit den längsten Stämmen, die es überhaupt gab, diese Engstelle überhaupt passieren konnten. Allerdings waren an diesem Haus auch immer "kleine Kratzer" zu sehen.
Hier noch 2 Vergleichsbilder:
Kurhaus Sand vor der Abholzung
Auf Karte 426 sieht man deutlich, wie auch neben dem Skihang
vor der Sandkreuzung abgeholzt worden ist.
Der Blick zum Wiedenfelsen heute
Vielen Dank an Hubert !
Anmerkung: Die Bilder mit den Langholzwagen
sind dem Buch "Der Stadtwald von Baden-Baden" von 1954 entnommen.