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Gschichtle von früher



Huberts 50.Beitrag bei www.eichwaelder.de:


Gschichtle 90:
Achse Eichwald  -  Vereinigte Arabische Emirate
oder
Wie eine Geige vom Eichwald nach Abu Dhabi kommt !
 von Hubert Ganter
(6.6.09)


           Nein, wie kommt eine Geige überhaupt in den Eichwald?
Ganz einfach, wenn man die "Geschichte" dieser ominösen Violine kennt.

Am Morgen nach meiner Schulentlassung musste ich nach Meersburg fahren zur Aufnahmeprüfung, zu Beginn des neuen Schuljahres dann nach Waldkirch (Außenstelle Meersburg), wo das "lockere, lustige" Internatsleben begann. So jedenfalls in Filmen dargestellt.

Internat in Meersburg


Hubert im Internat

In der allerersten Musikstunde der erste Schock: "Ihr braucht alle eine Geige, und zwar sofort!" Ich schrieb einen Brief nach Hause (kein Telefon oder gar E-Mail) mit der Bitte, mir eine Geige zu besorgen. Für meine Eltern gleichermaßen ein Schock, eine Geige !?, jetzt sofort, woher nehmen, von Geld ganz zu schweigen.


Da war guter Rat teuer für den Ganter Hans.

Die Rettung war Herr Glaser, war er es doch, der mich auf diese Schule schickte, er war also der eigentlich "Schuldige" an dieser misslichen Lage. Er fuhr gleich nach Karlsruhe und besorgte mir eine Geige.


Geigenorganisator Glaser

Neben dem allgemeinen Musikunterricht gab es extra Unterrichtstunden in kleinen Gruppen, die Geschichte des Geigenbaus in allen Einzelheiten, Theorie, nichts als Theorie, wozu "Sofort!! "eine Geige? Es war wiederum mein Lehrer Glaser, der mir in den Weihnachtsferien die ersten Kenntnisse beibrachte.
In Meersburg handelte ich mir die einzige Note 5 ein, die ich jemals bekommen habe. Natürlich im Fach Violine. Ich habe zwar über die Musiklehrerin geschimpft, aber diese Bewertung meiner "Leistung" war mehr als gerecht. Dass ich mich auch noch mit Klavierspielen herumplagen musste, sei am Rande erwähnt.


Hubert am "geliebten" Klavier


Hubert am Beginn einer großen Kariere ?????????

Die Schule als solche war, was Förderung und Forderung angeht, zu loben, aber von Abwählen oder Auswählen von Fächern war keine Rede. Welches Fach ich wohl abgewählt hätte - evtl. Violine??


Glücklicher Blick am Ende der Internatszeit - endlich kam das Ende "der Geigerei" !

Nachdem die gute, alte Geige einige Jahre im Schrank verbracht hatte und gut abgelagert war, setzte ich ein Inserat in die Zeitung, um meinen "treuen Begleiter" durch den Musikunterricht zu verkaufen.
Es meldete sich umgehend ein Herr Döbler aus Sasbach. Er kam mit seiner Frau zu uns nach Eisental und war mit dem guten Stück - er als Kenner - sehr zufrieden und nahm die Geige gleich mit.
Sie war gedacht für den jüngsten seiner vier Söhne, die allesamt ein Instrument spielten. Zusammen mit den musizierenden Eltern waren sie ein "starkes Team" und meine recht ungeliebte Geige erlebte plötzlich einen so märchenhaften Aufstieg, dass ich, wenn auch nur in ganz kleinen Ausschnitten, davon berichten will.
Der vollständige Erlebnisbericht, geschrieben von den vier Söhnen, ist erschienen im Jahresbericht "Der Sasbacher 1979" der Heimschule Lender in Sasbach.

Im Folgenden möchte ich Euch ein Märchen aus 1000 und einer Nacht erzählen, nein!, es scheint nur so, es ist ein echter Erlebnisbericht, klingt aber in unseren Ohren wie ein Märchen.
Ich habe den mir vorliegenden Bericht sehr stark gekürzt und nur einige Passagen ausgewählt.

Traumreise in die Vereinigten Arabischen Emirate

22.Juli 1977
Als Eintags-Touristen sind wir in Höchenschwand. Vor uns landet ein Hubschrauber, mit üblichem Zeremoniell wird ein arabischer Sheikhs empfangen. Ein Sasbacher, den wir nur flüchtig kennen, Wirtschaftsattache´ bei der Deutschen Botschaft in Abu Dhabi, jetzt als Dolmetscher tätig.
Spontane Einladung, eine Tischmusik zu spielen, alpenländische Weisen mit Hackbrett !!!,Zither, zwei Violinen (Huberts Geige aus dem Eichwald), Gitarre, Cello und Querflöte.
Sheikh Suroor war hell begeistert!
"Ich lade die musizierende Familie ein zu mir nach Abu Dhabi" und ließ sich unsere Zusage per Handschlag bekräftigen.

2.Dezember 1977
Einladung zum Empfang in der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Bonn.

Anfang März 1978
Anruf aus der Botschaft der V.A.E. in Bonn, unsere Reise rückt näher.
"Bei uns liegt ein Telex von Seiner Hoheit Sheikh Zayed, dem Präsidenten der V.A.E. vor - mit der Einladung der Eltern Döbler mit Söhnen Walter, Martin, Paul, Rudi nach Abu Dhabi. Bitte holen Sie Ihre Visa und Flugtickets ab."

21.März 1978
Flughafen Frankfurt. Telex der Botschaft "Wir reisen als Staatsgäste und dürfen unsere Instrumente mit in das Flugzeug nehmen". Die Boing 707 rollt zur Startbahn und startet unvermittelt.
Hervorragender Service, Besichtigung des Cockpits durch die Buben, bewusstes Abweichen vom Kurs, Automatik korrigiert sofort und weitere technische Einzelheiten werden erklärt.
Nach Landung in Abu Dhabi Empfang durch Herrn Lang (Sasbacher) und Transfer mit botschaftseigenem VW-Bus, begleitet durch Regierungslimousine. Der Konvoi hält in der Einfahrtshalle des First-class-Hotels Hilton von Abu Dhabi. Wir beziehen eine 3-Zimmer-Suite und haben als "Staatsgäste" natürlich einen Wachsoldaten vor der Zimmertüre.

22.März 1978
Besichtigung der Umgebung, unglaublich viele Eindrücke, fürstliches Frühstück, beste Bedienung durch indische Kellner, kilometerlanger Sandstrand für uns ganz alleine, Rundfahrt mit Familie Lang durch Abu Dhabi, was noch vor 15 Jahren ein Fischerdorf war. In der Werft werden noch heute Dows in Handarbeit gebaut.

23.März 1978
Fahrt mitten durch die Wüste zum 200 km entfernten Dubai, einer ultramodernen Stadt. Unser Interesse aber gilt der Altstadt. Bazar, Hafen mit malerischen Dows, buntes, hektisches Treiben usw.
"Ein Hauch O r i e n t  umfängt uns !
Vorbei am Palast des Herrschers von Sharjah, dem dritten Emirat, wieder 120km durch die Wüste nach Ras-al-Khaimah. Ali Salman begrüßt uns auf deutsch: "Willkommen meine Gäste, ich habe geschlachtet
für Sie zwei B o c k e n!"
Im nächtlichen romantischen Park beim Gästehaus erklingt wieder eine "bayerische, alpenländische Hausmusik"

24.März 1978
Nach der Besichtigung der heißen Quellen in Chad, Empfang beim Bruder des Sheikhs. Er ist im Festtagsornat und hat etwa 10 Männer des Dorfes (keine Bediensteten) und seine 2 Söhne um sich versammelt.
Ein alter Dolchträger (Krummdolch) begleitet uns zu einer Beduinen-Hochzeit.
Die Männer feiern getrennt von den Frauen, die Frauen fragen uns nach Kindern, nach der Schule usw. und wir erfahren, dass die Braut 15 Jahre alt ist.(Dolmetscherin Frau Lang).
Draußen dröhnen die Trommeln, 15 Tänzer tanzen unentwegt, alle 15 Minuten werden 6 von ihnen ausgewechselt.

25.März 1978
Offizielle Audienz bei Sheikh Suroor. Mit Diplomatenausweis lassen uns die Royal Guards ungehindert passieren. Wir werden im Empfangssalon erwartet und Seine Hoheit erkennt uns sofort und fragt nach unseren Eindrücken.
Mit meiner sehr gekürzten Darstellung lässt sich dieses Erlebnis nicht darstellen, es möge sich jeder Leser in diese Lage versetzen.
Unser Gastgeschenk ist ein Bild von Sasbach und eine  Schallplatte der Heimschule Lender.

Ostersonntag, 26.März 1978
Father Daniel, ein italienischer Pater, betreut die einzige katholische Kirche im Emirat Abu Dhabi. Er lädt uns ein, den Ostergottesdienst musikalisch zu gestalten. Die Ergriffenheit der Gemeinde und der persönliche Dank des Bischofs beeindrucken uns sehr. Einladung zum Weißen Sonntag:" I am very happy, you must come again: Easter, Summer, Christmas -always!"
Nächster Höhepunkt: Fahrt zum Geburtsort des Herrschers von Abu Dhabi, seine Hoheit Sheikh Zayed.
Schnurgerade Strasse durch die Wüste, junge Pflanzungen säumen den Weg, das Wasser kommt aus Entsalzungsanlagen, jede einzelne Pflanze ist an das System angeschlossen usw. Zwischendurch neuerbaute Beduinensiedlungen einschließlich Shops und Moscheen.
Wir nähern uns Al Ain, die Mittelstreifenbepflanzung wird üppiger (Oleander,Palmen), hier gibt es Wasser. Die nun folgenden Eindrücke vom pulsierenden Leben in der großen Oase werden im Bericht in etwa beschrieben, lassen sich aber durch mich nicht wiedergeben.

Ostermontag, 27.März 1978
Wir besuchen den von Sheikh Zayed für die Bevölkerung angelegten Zoo, ein interessantes Museum, Ausgrabungsobjekte aus der Zeit 3000 v.Chr. und auch den Kamelmarkt, wo Kamele im Wert von 10 000 bis 25 000 Mark gehandelt werden.

28.März 1978
Stadtrundfahrt. Im Post-Office sitzen etwa 30 Männer auf wackeligen Hockern und schreiben für Schreibunkundige Anträge, Briefe u.a. an Behörden und nach Hause. Beruf: "Typist". Wir durchstreifen den Suq und sehen alles nur Erdenkliche. Ein Goldschmied bearbeitet hochwertigen Schmuck und sitzt dabei unter dem Ladentisch.

29.März 1978
Abendliche Party mit "alpenländischer Musik". Eine internationale Gästeschar ist hell begeistert, es sind Araber in Originalkleidung,Engländer,Rhodesier,Jordanier,Amerikaner,Syrer,ein Pole, Deutsche. Da auch ein arabischer Staatsminister anwesend ist, erklingt zum offiziellen Abschluss die arabische Nationalhymne, gespielt auf alpenländische Art, was wohl für die Gäste ein einmaliges Erlebnis war, wenn man sich dabei u.a. ein "Hackbrett" als außergewöhnliches Instrument vorstellt.

30.und 31.März 1978
Wir erleben den ersten Sandsturm, ein Naturschauspiel. Dennoch schaffen wir es, einen Fischmarkt mit all seinen Gerüchen, Angeboten und Facetten hautnah zu erleben. Im anschließenden Obst-Suq ein riesiges Angebot, alles Importware! Im Park für Citybewohner ein saftig grüner Rasen. Araber, Inder, Pakistani und Deutsche ruhen sich  a u f  dem Rasen aus. Kein deutsches Schild: "Verboten!!"

1.April 1978
Feierstunde, Höhepunkt die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Wirtschaftsattaché, Herrn Hubert Lang, von uns musikalisch mitgestaltet. Und wieder die arabische und die deutsche Nationalhymne auf "bayerische" Art.

 

2.April 1978
Ziel ist die neue "German School of Abu Dhabi". Als wir deutsche Volkslieder anstimmen singen die Schüler aus voller Kehle mit.
Anschließend ein Besuch in der Amerikanischen Schule von Abu Dhabi. Die Schüler werden mucksmäuschenstill und sind begeistert, der Schulleiter weist auf die außergewöhnlichen Instrumente hin und sagt über das "Hackbrett: "An instrument, I cannot identify!"
Zurück zum "Hilton", dort erwarten uns zwei Reporter der ARABIC NEWS und wollen ein Interview.

3.April 1978
Erkundungen über Erdölbohrungen, Führung durch einen Geologen, weiteres Interview für eine englische Zeitung, abenteuerliche Wüstenfahrt im Range Rover, "Holzsuchen"(dürre Dornbüsche)für den Grill(Mulde im Sand), im Sandgrill Spieße mit Lammfleisch, Englisch, Deutsch, Arabisch beherrschen die stimmungsvolle Runde.

4.April 1978
Letzter Tag in Abu Dhabi, Empfang im Manhal-Palast des Sheikhs Suroor durch Daud Sick-sick, Abschiedsgeschenk: wir vier Brüder erhalten zum Zeichen der Freundschaft von Sheikh Suroor zusätzlich ein original arabisches Gewand mit der Bedingung, es bei der nächsten Begegnung in Deutschland zu tragen.
Am Nachmittag eine Fahrt mit einer alten, originalen Dow, Besuch in der "Villa Lang" am Meer, Baden im Meer und halten Rückschau auf die vergangenen 15 Tage in einer anderen Welt.

5.April 1978
4.30 Uhr: "Good morning, you wanted to be awaked!"
In Achern -10 C, 25 Grad Unterschied machen sich bemerkbar!
Eine Traumfahrt hat ihr Ende gefunden, aber die Erinnerung lebt weiter!
"G o t t ist der Größte,  G o t t  ist L i e b e", sagte ein Beduine.

Gebrüder Döbler:Rudi, Paul, Martin und Walter



Gschichtle 91:
Wie die "Blitze" gezähmt wurden
 von Hubert Ganter
(12.6.09)
 
 

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