Gschichtle von früher
Nein,
wie kommt eine Geige überhaupt in den Eichwald?
Ganz einfach, wenn man die
"Geschichte" dieser ominösen Violine kennt.
Am Morgen nach meiner Schulentlassung musste
ich nach Meersburg fahren zur Aufnahmeprüfung, zu Beginn des neuen
Schuljahres dann nach Waldkirch (Außenstelle Meersburg), wo das "lockere,
lustige" Internatsleben begann. So jedenfalls in Filmen dargestellt.
Internat in Meersburg
Hubert im Internat
In der allerersten Musikstunde der erste Schock: "Ihr braucht alle eine Geige, und zwar sofort!" Ich schrieb einen Brief nach Hause (kein Telefon oder gar E-Mail) mit der Bitte, mir eine Geige zu besorgen. Für meine Eltern gleichermaßen ein Schock, eine Geige !?, jetzt sofort, woher nehmen, von Geld ganz zu schweigen.
Da war guter Rat teuer für den Ganter Hans.
Die Rettung war Herr Glaser, war er es doch, der mich auf diese Schule schickte, er war also der eigentlich "Schuldige" an dieser misslichen Lage. Er fuhr gleich nach Karlsruhe und besorgte mir eine Geige.
Geigenorganisator Glaser
Neben dem allgemeinen Musikunterricht gab
es extra Unterrichtstunden in kleinen Gruppen, die Geschichte des Geigenbaus
in allen Einzelheiten, Theorie, nichts als Theorie, wozu "Sofort!! "eine
Geige? Es war wiederum mein Lehrer Glaser, der mir in den Weihnachtsferien
die ersten Kenntnisse beibrachte.
In Meersburg handelte ich mir die einzige
Note 5 ein, die ich jemals bekommen habe. Natürlich im Fach Violine.
Ich habe zwar über die Musiklehrerin geschimpft, aber diese Bewertung
meiner "Leistung" war mehr als gerecht. Dass ich mich auch noch mit Klavierspielen
herumplagen musste, sei am Rande erwähnt.
Hubert am "geliebten" Klavier
Hubert am Beginn einer großen Kariere ?????????
Die Schule als solche war, was Förderung und Forderung angeht, zu loben, aber von Abwählen oder Auswählen von Fächern war keine Rede. Welches Fach ich wohl abgewählt hätte - evtl. Violine??
Glücklicher Blick am Ende der Internatszeit - endlich kam das
Ende "der Geigerei" !
Nachdem die gute, alte Geige einige Jahre
im Schrank verbracht hatte und gut abgelagert war, setzte ich ein Inserat
in die Zeitung, um meinen "treuen Begleiter" durch den Musikunterricht
zu verkaufen.
Es meldete sich umgehend ein Herr Döbler
aus Sasbach. Er kam mit seiner Frau zu uns nach Eisental und war mit dem
guten Stück - er als Kenner - sehr zufrieden und nahm die Geige gleich
mit.
Sie war gedacht für den jüngsten
seiner vier Söhne, die allesamt ein Instrument spielten. Zusammen
mit den musizierenden Eltern waren sie ein "starkes Team" und meine recht
ungeliebte Geige erlebte plötzlich einen so märchenhaften Aufstieg,
dass ich, wenn auch nur in ganz kleinen Ausschnitten, davon berichten will.
Der vollständige Erlebnisbericht, geschrieben
von den vier Söhnen, ist erschienen im Jahresbericht "Der Sasbacher
1979" der Heimschule Lender in Sasbach.
Im Folgenden möchte ich Euch ein Märchen
aus 1000 und einer Nacht erzählen, nein!, es scheint nur so, es ist
ein echter Erlebnisbericht, klingt aber in unseren Ohren wie ein Märchen.
Ich habe den mir vorliegenden Bericht sehr
stark gekürzt und nur einige Passagen ausgewählt.
Traumreise in die Vereinigten
Arabischen Emirate
22.Juli 1977
Als Eintags-Touristen sind wir in Höchenschwand.
Vor uns landet ein Hubschrauber, mit üblichem Zeremoniell wird ein
arabischer Sheikhs empfangen. Ein Sasbacher, den wir nur flüchtig
kennen, Wirtschaftsattache´ bei der Deutschen Botschaft in Abu Dhabi,
jetzt als Dolmetscher tätig.
Spontane Einladung, eine Tischmusik zu spielen,
alpenländische Weisen mit Hackbrett !!!,Zither, zwei Violinen (Huberts
Geige aus dem Eichwald), Gitarre, Cello und Querflöte.
Sheikh Suroor war hell begeistert!
"Ich lade die musizierende Familie ein zu
mir nach Abu Dhabi" und ließ sich unsere Zusage per Handschlag bekräftigen.
2.Dezember 1977
Einladung zum Empfang in der Botschaft der
Vereinigten Arabischen Emirate in Bonn.
Anfang März 1978
Anruf aus der Botschaft der V.A.E. in Bonn,
unsere Reise rückt näher.
"Bei uns liegt ein Telex von Seiner Hoheit
Sheikh Zayed, dem Präsidenten der V.A.E. vor - mit der Einladung der
Eltern Döbler mit Söhnen Walter, Martin, Paul, Rudi nach Abu
Dhabi. Bitte holen Sie Ihre Visa und Flugtickets ab."
21.März 1978
Flughafen Frankfurt. Telex der Botschaft
"Wir reisen als Staatsgäste und dürfen unsere Instrumente mit
in das Flugzeug nehmen". Die Boing 707 rollt zur Startbahn und startet
unvermittelt.
Hervorragender Service, Besichtigung des
Cockpits durch die Buben, bewusstes Abweichen vom Kurs, Automatik korrigiert
sofort und weitere technische Einzelheiten werden erklärt.
Nach Landung in Abu Dhabi Empfang durch
Herrn Lang (Sasbacher) und Transfer mit botschaftseigenem VW-Bus, begleitet
durch Regierungslimousine. Der Konvoi hält in der Einfahrtshalle des
First-class-Hotels Hilton von Abu Dhabi. Wir beziehen eine 3-Zimmer-Suite
und haben als "Staatsgäste" natürlich einen Wachsoldaten vor
der Zimmertüre.
22.März 1978
Besichtigung der Umgebung, unglaublich viele
Eindrücke, fürstliches Frühstück, beste Bedienung durch
indische Kellner, kilometerlanger Sandstrand für uns ganz alleine,
Rundfahrt mit Familie Lang durch Abu Dhabi, was noch vor 15 Jahren ein
Fischerdorf war. In der Werft werden noch heute Dows in Handarbeit gebaut.
23.März 1978
Fahrt mitten durch die Wüste zum 200
km entfernten Dubai, einer ultramodernen Stadt. Unser Interesse aber gilt
der Altstadt. Bazar, Hafen mit malerischen Dows, buntes, hektisches Treiben
usw.
"Ein Hauch O r i e n t umfängt
uns !
Vorbei am Palast des Herrschers von Sharjah,
dem dritten Emirat, wieder 120km durch die Wüste nach Ras-al-Khaimah.
Ali Salman begrüßt uns auf deutsch: "Willkommen meine Gäste,
ich habe geschlachtet
für Sie zwei B o c k e n!"
Im nächtlichen romantischen Park beim
Gästehaus erklingt wieder eine "bayerische, alpenländische Hausmusik"
24.März 1978
Nach der Besichtigung der heißen Quellen
in Chad, Empfang beim Bruder des Sheikhs. Er ist im Festtagsornat und hat
etwa 10 Männer des Dorfes (keine Bediensteten) und seine 2 Söhne
um sich versammelt.
Ein alter Dolchträger (Krummdolch)
begleitet uns zu einer Beduinen-Hochzeit.
Die Männer feiern getrennt von den
Frauen, die Frauen fragen uns nach Kindern, nach der Schule usw. und wir
erfahren, dass die Braut 15 Jahre alt ist.(Dolmetscherin Frau Lang).
Draußen dröhnen die Trommeln,
15 Tänzer tanzen unentwegt, alle 15 Minuten werden 6 von ihnen ausgewechselt.
25.März 1978
Offizielle Audienz bei Sheikh Suroor. Mit
Diplomatenausweis lassen uns die Royal Guards ungehindert passieren. Wir
werden im Empfangssalon erwartet und Seine Hoheit erkennt uns sofort und
fragt nach unseren Eindrücken.
Mit meiner sehr gekürzten Darstellung
lässt sich dieses Erlebnis nicht darstellen, es möge sich jeder
Leser in diese Lage versetzen.
Unser Gastgeschenk ist ein Bild von Sasbach
und eine Schallplatte der Heimschule Lender.
Ostersonntag, 26.März 1978
Father Daniel, ein italienischer Pater,
betreut die einzige katholische Kirche im Emirat Abu Dhabi. Er lädt
uns ein, den Ostergottesdienst musikalisch zu gestalten. Die Ergriffenheit
der Gemeinde und der persönliche Dank des Bischofs beeindrucken uns
sehr. Einladung zum Weißen Sonntag:" I am very happy, you must come
again: Easter, Summer, Christmas -always!"
Nächster Höhepunkt: Fahrt zum
Geburtsort des Herrschers von Abu Dhabi, seine Hoheit Sheikh Zayed.
Schnurgerade Strasse durch die Wüste,
junge Pflanzungen säumen den Weg, das Wasser kommt aus Entsalzungsanlagen,
jede einzelne Pflanze ist an das System angeschlossen usw. Zwischendurch
neuerbaute Beduinensiedlungen einschließlich Shops und Moscheen.
Wir nähern uns Al Ain, die Mittelstreifenbepflanzung
wird üppiger (Oleander,Palmen), hier gibt es Wasser. Die nun folgenden
Eindrücke vom pulsierenden Leben in der großen Oase werden im
Bericht in etwa beschrieben, lassen sich aber durch mich nicht wiedergeben.
Ostermontag, 27.März 1978
Wir besuchen den von Sheikh Zayed für
die Bevölkerung angelegten Zoo, ein interessantes Museum, Ausgrabungsobjekte
aus der Zeit 3000 v.Chr. und auch den Kamelmarkt, wo Kamele im Wert von
10 000 bis 25 000 Mark gehandelt werden.
28.März 1978
Stadtrundfahrt. Im Post-Office sitzen etwa
30 Männer auf wackeligen Hockern und schreiben für Schreibunkundige
Anträge, Briefe u.a. an Behörden und nach Hause. Beruf: "Typist".
Wir durchstreifen den Suq und sehen alles nur Erdenkliche. Ein Goldschmied
bearbeitet hochwertigen Schmuck und sitzt dabei unter dem Ladentisch.
29.März 1978
Abendliche Party mit "alpenländischer
Musik". Eine internationale Gästeschar ist hell begeistert, es sind
Araber in Originalkleidung,Engländer,Rhodesier,Jordanier,Amerikaner,Syrer,ein
Pole, Deutsche. Da auch ein arabischer Staatsminister anwesend ist, erklingt
zum offiziellen Abschluss die arabische Nationalhymne, gespielt auf alpenländische
Art, was wohl für die Gäste ein einmaliges Erlebnis war, wenn
man sich dabei u.a. ein "Hackbrett" als außergewöhnliches Instrument
vorstellt.
30.und 31.März 1978
Wir erleben den ersten Sandsturm, ein Naturschauspiel.
Dennoch schaffen wir es, einen Fischmarkt mit all seinen Gerüchen,
Angeboten und Facetten hautnah zu erleben. Im anschließenden Obst-Suq
ein riesiges Angebot, alles Importware! Im Park für Citybewohner ein
saftig grüner Rasen. Araber, Inder, Pakistani und Deutsche ruhen sich
a u f dem Rasen aus. Kein deutsches Schild: "Verboten!!"
1.April 1978
Feierstunde, Höhepunkt die Verleihung
des Bundesverdienstkreuzes an den Wirtschaftsattaché, Herrn Hubert
Lang, von uns musikalisch mitgestaltet. Und wieder die arabische und die
deutsche Nationalhymne auf "bayerische" Art.
2.April 1978
Ziel ist die neue "German School of Abu
Dhabi". Als wir deutsche Volkslieder anstimmen singen die Schüler
aus voller Kehle mit.
Anschließend ein Besuch in der Amerikanischen
Schule von Abu Dhabi. Die Schüler werden mucksmäuschenstill und
sind begeistert, der Schulleiter weist auf die außergewöhnlichen
Instrumente hin und sagt über das "Hackbrett: "An instrument, I cannot
identify!"
Zurück zum "Hilton", dort erwarten
uns zwei Reporter der ARABIC NEWS und wollen ein Interview.
3.April 1978
Erkundungen über Erdölbohrungen,
Führung durch einen Geologen, weiteres Interview für eine englische
Zeitung, abenteuerliche Wüstenfahrt im Range Rover, "Holzsuchen"(dürre
Dornbüsche)für den Grill(Mulde im Sand), im Sandgrill Spieße
mit Lammfleisch, Englisch, Deutsch, Arabisch beherrschen die stimmungsvolle
Runde.
4.April 1978
Letzter Tag in Abu Dhabi, Empfang im Manhal-Palast
des Sheikhs Suroor durch Daud Sick-sick, Abschiedsgeschenk: wir vier Brüder
erhalten zum Zeichen der Freundschaft von Sheikh Suroor zusätzlich
ein original arabisches Gewand mit der Bedingung, es bei der nächsten
Begegnung in Deutschland zu tragen.
Am Nachmittag eine Fahrt mit einer alten,
originalen Dow, Besuch in der "Villa Lang" am Meer, Baden im Meer und halten
Rückschau auf die vergangenen 15 Tage in einer anderen Welt.
5.April 1978
4.30 Uhr: "Good morning, you wanted to be
awaked!"
In Achern -10 C, 25 Grad Unterschied machen
sich bemerkbar!
Eine Traumfahrt hat ihr Ende gefunden, aber
die Erinnerung lebt weiter!
"G o t t ist der Größte,
G o t t ist L i e b e", sagte ein Beduine.
Gebrüder Döbler:Rudi, Paul, Martin und Walter