Gschichtle von früher
"Gedankensplitter"
Kindheitserinnerungen von
Hubert Ganter
Teil 1
(4.4.09)
Wer kennt nicht dieses Volkslied und wie
wahr sind diese Zeilen. Gedanken beschäftigen uns ununterbrochen und
sich konzentrieren heißt im Grunde nichts anderes, als sich ständig
darum zu bemühen, die Gedanken durch eine Art Filter zu schicken um
sie, wie ein Polarisationsfilter beim Licht, zu kanalisieren und nicht
über die Ufer treten zu lassen. Wenn man in einem Moment an die eine
Sache denkt, ist man in Millisekunden beim Sonnenbaden im Urlaub, bei einer
Szene eines Filmes, beim Kirschenklauen, man kommt gerade erlöst aus
dem Beichtstuhl oder man denkt an ........
Alles scheinbar wirr, aber es liegt an uns,
daraus etwas Reales und auch Nützliches zu machen.
Ich bin in der glücklichen Lage, nicht
arbeiten zu müssen, unendlich viel Zeit zu haben und ich besitze offenbar
einen Schlüssel, diese Filteranlage gegen die unendliche Gedankenflut
so einstellen zu können, dass nur noch das passieren kann, was den
Eichwald betrifft. Und so fallen mir anscheinend längst vergessene
Dinge über den Eichwald ein, und wer Lust und Laune hat, darf sich
mit mir auf eine kleine Reise zurück in die Zukunft begeben. Und zugleich
finde ich Zusammenhänge mit heute und komme zu dem Schluss:
bei diesem Gschichtle handelt es sich ganz klassisch um
ein g e o r d n e t e s C h a o s !
Jetzt geht`los!
Zuerst ein "Ärgernis"
Geärgert haben wir Buben uns über
das Dach des Hauses Weck, befand es sich doch genau gegenüber unserem
"Kinderzimmer" und noch auf gleicher Höhe.
Warum?
Das Haus, das Reinhard Weck 1910 gebaut
hatte, war deutlich aufwändiger, teurer und größer als
die anderen Häuser. Das war nicht das Problem, aber er hatte besonders
viel Geld in die Ziegel investiert und die waren zu unserem Leidwesen glasiert
und dermaßen glatt, dass sich der Schnee nur ein paar Stunden halten
konnte, bevor er in kleinen Lawinen herunterkam. Kaum freuten wir uns über
die weißen Dächer, da sahen wir schon wieder r o t . Vielleicht
ergibt sich mal die Gelegenheit dieses Phänomen zu beobachten.
Der Schnee rutscht noch heute !
(Anmerkung des Webmasters: Unser Haus wird nächstes Jahr 100 Jahre
alt. Das muss natürlich gefeiert werden !!
Und das Tollste: unsere Ziegel sind immer noch die Ziegel von 1910
- und deshalb rutscht der Schnee immer noch sehr schnell herunter.)
Vom gepflasterten Hof bei Wecks, ein Vorteil
für Karin beim Hoffegen, habe ich schon berichtet. Aber noch nicht
von dem großen Loch im Verputz unter dem Fenster mit Rundbogen. Wir
"starken" Buben haben uns einen Spaß daraus gemacht Karin zu drohen,
an dieser Stelle anzusetzen und das Haus vollends umzuwerfen. Es hat geklappt!
(nicht das Umwerfen).
Hier erkennt man zwischen den Kinderbeinen
die schadhafte Putzstelle - Karin direkt vor Hubert (er sitzt ganz
rechts)
Das Pfarrhaus, die zu Stein gewordene Kälte,
gab immer wieder Anlass zu Diskussionen. Zum einen gehört das Pfarrhaus
zur Kirche in Neusatz oder die Neusatzer Kirche zum Pfarrhaus. Der dazugehörige
Holzschopf, im selben Stil gebaut wie das Haus, hat uns Buben schon veranlasst
zu fragen, wozu man so viel Geld investiert in einen Holzschopf. Kein Häuslebauer
konnte sich so fein behauene Granitsteine leisten.
Schopf mit Granitmauern und "die zu Stein gewordene Kälte - das
Pfarrhaus"
Das Haus Fellmoser war für uns Buben,
aber auch noch als Heranwachsende, so modern gebaut (1939 ), dass wir immer
wieder Vergleiche mit anderen Häusern anstellten.
So denke ich z.B. an: Keine Türklinke!
Nur ein Knopf zum Drehen, innen ein Glasabschluss, auch die obere Wohnung
mit Glasabschluss, Zugtreppe zum Speicher, ein Wintergarten!! darüber
eine Terrasse, sage und schreibe eine Zentralheizung und der Gipfel: eine
Garage!
Rechts unten am Neusträssel die Garage
Für uns zuerst einmal eine sehr breite
Kellertüre und wir meinten, da könnte man direkt ein Auto reinstellen.
Klar, bis man mir sagte: "Das ist eine richtige Garage!.
Noch ein kleines Schuldbekenntnis:
Als wie bei Schmidtpeters Teer organisierten,
um unsere Pistolen und Gewehre möglichst echt aussehen zu lassen,
habe ich, ich weiß es noch ganz genau, am rechten Granitpfeiler vor
dem Eingang ein kleines Kreuz aus Teer angebracht. Sollten sich dort nach
weit über 6o!! Jahren noch irgendwelche Spuren finden, so bitte ich
nachträglich um Entschuldigung und ich bitte um Busse und Lossprechung,
Danke !
Anna Ganz hält sich am rechten Pfosten fest !
Anmerkung: Ich habe (leider !!) keine Spuren mehr gefunden !!!!!!!!!
Von Pfeffingers Haus weiß ich nichts
Besonderes, dafür aber von einem mir unheimlichen Raum im Keller,
nämlich der Wurstküche.
Gelegentlich ging ich mit Dieter die Kellertreppe
hinunter. Ich habe mich vorsichtig umgesehen und mir vorgestellt, dass
hier die Schweine geschlachtet werden. Das war nicht meine Sache. Ich erinnere
in diesem Zusammenhang an den "priesterlichen Beistand" beim Schlachten
und ich bin nicht anders als mein Vater es war. Wenn die Schweine auf der
Strasse abgeladen und den Hof hinunter getrieben wurden, hörte man
noch eine ganze Weile das Gequietsche, bis es plötzlich ganz still
war.
Interessant war auch die Bieranlieferung.
Der Fahrer legte ein großes Kissen aus dickem Leder auf die Strasse
und ließ die Fässer, eines nach dem anderen, darauf fallen,
um sie dann den Hof hinunter zu rollen. Kein Vergleich mit dem Abladen
der Schweine!
Das Schwesternhaus war auch ein Wohnhaus
für Lehrer. So wohnte Herr Glaser im Dachgeschoss mit freiem Blick
auf das Neusträssel und damit auch zum schon mehrfach genannten Schlittenbuckel.
Ob wir bis spät abends bei Mondschein noch Ski gefahren sind, ob mit
Schlitten unterwegs oder ob ich im Sommer im Schwesternhof mit meinem Fahrrad
endlose Runden gedreht habe, ich musste immer damit rechnen, dass Herr
Glaser, dem ich viel zu verdanken habe, mich am nächsten Morgen vor
der Klasse rügte und meinte: "Geh`lieber nach Hause und lese oder
lerne etwas oder schreibe etwas, aber nicht.......!"
Lehrer Glaser
"Lieber Herr Glaser, ich bin jetzt abends
zu Hause, nein, sogar schon morgens, und dass ich gelegentlich sogar etwas
schreibe kann jeder sehen!"
Neben der Betreuung des Kindergartens kümmerten
sich die Barmherzigen Schwestern auch um die Kranken und machten Krankenbesuche.
Es gab einen Krankenverein und die Schwestern versorgten vor allem unsere
aufgestürzten Knien und Ellenbogen und waren rundum die erste Anlaufstelle,
wenn es um unser Wohlbefinden ging. Dass ich mich dabei auch noch an die
sehr strenge Krankenschwester (wurden auch mal wegen unserer Unvernunft
ausgeschimpft) und an die berühmte Wundsalbe (Ichtolan) erinnere sei
nebenbei gesagt. Vor einigen Jahren verlangte ich in der International-Apotheke
in Karlsruhe - mangels genauer Kenntnis des Namens - so eine schwarze Salbe,
genannt auch Zugsalbe! Man verkaufte mir so was Modernes, aber die "Richtige
"schwarze Salbe, wie früher auf meinen Knien, war nicht zu haben.
Schade.
Fortsetzung folgt !
Vielen Dank an Hubert !