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Gschichtle von früher



Gschichtle 77:
Was war ein Fotograf früher?
von Hubert Ganter
(14.2.09)



Johann Ganter in der Mitte, rechts seine Frau Frieda um 1930 vor dem neuen Foto - Geschäft im Eichwald

Was war ein Fotograf früher?
Ein Handwerker, ein Lichtbildner, ein Gestalter, ein Fotokünstler?
Darauf gibt es eine ganz einfache und klare Antwort: er war alles zusammen in einer Person.

Aus Ganters Studio: Bilder von Hubert


Albert Schneble und links neben ihm Egon Ganz in Ganters Studio

Wenn man den Begriff Handwerk wörtlich nimmt, dann war der Fotograf ein Handwerker im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Werk
entstand durch die Arbeit seiner Hände in den verschiedensten Arbeitsschritten, auf die ich noch kurz eingehen werde. Dass er einen ausgeprägten Sinn für Formen, Gestaltung usw. haben musste - ist selbstverständlich. Auf der Eichwaldseite erschienen schon sehr viele "Werke" meines Vaters, anhand derer man ohne Weiteres nachvollziehen kann, dass er stets um neue Formen und Gestaltungsmöglichkeiten bestrebt war.
Etwas vorweg, was in der zeitlichen Abfolge am Ende erscheinen sollte.
Er war der erste und einzige Fotograf weit und breit, der sich mit der aufkommenden Farbfotografie beschäftigte, viel Zeit und Geld investierte, bis schließlich die großen Labore diese neue Sparte besser und vor allem billiger bedienen konnten.
Die Überschrift hätte demnach auch lauten können:
"Vom Handwerksbetrieb Fotogeschäft zur gelegentlichen Besorgung bei Schlecker (o.a.) - ein sehr weiter Weg".

Aufnahmen im Fotoatelier
entsprechende Beleuchtung mit sehr starken Glühbirnen ( 5oo und 1000 Watt!) und auch Tageslicht
obligatorisches schwarzes Tuch über der grossen Kamera, Bild erscheint auf dem Kopf stehend
Entwicklung der Fotoplatten
Trocknen und Kopieren mit dem Kopierapparat
Vergrösserungen mit dem Vergrösserungsapparat
Entwicklung des belichteten Fotopapiers in Schalen mit Entwickler
ständiges Bewegen und anschliessendes Fixieren
dann gründliches Wässern mit ständiger Bewegung
Trocknen der Papierbilder auf mit Tuch bespannten Gestellen
jedes einzelne Foto mit Schwämmchen vortrocknen
alternativ Hochglanzfotos,Auflegen auf beschichtete Metallplatte
Trocknen in der Hochglanzmaschine
Ränder glatt oder mit Büttenrand mit Maschine schneiden
Fertige Fotos sortieren, eintüten, mit Namen beschriften
im Laden einsortieren bis der Kunde kommt.
Von A bis Z eine sehr aufwändige Handarbeit.


Johann Ganter in den 40ern im Labor am Vergrößerungsapparat

Eine Fotokopie?
Es gibt nichts Einfacheres, man muss nur die Stückzahl eingeben oder evtl. den automatischen Einzug benutzen. Fertig!
Den Begriff Fotokopie kann man auch ganz wörtlich nehmen, und eine solche Kopie wurde allenfalls bei einem Zeugnis, einer wichtigen Urkunde ö.ä. gewünscht und war nur sehr aufwändig anzufertigen. Das Original wurde fotografiert, von der Fotoplatte wurden, wie schon oben beschrieben, Kopien gefertigt und die weiteren Arbeitsschritte kennt ihr bereits.
Bevor man überhaupt an die Möglichkeit der Farbfotografie auch nur denken konnte war man doch schon bestrebt, farbige Fotos zu haben. Das war, natürlich nur bei großflächigen Studio-Aufnahmen, möglich, indem man die Fotos einfach einfärbte.

Eingefärbt !

Das war eine diffizile Angelegenheit, sehr zeitaufwändig und ich erinnere mich noch genau an die Unzahl von Farbfläschchen und Wattebäusche, die zur Arbeit nötig waren.
Darüber hinaus ließ es sich mein Vater auch nicht nehmen die Fotos selbst zu rahmen und sie so zu richtigen Bildern zu machen. Das war ebenfalls eine rein handwerkliche Tätigkeit und erforderte ein Lager an vorzeigbaren Rahmenleisten.

"Endprodukte" in Ganters Schaufenster

Es gab auch schon eine exakt arbeitende Gehrungssäge. Ich darf nur meinen Finger mit der deutlichen Narbe ansehen, um mich an die ersten Versuche mit dieser Säge zu erinnern. Dazu kam das Glasschneiden und das staubdichte Verkleben der Rückseite. Zum Zusammenfügen der Rahmen und Anbringen der Aufhänger gab es einen besonderen kleinen Hammer, am Ende abgeschrägt und mit einem Magneten. Dieser Hammer und eine spezielle Haarschere aus seiner Zeit als Friseur waren für uns tabu. Nichts mit Spielen - aber ich habe mir ein solches Hämmerchen zugelegt, und der Zufall will es, gerade jetzt brauche ich es dringend.


Ohne Kamera (ob Film oder Foto) nie unterwegs !

Eine weitere Kunstfertigkeit bestand darin, Fotomontagen anzufertigen. Das erinnert an traurige Schicksale in der Kriegs-und Nachkriegszeit. Oft kamen Kunden mit der Bitte, das Foto ihres gefallenen Sohnes oder Ehemannes nachträglich in eine Familienfoto einzufügen. Was heute mit Hilfe eines Computers ein Klacks ist, war damals mit einem riesengroßen Aufwand verbunden. Das vorhandene Foto des Sohnes musste in passender Grösse angefertigt werden. Es wurde in mehreren Arbeitschritten (fotografieren, ausschneiden, retuschieren, nochmals fotografieren) in ein nun "vollständiges" Familienfoto eingefügt.
Unsere Kunden kamen oft von weit her und Foto-Ganter war für viele ein Begriff. Neben sehr treuen und guten Kunden wie z.B. Pfarrer Schneble, Bürgermeister Gerhard Fritz u.v.a. erinnere ich mich noch gut an einen Herrn Adenauer. Wenn der Bundeskanzler Konrad Adenauer auf der Bühlerhöhe zu Gast war, kam sein Sohn immer wieder einmal in unser Geschäft.

Konrad Adenauer auf der Bühlerhöhe - im Bild hinten links - Hubert Ganter

Eine "Geschichte" über die Wasserversorgung im Eichwald kann ich mir nicht verkneifen!
Wie komme ich gerade jetzt auf ein solches Thema??
Ich glaube nicht, dass sich der eine oder andere betagte Untertäler daran erinnern wird. Warum auch, war er doch auch gar nicht betroffen!
Wie oben beschrieben waren wir in der Dunkelkammer, sprich Labor, sehr auf Wasser, auf "fließendes"!! Wasser angewiesen.

Besonders das Wässerungsgeräte, schon ein gewisser Fortschritt, funktionierte nur mit einem gewissen Wasserdruck. Damit die Fotos nicht zusammenkleben mussten sie ständig in Bewegung sein. Ohne Wasserdruck könnte man von Hand nachhelfen, aber ganz OHNE Wasser, das bedeutet keine Fotos, schwarze Fotos oder bereits "eingeklebte " Fotos - weniger Arbeit mit dem Album!
Während wir überhaupt KEIN Wasser hatten, feierte man im Untertal fröhliche Urständ.
Man konnte die Erdbeerfelder nicht genug bewässern, waren sie doch damals ein gute Einnahmequelle. Vielleicht hatte der eine oder andere auch schon einen schönen Rasen angelegt. Spielt auch keine Rolle.
Meine Mutter und wir Buben mussten mit Eimern in den Keller des Schwesternhauses (Volksbad) gehen und schleunigst größere Mengen Wasser holen, damit die bereits entwickelten Abzüge nicht zum Abfall geworfen werden mussten.
Einfache Lösung des Problems zu einem späteren Zeitpunkt:
W a s s e r u h r e n !
Und siehe da: Das Wasser reichte auch für den Eichwald.

siehe u.a. auch Gschichtle 10: "Der Friseur griff einst zur Kamera"



Gschichtle 78:
"Weisheiten und Redensarten"
Gedanken und Erinnerungen von Hubert Ganter (28.2.09)
 

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