Gschichtle von früher
Punkt: Haus Welle
Schreinermeister Welle ging täglich
von seinem Wohnhaus (Nähe Rathaus) zu Fuß bis zum Sickenwald,
wo sich seine Schreinerwerkstatt befand. Als Eichwälder könnt
ihr euch diese Strecke gut vorstellen. Aber: Man sah ihn nicht nur morgens,
nein, auch über Mittag nahm er diese Mühe auf sich und brachte
es so im Laufe der Woche auf eine ansehnliche Zahl von Kilometern. Wem
es Spaß macht soll mal anfangen zu rechnen - bitte den Samstag Vormittag
nicht vergessen!
Über das Wiedenbachtal zum Sickenwald
Im Hof gegenüber dem mehrfach erwähnten "Strick-Beck" befand sich das Sägewerk der Familie Baumann vom Untertal. Wir sagten einfach s ´Bauseppe. Ihr Haus war gegenüber der "Laube". War diese Strecke, die täglich gemeistert werden musste, nun länger oder gleich lang wie die vom Rathaus bis zum Sickenwald? Wenn ich einen genauen Ortsplan hätte würde ich das jedenfalls "ausmessen".
Sägewerk Baumann
Vor dem Sägewerk Baumann in den 30ern (Vierter Mann von rechts:
Adolf Baumann. Er besaß das Sägerwerk mit seinem Bruder Josef
(Baugasse gegenüber der Laube) und seinem Cousin Otto (Hirschbach).
Dilgers von der Schönbüch hatten
schwere, kräftige Kaltblutpferde und marschierten täglich mit
diesem Gespann an unserem Haus vorbei auf dem Weg zur Arbeit irgendwo auf
der "Höhe", um Baumstämme zu rücken, d.h.aus dem Wald heraus
zu den Holzabfuhrwegen zu ziehen. Man stelle sich einmal den Weg zur Arbeit
vor, dann die schwere Arbeit als solche, und abends müde wieder nach
Hause - und am nächsten Morgen alles von vorn.
Holzfuhrwerk auf der Sandstraße
Arbeitsplätze im Bühlertal?
Da gab es wenig Auswahl. Arbeit gab es als
Holzhauer, auf der Sägemühle, als "Sträßler" vorwiegend
im Schwarzwald, wobei die Arbeiter die ganze Woche über von zu Hause
weg waren und in Hütten oder Baracken wohnten. Die wenigen Handwerksbetriebe
waren Familienunternehmen und boten so gut wie keine Arbeitsplätze.
Sträßler - aus einem privaten Eichwald - Fotoalbum
Kurz vom Thema ab zu "Hütten".
Der Egners Franz (Vater von Willi und Hubert)
hatte auf der Wiese neben seinem Haus eine solche Hütte stehen. Unser
Traum, einmal in einer solchen Hütte zu übernachten, wurde natürlich
Wirklichkeit, was wir Buben unbedingt wollten haben wir auch erreicht.
Die größte Attraktion dabei aber war eine Armbanduhr mit Leuchtziffern.
Das war ein tolles Erlebnis.
Der Egner Franz
Sehr viele Bühlertäler Männer waren als Holzhauer beschäftigt, insbesondere auch im Schifferwald (siehe Anm.)
Während sich der Mann schon sehr früh
morgens auf den weiten Weg zum Schifferwald machte, trug ihm seine Frau
gegen Mittag das Essen an seine Arbeitsstelle nach! Ich weiß nicht,
wie oft ich mich schon als Bub gefragt habe, warum der Mann nicht gleich
das Essen mitnimmt, um es dort an einem Feuer zu wärmen. Wie kann
man nur zu zweit diesen Weg gehen.!! Ich zweifle noch heute am gesunden
Menschenverstand, obwohl ich den Beweggrund kenne: So konnte die Frau auf
dem Heimweg ein Bündel Holz mitnehmen!!
"Habe ich jetzt gerade den Thermostat auf
3 gestellt oder sollte ich ihn vielleicht auf 4 stellen?"
Wie sich die Zeiten ändern.
Gertelbach
Im Hotel "Gertelbach" war ein junger Kerl "angestellt", er war ein paar Jahre älter als ich und wir nannten ihn einfach den "Gertelbacher". Angestellt heißt aber nicht, dass er ein Angestellter war, er lebte in einer kleinen Dachschräge, meines Wissens schlief er auf einer "Strohmatratze", hatte einen Tisch und einen Stuhl und evt. einen Schrank, aber sicher keinen eingebauten Wandschrank für seine "Garderobe". Er war für alle einfachen Hilfstätigkeiten im Hotel zuständig und sein besonderes Aufgabengebiet war das Einkaufen und alle Besorgungen im "Dal". Sein Fahrzeug war ein Leiterwagen, mit dem er streckenweise fahren konnte. Dafür war die Strecke vom "Waldeck" bis zum Eichwald bestens geeignet und er beherrschte seinen fahrbaren Untersatz perfekt. Ab Eichwald ging es dann ein Stück weit zu Fuß weiter. Den vollbeladenen Wagen musste er dann bis zur Gertelbach ziehen. Allein schon die Steigung in der Wiedenbach lässt erahnen, was er leisten musste.
Eingang zum Gertelbachtal. Ob das wohl der Leiterwagen des "Gertelbachers"
war ???
Uns Buben ging es damals nicht besonders gut (siehe frühere Erzählungen), aber wir fühlten uns im Vergleich mit dem "Gertelbacher", der ab und zu bei uns war, doch sehr bevorzugt. Es ist eben alles relativ, es kommt immer darauf an, von welcher Seite man etwas sieht.
Ein Mann aus der Hundsbach, nein, noch weiter,
aus dem Ortsteil Viehläger, marschierte wöchentlich mit einem
Rucksack ins Bühlertal, natürlich durch den Eichwald, um einzukaufen.
Mit dem voll bepackten Rucksack wieder in die Hundsbach ersetzte mit Sicherheit
ein paar Übungen im Fitness-Studio!
Ein anderer, wohnhaft beim Hotel "Plättig",
nahm oft den Weg über die Kohlbergwiese, den Henker, den Briefträgerweg,
den Längenberg, um über den Sandbuckel ins Tal zu kommen um einzukaufen.
Plättig-Hotel
Am Ende des Briefträgerweges - Blick zum Hof und Schindelpeter
Was ich hier beschrieben habe sind zwar mir bekannte "Einzelfälle", aber doch typisch für die "gute, alte Zeit"! Kein Arbeitgeber wollte jemals wissen, wie seine Leute zur Arbeitsstelle kommen und kein Supermarkt war in der Nähe, in dem man noch am Samstag Abend so gegen 22 Uhr einkaufen könnte, falls man Lust auf einen kleinen Spaziergang hätte.
Anm.: Schifferwald, im Besitz der Murgschifferschaft,
Organisation seit 1488! Erlässt strenge Vorschriften über den
Handel mit gesägtem Holz. Wo? Schwarzenbach rechter Hand Richtung
Hundsbach (Aschenplatz).
Über die Entfernungen vom Bahnhof aus,
gab dieses Schild Auskunft
Bei der 700 Jahr - Feier von Bühlertal (2001) wurden beim Festumzug an viele "alte Berufe" erinnert:
Holztransport mit Hornschlitten
Sträßler im Einsatz
Das Sträßler-Team im Bauhof vor dem Umzug
Vielen Dank an Hubert !