Gschichtle von früher
Zurück zum Eichwald.
Kaplan Duffner und Albert Schneble
Kaplan Duffner, unser nächster Nachbar,
stammte aus dem hinteren Elztal
und seine Verwandten hatten eine kleine
Fabrik, in der Wolle aus Lumpen und auch Matratzen hergestellt wurden.
Die Wolle war grau, so kratzig und "bissig", dass man das nicht aushalten
konnte. Daraus Socken stricken, ja selbstverständlich, aber was im
Winter, wenn man keine langen Hosen hat? Also gab es notgedrungen auch
lange Strümpfe (für mich sehr lange ). Aber wie "befestigen?"
"Gummiringe?", nein, die klemmen, "festtackern"
geht auch nicht. Die
Lösung: ein Leibchen!
Ja, ein richtiges Leibchen (oder wie sagt
man: mit Strapsen!!!) Ein Paar
alte "Seidenstrümpfe" von der Mutter
unter die "Beißstrümpfe" und ab in die Schule.
Ich erinnere mich auch noch sehr genau an
"Fußlappen" als Ersatz für Strümpfe. Ich glaube, sie kamen
besonders im Winter zum Einsatz. Vielleicht habt ihr so etwas
schon einmal in einem Kriegsfilm bei Frontsoldaten
gesehen.
Wolle waschen mit 30 Grad, damit sie nicht
eingeht, das kann jeder!
In der größten Not war meine
Mutter einige Tage bei Verwandten in der
Pforzheimer Gegend, um Bucheckern für
Öl zu suchen!
Ordentlich, wie wir waren, haben wir im Keller
den Waschkessel angeheizt, um die Socken und Strümpfe zu waschen.
Damit sie auch recht sauber werden haben
wir kräftig nachgelegt, bis das Wasser kochte!!
Wie meine Mutter dieses Fiasko nach ihrer
Rückkehr überstanden hat ist
mir auch heute noch rätselhaft.
Schuhe oder was ?
Eines Tages hieß es in der Schule:
"Jeder Schüler bekommt ein Paar
"Holzklepperle!"
Lehrer Glaser führte unsere Klasse
geschlossen ins Untertal zu einem
Schuhgeschäft genau gegenüber
der Bäckerei Lamprecht bei der Kirche. Ich hatte damals Größe
36, wir haben das ja unterwegs genau besprochen.
Schuhkauf im Eichwald:
Zwischen dem Haus Steuerer und dem jetzigen
Parkplatz , oberhalb einer
kleinen Stützmauer, stand früher
eine Steinhauerhütte (kleiner Steinbruch im Wäldchen dahinter)
und zu meiner Zeit war dort eine Wohnbaracke. Diese Wohnbaracke war, nach
einem besonderen Aufruf, unser "Schuhcenter!"
"Hurra, es gibt Schuhe, richtige Schuhe
!"
"Hurra, es gibt Hausschuhe !"
"Hausschuhe?" Noch nie gehört.
Also was gab es schließlich, wenn
man Glück hatte, ein Paar Hausschuhe! Man
hätte mir doch gleich sagen können,
dass ich Schlappen bekomme.
Recherche bei Lothar: gegen Wurst, Fleisch
o.ä. gab es auch richtige Schuhe
zu kaufen.
Strohschuhe waren ein Ausweg, eine gute Sache.
Einige Frauen haben das bis
zur Perfektion gebracht und wirklich schöne
"Schuhe" hergestellt.
Kurzanleitung:
Stroh zu Bändern flechten
über einen Holzleisten spannen
Bahn für Bahn vernähen
Ränder umsäumen
Sohle mit starkem Tuch (auch Leder)versehen
f e r t i g !
Anm.: dass man in die Kirche (Messe ) ging
war selbstverständlich.
Nur Bruno sollte warten, bis mein Vater
von der Kirche kommt, um dann seine
Schuhe anzuziehen. Bruno war zu eifrig und
machte sich schon mal in
Strohschuhen auf den Weg zur Kirche. Er
wurde noch rechtzeitig abgefangen und
heimgeschickt, hat aber sicherlich mit seinem
guten Willen ein paar Punkte auf seinem Himmelskonto gutgemacht.
Stichwort Punkte!
So wie man Lebensmittel auf Märkchen
einkaufen konnte gab es auch Punkte
für den Schuhkauf.
Mit solchen Punkten durfte ich zum ersten
Mal in meinem Leben alleine ein
Paar Schuhe kaufen, und zwar im Schuhgeschäft
Zink (unterhalb).
"Krabbennest" (früher Cafe Huber ).
Ich kaufte sie ganz bewusst viel zu groß,
aber so hatte ich wenigstens für
längere Zeit mal richtige, hohe Schuhe.
Auch in der Schule wurden damals "Punkte
"für die Benotung eingeführt
nach dem französischen Vorbild, was
ich übrigens viel besser finde als die
Benotung von
1 bis 6.
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Kein Spielzeug vom Christkind
Damit auch jüngere Leser diese kleine
Anekdote richtig deuten können vorweg
ein kurzer Rückblick. Ab dem 28.August
1939 bis etwa Oktober 1950 gab es in
Deutschland so genannte Lebensmittelkarten,
die auch, nach besonderen
Aufrufen, für andere Dinge des täglichen
Gebrauchs benutzt wurden. Pro Person 1 Karte, ohne Karte, d.h. ohne das
entsprechende, auszuschneidende "Märkchen" gab es noch weniger als
nichts, nämlich - gar nichts !
Kurzer Auszug:
1945 pro Erw.-- wöchentlich
-125 g Fett/25o g Fleisch/1.7oo g Brot
"Brotkarte"--Märkchen für 10 g
!!! Brot, an Stelle von 10 Märkchen zu je
1o g!! konnte man auch 75 g Mehl nehmen.
Gehopst wie gesprungen!
Milchkarte: Bestellkarte für
1/4 Liter Milch (äußerst exakt entrahmt ) pro Tag-
usw. Könnt ihr euch das überhaupt
vorstellen? Nein!
Zurück zum Christkind, das keine Spielsachen
bringt.
In s´Wecke Schaufenster waren in der
Adventszeit einige Spielsachen
ausgestellt und mein älterer Bruder
Lothar hat sich dort, wie alle anderen
Kinder, tagtäglich die Nase platt gedrückt.
Ein kleines Rennautole war sein Traum.
Als er eines Tages zum Einkaufen geschickt
wurde, kam er freudestrahlend mit dem kleinen Rennwagen nach Hause.
Frau Weck (Oma von Martin)
Sophie Weck
hatte auf seiner Karte den kleinen Abschnitt
für Spielsachen ausgeschnitten, denn sie musste ja ihrerseits für
jeden Gegenstand, den sie abgab, wiederum Rechenschaft ablegen.
Das war eine Katastrophe, Weihnachten und
kein Spielzeug unter dem
Weihnachtsbaum.
Lothar, der mit seinen 78 Jahren sich noch
als Armeeführer ausweisen
kann, berichtet immer wieder ganz genau,
dass ihm s´Wecke Sophie sein "Märkchen" für Spielsachen
ausgeschnitten hat......
Walter, Lothar, Bruno und Hubert Ganter 1941 (von links)
Fritz Plattner-Straße durchgestrichen ! Jetzt hieß es wieder
Eichwaldstraße !
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