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Gschichtle von früher



Gschichtle 62:

"Von nicht lila Kühen und anderen Einsichten"
von Elvira Frey (Elvi)
(1.11.08)



Ein war ein großes Glück für mich, dass meine Großeltern im Besitz eines Bauernhofs waren, wo ich umgeben von vielen Tieren und inmitten der Natur sozusagen wohlbehütet aufwachsen konnte.


Oma Ther, Papa, Oma Mome, Elvi

Obwohl meine Eltern und ich in den ersten Jahren noch nicht bei den Großeltern auf dem Hof wohnten, war ich praktisch jeden Tag dort. Es gab Kühe und Ziegen, Schweine und Hühner, Stallhasen und Katzen, einen Hund und auch etliche Mäuse, was aber völlig normal war und keine größere Besorgnis erregte. Sie fristeten ihr Dasein oben auf dem Speicher oder man traf sie im Heustall oder der Scheune.

Auf dem Hof lebten damals in den 60iger Jahren meine Uroma Theresia genannt „Oma Ther “ meine Oma Lene,
genannt „Mome “, und Opa Waldemar genannt „Waldi “. Mit ihm war es so, dass er mich fast überall hin mit nahm. In erster Linie mussten die Kühe und Ziegen im Stall morgens und abends versorgt werden, wobei ich
versucht habe, meinen  Großvater tatkräftig zu unterstützen.


Elvi beim Melken der Ziege im Stall

Er brachte mir eines Tages bei Ziegen zu melken, was für ein 5 jähriges Mädchen doch recht ungewöhnlich war und meine Mutter mit Stolz erfüllte, als die Großeltern  ihr davon erzählten.

 Elvi , Oma Ther und die wilden Zicklein

Auf wundersame und mir  unerklärliche Weise haben sich die Tiere im Stall auch vermehrt und ich staunte nicht schlecht, als eines Tages 4 kleine Zicklein im Stall herum sprangen, die bei gutem Wetter auch raus ins Freie durften um dort einigen Unfug anstellten. Die Ziegen waren weiß und die Kühe so weiß - braun gescheckt, die Farbe lila wie das Kinder heute im Werbespot eines bekannten Schokoladenherstellers sehen können, kam bei unseren Tieren nicht vor.
Aber es gab auch noch viele andere Sachen die eine Landwirtschaft so mit sich bringt. Da es um das Haus sehr viel „Feld“ gab, hat meine Oma alles angepflanzt an Gemüse, was man sich nur denken kann und es war kaum notwenig einzukaufen. Kraut und Rüben,


       Bei den Stallhasen im Freigehege

in Mengen, und mehrere große Äcker mit Kartoffeln. Auch an Obst mangelte es nicht, Birnen Kirschen, Äpfel, Zwetschgen und Mirabellen, alles ungespritzt und ohne Schadstoffe, ein kleiner Wurm schaute ab und zu aus einem Apfel, egal, er brachte niemanden um.
Zweimal im Jahr wurde geschlachtet, das geschah daheim, der Metzger wurde bestellt, in unserem Falle war es immer der Horcher Wendel vom Hof, ein Cousin meiner Mutter. So hatten wir alles was das Herz gegehrt bis zum nächsten Metzeltag, leckere  Dosenwurst, eine Spezialität vom Horcher Wendel, Blut und Leberwürste, Schwarzwurst und Speck im eigenen Kamin geräuchert, Salzfleisch und Rippchen, doch am ersten Tag gab es immer die legendäre Wurstsupp mit Kartoffestückchen.

Die Schweine führten ein Herrenleben, bekamen gut zu fressen, Reste vom Tisch, Brot, Kartoffeln, trockenen Kuchen, alles was halt so im Haushalt angefallen ist, und sie hatten einen großen Stall. Von Hormonen, und sonstigen Medikamenten, von denen heute in den Medien berichtet wird, hatten sie keine Ahnung.

Doch am Schönsten war es in der Brennküch, zum Hof gehörte ein Brennrecht und so wurde mehrmals im Jahr Schnaps gebrannt. Und es war immer ganz doll warm , weil ein mächtiger Brennkessel angeheizt wurde, um die Maische zum Kochen zu bringen. Obstbäume hatten wir ja genug und so gab es Kirschwasser und Obstler aber auch anfangs Borbel, vielleicht besser bekannt als Tobinambur. Diesen hatten wir sogar auf einem der Äcker selber angepflanzt.

Die Brennküch hatte noch eine andere nützliche Funktion, sie diente auch als Badezimmer, im Bauernhaus befand sich natürlich damals keines. Wenn der letzte Brand fertig gebrannt, war wurde eine große Zinkwanne mit heißem
Wasser befüllt, und es war ein herrlicher Luxus, nach der schweren Feldarbeit für die Erwachsenen, denn wenn kein Schnaps gebrannt wurde, heizte man den Brennofen nicht jede Woche an.

Eine Geschichte so wie diese haben sicherlich viele andere Leute so oder ähnlich erlebt und ich könnte noch einige Seiten füllen (vielleicht eine nächste Geschichte) mit dem Leben und der Arbeit und den Menschen von damals.
.
Zum Schluss nun möchte ich  zum Ausdruck bringen, dass ich sehr dankbar bin, und es ein großartiges Erlebnis war, mit mehreren Generationen unter einem Dach zu leben und aufzuwachsen, inmitten eines großen Anwesens mit allen möglichen Tieren mit Feld und Wald und Reben. Es war eine große Geborgenheit, auch das Wissen, das immer jemand da war. Diese Art der Lebensform ist heute eher selten geworden, und vielleicht konnte ich mit meinen Erzählungen, mit meiner Geschichte ein bisschen die Zeit von damals und die Erinnerung mancher Leser zum Leben erwecken….
 

 Mit liebem Gruß an alle Leser der Rubrik
 „Geschichten“ (die das Leben schrieb) und
 ganz besonders an Martin Weck, der mit
 diesem Forum die Möglichkeit geschaffen hat
 sich an so vielen Geschichten aller bisherigen Autoren zu erfreuen.

       Elvira Frey    (Elvi v. Lond)


 Links im Hintergrund unser Bauernhof



Vielen Dank an Elvi!

Gschichtle 63: "Heißluftballon begegnet Geburtstagskuchen" -eine wahre unwahrscheinliche Begegnung -von Hubert Ganter (8.11.08)

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