Gschichtle von früher
"Von nicht lila Kühen
und anderen Einsichten"
von Elvira Frey (Elvi)
(1.11.08)
Oma Ther, Papa, Oma Mome, Elvi
Obwohl meine Eltern und ich in den ersten Jahren noch nicht bei den Großeltern auf dem Hof wohnten, war ich praktisch jeden Tag dort. Es gab Kühe und Ziegen, Schweine und Hühner, Stallhasen und Katzen, einen Hund und auch etliche Mäuse, was aber völlig normal war und keine größere Besorgnis erregte. Sie fristeten ihr Dasein oben auf dem Speicher oder man traf sie im Heustall oder der Scheune.
Auf dem Hof lebten damals in den 60iger Jahren
meine Uroma Theresia genannt „Oma Ther “ meine Oma Lene,
genannt „Mome “, und Opa Waldemar genannt
„Waldi “. Mit ihm war es so, dass er mich fast überall hin mit nahm.
In erster Linie mussten die Kühe und Ziegen im Stall morgens und abends
versorgt werden, wobei ich
versucht habe, meinen Großvater
tatkräftig zu unterstützen.
Elvi beim Melken der Ziege im Stall
Er brachte mir eines Tages bei Ziegen zu
melken, was für ein 5 jähriges Mädchen doch recht ungewöhnlich
war und meine Mutter mit Stolz erfüllte, als die Großeltern
ihr davon erzählten.
Elvi , Oma Ther und die wilden
Zicklein
Auf wundersame und mir unerklärliche
Weise haben sich die Tiere im Stall auch vermehrt und ich staunte nicht
schlecht, als eines Tages 4 kleine Zicklein im Stall herum sprangen, die
bei gutem Wetter auch raus ins Freie durften um dort einigen Unfug anstellten.
Die Ziegen waren weiß und die Kühe so weiß - braun gescheckt,
die Farbe lila wie das Kinder heute im Werbespot eines bekannten Schokoladenherstellers
sehen können, kam bei unseren Tieren nicht vor.
Aber es gab auch noch viele andere Sachen
die eine Landwirtschaft so mit sich bringt. Da es um das Haus sehr viel
„Feld“ gab, hat meine Oma alles angepflanzt an Gemüse, was man sich
nur denken kann und es war kaum notwenig einzukaufen. Kraut und Rüben,
Bei
den Stallhasen im Freigehege
in Mengen, und mehrere große Äcker
mit Kartoffeln. Auch an Obst mangelte es nicht, Birnen Kirschen, Äpfel,
Zwetschgen und Mirabellen, alles ungespritzt und ohne Schadstoffe, ein
kleiner Wurm schaute ab und zu aus einem Apfel, egal, er brachte niemanden
um.
Zweimal im Jahr wurde geschlachtet, das
geschah daheim, der Metzger wurde bestellt, in unserem Falle war es immer
der Horcher Wendel vom Hof, ein Cousin meiner Mutter. So hatten wir alles
was das Herz gegehrt bis zum nächsten Metzeltag, leckere Dosenwurst,
eine Spezialität vom Horcher Wendel, Blut und Leberwürste, Schwarzwurst
und Speck im eigenen Kamin geräuchert, Salzfleisch und Rippchen, doch
am ersten Tag gab es immer die legendäre Wurstsupp mit Kartoffestückchen.
Die Schweine führten ein Herrenleben, bekamen gut zu fressen, Reste vom Tisch, Brot, Kartoffeln, trockenen Kuchen, alles was halt so im Haushalt angefallen ist, und sie hatten einen großen Stall. Von Hormonen, und sonstigen Medikamenten, von denen heute in den Medien berichtet wird, hatten sie keine Ahnung.
Doch am Schönsten war es in der Brennküch, zum Hof gehörte ein Brennrecht und so wurde mehrmals im Jahr Schnaps gebrannt. Und es war immer ganz doll warm , weil ein mächtiger Brennkessel angeheizt wurde, um die Maische zum Kochen zu bringen. Obstbäume hatten wir ja genug und so gab es Kirschwasser und Obstler aber auch anfangs Borbel, vielleicht besser bekannt als Tobinambur. Diesen hatten wir sogar auf einem der Äcker selber angepflanzt.
Die Brennküch hatte noch eine andere
nützliche Funktion, sie diente auch als Badezimmer, im Bauernhaus
befand sich natürlich damals keines. Wenn der letzte Brand fertig
gebrannt, war wurde eine große Zinkwanne mit heißem
Wasser befüllt, und es war ein herrlicher
Luxus, nach der schweren Feldarbeit für die Erwachsenen, denn wenn
kein Schnaps gebrannt wurde, heizte man den Brennofen nicht jede Woche
an.
Eine Geschichte so wie diese haben sicherlich
viele andere Leute so oder ähnlich erlebt und ich könnte noch
einige Seiten füllen (vielleicht eine nächste Geschichte) mit
dem Leben und der Arbeit und den Menschen von damals.
.
Zum Schluss nun möchte ich zum
Ausdruck bringen, dass ich sehr dankbar bin, und es ein großartiges
Erlebnis war, mit mehreren Generationen unter einem Dach zu leben und aufzuwachsen,
inmitten eines großen Anwesens mit allen möglichen Tieren mit
Feld und Wald und Reben. Es war eine große Geborgenheit, auch das
Wissen, das immer jemand da war. Diese Art der Lebensform ist heute eher
selten geworden, und vielleicht konnte ich mit meinen Erzählungen,
mit meiner Geschichte ein bisschen die Zeit von damals und die Erinnerung
mancher Leser zum Leben erwecken….
Mit liebem Gruß an alle Leser
der Rubrik
„Geschichten“ (die das Leben schrieb)
und
ganz besonders an Martin Weck, der
mit
diesem Forum die Möglichkeit
geschaffen hat
sich an so vielen Geschichten aller
bisherigen Autoren zu erfreuen.
Elvira Frey (Elvi v. Lond)
Links im Hintergrund unser Bauernhof
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