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Gschichtle von früher



Gschichtle 39:
"Schülerspeisung"
von Hubert Ganter
(15.6.08)

Ab Montag, 16.Mai 1949, wurde die sogenannte Schülerspeisung eingeführt. Wir
hatten das der großzügigen Hilfe der USA zu verdanken.
Ich könnte den unvorstellbaren Hunger sehr gut beschreiben, aber wer will
das schon wissen oder gar für möglich halten in einer Zeit des Überflusses auf
allen Gebieten und des Jammerns auf sehr, sehr hohem Niveau! (im Vergleich zu meinen Erfahrungen)
Im Einzelnen kurz dargestellt:
Mahlzeitenfolge:
Mehlbrei mit Rosinen (40 g Mehl,
30g Trockenmilch,15 g Zucker, 25 g Rosinen)
Bohnensuppe mit Fleisch (5o g Bohnen, 10 g Mehl,10 g Schmalz, 25 g
Fleischkonserven)
Ofennudeln mit Milch (40 g Mehl, 5 g Trockenmagermilch, 5 g Schmalz, 10 g Zucker)
Grießbrei mit Trockenobst (40 g Grieß, 25 g Trockenmagermilch, 15 g Zucker, 30 g Rosinen)
Süße Milchbrötchen (75 g Mehl, 15 g Trockenmagermilch, 1o g Zucker)
und ähnliche Speisen in Wiederholung.
Einmal im Monat eine Tafel ! Schokolade (40 g).
Ich erlaube mir dazu einen ganz persönlichen Hinweis:
Ich habe sechs Monate darauf verzichtet, dieses kleine Stückchen
Schokolade zu essen, damit ich an Weihnachten jedem in unserer Familie ein Täfelchen unter den Weihnachtsbaum
legen konnte. Für die heutige Generationen einfach unvorstellbar.

Abfolge der Schülerspeisung in Schule Obertal :
Küche! im Schwesternhaus (großer Raum vom Hof aus, auf der linken Seite
Badekabinen, war Volksbad für Umgebung)

Koch war Herr Wenzler, wohnhaft im Schwesternhaus.
Täglicher Transport der mit Brei und ähnlichem gefüllten großen Milchkannen zur Schule und anschließend Rücktransport.

Diese "Transporte" im Detail:

Lehrer Glaser (ebenfalls Schwesternhaus) hat das organisiert mit meiner Klasse.
Somit war ich mit Kameraden, z.B. Bruno Karcher, Hubert Stolz u.a. tagtäglich
dazu abkommandiert, mit Leiterwagen in den Eichwald zu fahren, die Kannen
aufzuladen, zur Schule zu bringen, in den beiden Schulhäusern zu verteilen und zusätzlich war ich noch dazu bestimmt, vor der Klasse mit einem großen  Schöpflöffel jedem Mitschüler eine Portion Essen in das mitgebrachte Essgeschirr zu schöpfen.
Ich habe zwar nach Anweisung von Herrn Glaser immer kräftig umgerührt, aber
wenn ich ganz langsam am Kannenboden entlang gefahren bin und den Schöpfer vorsichtig herausgenommen habe, waren doch die Rosinen im Vergleich zum "normalen" Schöpfen deutlich in der Überzahl.
Jetzt, nach der großen Pause, die Kannen zurück.
Zuerst alle Kannen (8 Schulzimmer ) einsammeln, auf die Leiterwagen, Spaziergang zum Eichwald, Kannen abliefern, Spaziergang zurück zur Schule.
Und das jeden Tag! Wann waren wir eigentlich im Unterricht?

In diesem Zusammenhang noch eine persönliche Anmerkung:
Es gab damals keine verschiebbaren Wandtafeln. Auf dem Podest stand noch zusätzlich ein kleiner Hocker für die Schüler zum Anschreiben, falls sie
aufgerufen wurden. Ich war so groß wie Herr Glaser und durfte, musste, wollte, konnte über Jahre hinweg Diktatverbesserungen, Aufsätze u.ä. ohne Hocker an die Tafel schreiben. Als ich dann auf seinen ausdrücklichen Wunsch meinen Eltern gegenüber in das Internat nach Meersburg ging und Lehrer wurde, hatte ich schon einige einschlägige Erfahrungen in diesem Metier.

Übrigens, die Kochrezepte stammen aus dem Buch der Realschule Bühl
"Begegnungen-   Lese-Arbeitsbuch zur Geschichte der Stadt Bühl"
Herausgeber.Stadt Bühl
Druck und Gestaltung: MittelbadischerZeitungsverlag GmbH, Bühl
auf Seite 249



zu Gschichtle 40: "Spritztour mit dem Motorrad"
von Hubert Ganter - 18.6.08

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