Gschichtle von früher
Ab Montag, 16.Mai 1949, wurde die sogenannte
Schülerspeisung eingeführt. Wir
hatten das der großzügigen Hilfe
der USA zu verdanken.
Ich könnte den unvorstellbaren Hunger
sehr gut beschreiben, aber wer will
das schon wissen oder gar für möglich
halten in einer Zeit des Überflusses auf
allen Gebieten und des Jammerns auf sehr,
sehr hohem Niveau! (im Vergleich zu meinen Erfahrungen)
Im Einzelnen kurz dargestellt:
Mahlzeitenfolge:
Mehlbrei mit Rosinen (40 g Mehl,
30g Trockenmilch,15 g Zucker, 25 g Rosinen)
Bohnensuppe mit Fleisch (5o g Bohnen, 10
g Mehl,10 g Schmalz, 25 g
Fleischkonserven)
Ofennudeln mit Milch (40 g Mehl, 5 g Trockenmagermilch,
5 g Schmalz, 10 g Zucker)
Grießbrei mit Trockenobst (40 g Grieß,
25 g Trockenmagermilch, 15 g Zucker, 30 g Rosinen)
Süße Milchbrötchen (75 g
Mehl, 15 g Trockenmagermilch, 1o g Zucker)
und ähnliche Speisen in Wiederholung.
Einmal im Monat eine Tafel ! Schokolade
(40 g).
Ich erlaube mir dazu einen ganz persönlichen
Hinweis:
Ich habe sechs Monate darauf verzichtet,
dieses kleine Stückchen
Schokolade zu essen, damit ich an Weihnachten
jedem in unserer Familie ein Täfelchen unter den Weihnachtsbaum
legen konnte. Für die heutige Generationen
einfach unvorstellbar.
Abfolge der Schülerspeisung in Schule
Obertal :
Küche! im Schwesternhaus (großer
Raum vom Hof aus, auf der linken Seite
Badekabinen, war Volksbad für Umgebung)
Koch war Herr Wenzler, wohnhaft im Schwesternhaus.
Täglicher Transport der mit Brei und
ähnlichem gefüllten großen Milchkannen zur Schule und anschließend
Rücktransport.
Diese "Transporte" im Detail:
Lehrer Glaser (ebenfalls Schwesternhaus)
hat das organisiert mit meiner Klasse.
Somit war ich mit Kameraden, z.B. Bruno
Karcher, Hubert Stolz u.a. tagtäglich
dazu abkommandiert, mit Leiterwagen in den
Eichwald zu fahren, die Kannen
aufzuladen, zur Schule zu bringen, in den
beiden Schulhäusern zu verteilen und zusätzlich war ich noch
dazu bestimmt, vor der Klasse mit einem großen Schöpflöffel
jedem Mitschüler eine Portion Essen in das mitgebrachte Essgeschirr
zu schöpfen.
Ich habe zwar nach Anweisung von Herrn Glaser
immer kräftig umgerührt, aber
wenn ich ganz langsam am Kannenboden entlang
gefahren bin und den Schöpfer vorsichtig herausgenommen habe, waren
doch die Rosinen im Vergleich zum "normalen" Schöpfen deutlich in
der Überzahl.
Jetzt, nach der großen Pause, die
Kannen zurück.
Zuerst alle Kannen (8 Schulzimmer ) einsammeln,
auf die Leiterwagen, Spaziergang zum Eichwald, Kannen abliefern, Spaziergang
zurück zur Schule.
Und das jeden Tag! Wann waren wir eigentlich
im Unterricht?
In diesem Zusammenhang noch eine persönliche
Anmerkung:
Es gab damals keine verschiebbaren Wandtafeln.
Auf dem Podest stand noch zusätzlich ein kleiner Hocker für die
Schüler zum Anschreiben, falls sie
aufgerufen wurden. Ich war so groß
wie Herr Glaser und durfte, musste, wollte, konnte über Jahre hinweg
Diktatverbesserungen, Aufsätze u.ä. ohne Hocker an die Tafel
schreiben. Als ich dann auf seinen ausdrücklichen Wunsch meinen Eltern
gegenüber in das Internat nach Meersburg ging und Lehrer wurde, hatte
ich schon einige einschlägige Erfahrungen in diesem Metier.
Übrigens, die Kochrezepte stammen aus dem Buch der Realschule Bühl
"Begegnungen- Lese-Arbeitsbuch zur Geschichte der Stadt
Bühl"
Herausgeber.Stadt Bühl
Druck und Gestaltung: MittelbadischerZeitungsverlag GmbH, Bühl
auf Seite 249