Gschichtle aus dem Eichwald
Der Grundstein für diese Begeisterung
wurde bereits in früher Jugend gelegt. Allerdings nicht von meinen
Eltern, mein Vater hätte niemals in einem Zelt geschlafen. Als wir
Anfang der 60iger mehrmals Urlaub an der Nordsee machten (natürlich
in einer Pension !), gefiel mir das Leben und der Trubel auf den
dortigen Campingplätzen unheimlich gut.
So sparte ich ab der 3. Klasse jeden Pfennig,
um mir eine Campingausrüstung zulegen zu können. Mein sehnlichster
Wunsch war, im nächsten Sommer mit meinem Freund Michael zum Campen
zu gehen. Von der Kommunion her war mein Sparschwein auch noch recht gut
gefüttert, so dass ich nach und nach einige Campingartikel kaufen
konnte. Mit der Lampe fing ich an, die konnte man schließlich
auch sonst gut gebrauchen. Dann hatte ich bald einen Spirituskocher, einen
Tisch, zwei Stühle und eine Luftmatratze. Nach Ostern 1966 bekam ich
schließlich zum Geburtstag auch mein lang ersehntes kleines Hauszelt.
Ab dem Frühjahr dieses Jahres schmiedeten wir Pläne. Den Grundriss
des Zeltes hatten wir lange vor dem Erwerb mehrfach auf den Boden
aufgezeichnet und testeten die Platzverhältnisse. Im Garten köchelten
wir ständig auf unserem Kocher und bewirteten jeden Gast mit unseren
Spiegeleiern, die aus der alten Emailpfanne meiner Oma (habe ich heute
noch !!) wunderbar schmeckten. Nach einigen Probeübernachtungen in
unserem Garten, gelang es uns auch unsere Eltern davon zu überzeugen,
dass wir reif und fit waren für unseren ersten Campingurlaub.
Als Ziel kam allerdings nur der Campingplatz in Herrenwies in Frage. Doch das reichte uns vollkommen. Die Herrenwies war (und ist natürlich !“) ein Paradies. Mein Vater regelte bei einem Vorbesuch alles mit dem Campingplatzverwalter – er sollte wohl ein Auge auf uns werfen – dann waren endlich Sommerferien. Wochenlang hatten wir alles gerichtet und gepackt. Bei schönstem Sommerwetter fuhren uns meine Eltern mit einem wohl etwas mulmigen Gefühl zur Herrenwies. Wir bekamen einen schönen kleinen Stellplatz zugewiesen, dann gingen wir ans Werk. Innerhalb kürzester Zeit stand unsere Villa und war eingeräumt. Mein Kaufmannsvater hatte allerdings sofort Bedenken, ob unser Zeltchen auch dem etwas stürmischen Wind standhalten würde. Mit seinem großen handwerklichen Geschick ging er deshalb nochmals ans Werk und hämmerte und spannte. Unser Zelt stand seiner Ansicht nach nun bombenfest. Dann waren wir die Eltern endlich los und konnten so richtig das Campingleben genießen. Uns störten weder die eiskalten Außenduschen, noch die einem Plumpsklo ähnelnden Toiletten. Es war einfach nur herrlich. Gleich hatten wir auch Kontakt zu den anderen Campern, die uns immer nach unseren Eltern fragten. Sie konnten nicht glauben, dass wir uns allein in dieses Abenteuer gewagt hatten.
Am Abend hatten wir dann überraschend Einschlafprobleme. Die Dunkelheit und Ruhe auf dem Campingplatz war doch etwas unheimlich. Unsere Lampe wollten wir nicht ständig brennen lassen, denn Batteriestrom war schließlich kostbar. In der Nacht schliefen wir dann gut eingepackt in unseren neuen Schlafsäcken doch irgendwann ein und träumten sicherlich schon vom Frühstück mit Spiegelei am nächsten Morgen. Doch als ich am folgenden Tag erwachte, hatte ich unheimliche Orientierungsprobleme. Ich sah weder ein Zeltdach noch meinen Freund Michael. Erschrocken schlug ich um mich, bis ich auch irgendwo neben mir Laute von meinem Kumpel hörte. Über unseren Körpern lag ein Tuch, das uns unheimlich behinderte. Bis wir realisiert hatten, dass das Tuch das Zelttuch war, vergingen einige Minuten. Schließlich gelang es uns aber doch, uns aus dem Wirrwarr zu befreien. Irgendwie fanden wir den Reißverschluss und standen endlich vor unserer Hütte. Das Haus-Zelt war in der Nacht in sich zusammengebrochen.
Es ragten nur noch die beiden Zeltstangen
schräg in die Höhe. Was war passiert ? Ganz einfach: Mein Vater
hatte das Zelt so sehr abgespannt, dass sich die Zeltstangen in der Nacht
durch den verstärkten Baumwollstoff an den Firstlöchern
gebohrt hatten!! Alle unsere Versuche, das Zelt wieder aufzubauen,
scheiterten kläglich. Was tun? Zunächst holten wir frische Brötchen
beim Seifermanns - Beck ! Ja, wirklich ! Die Bäckerei Seifermann unterhielt
beim ehemaligen Kurhaus einen kleinen Laden, der täglich einige Stunden
geöffnet war. Nach dem Frühstück folgten wir dem Rat einiger
Mitcamper und riefen bei meinen Eltern an. Mein Vater war auch bald da
und ließ sich von den Fachleuten auf dem Patz davon überzeugen,
dass dieses Zelt nur von einem Sattler gerettet werden konnte.
Wir beendeten also vorerst unseren Campingurlaub
und luden unsere Ausrüstung wieder komplett in den Kofferraum unseres
Autos. Ich wagte nicht, meinem Vater Vorwürfe zu machen, denn er schimpfte
nur über die mangelhafte Qualität von Versandhauszelten …….
Wie ging es weiter? Nach einem zweitägigen
Zwangsheimaturlaub im Eichwald konnten wir das reparierte Zelt
im Untertal bei Rauschers abholen und fuhren wieder zur Herrenwies. Mein
Vater hatte aber keine Zeit mehr, uns beim Aufbau zu helfen.........
An den nächsten Tagen hatten wir dann
aber keine Probleme mehr.
Täglich bekamen wir (Kontroll-) Besuch
vom Eichwald. Wir kamen aber wirklich sehr gut alleine klar.
An der Versorgung mangelte es auf der Herrenwies
wirklich nicht. Nicht nur unser Bäcker von der Steckenhalt war vor
Ort, nein auch der Reithe-Berthold kam jeden zweiten Tag mit seinem Lebensmittelauto
zum Campingplatz. Wir verstanden damals allerdings nicht, warum er immer
alle Türen am Kombi öffnete und dann für Stunden im Wald
verschwunden war.
Vielleicht wurde damals der Begriff „Selbstbedienungsladen“
auf der Herrenwies neu geboren.
Wir bedienten uns aber nicht, wir waren
meistens unterwegs und verbrachten tolle Tage. Als nach etwa 4 -5 Tagen
eine Schlechtwetterphase begann, beendeten wir recht schnell unseren ersten
Campingurlaub. Mein Zelt wurde danach (auch in den folgenden Jahren) nur
noch im Garten aufgebaut. Von meiner Ausrüstung von damals besitze
ich noch heute einige Stücke:
meinen Klappspaten, meinen Gummihammer,
zwei Töpfe und natürlich meine Eierpfanne !!
Das ist sie ! Omas - Emailpfanne.
Mein Freund Michael bei uns im Garten
Im alten Quelle-Katalog von 1961 habe ich
auch einige andere Ausrüstungsgegenstände gefunden,
die mich sehr an meine Campingartikel erinnern.
Da es leider keine Bilder von unserem
Herrenwiesaufenthalt gibt, will ich die
Bilder aus dem Katalog zeigen:
So etwa sah auch mein Zelt aus. Die Farbe stimmt - am Eingang war allerdings
schon ein Reißverschluss.
Zwei solcher Stühle und so einen Tisch hatten wir.
Auch solch ein zusammenklappbares Küchenschränkchen hatten
wir dabei.
Mein Spirituskocher war zwar grün, aber sonst sah er gleich aus.
Das waren genau die gleichen Modelle - Kühltasche und Lampe.
Von solch einem Kochsortiment habe ich heute noch 2 Töpfe.
Die Luftmatratzen sehen heute noch fast so aus wie damals.
Hier noch ein weiteres Bild aus dem Katalog mit Hauszelten.
So sieht es heute am Campingplatz
auf der Herrenwies aus.
siehe
auch passend zum Gschichtle - ein Bilderbuch von 1968