Gschichtle von früher
Und schon bin ich mitten im Thema, denn für
mich ist es immer noch der Flugplatz in Söllingen.
Und da ich auch noch von "früher" bin,
sehe ich alles mit etwas anderen Augen und in mir werden so viele Erinnerungen
wach, dass ich einfach schreiben muss!
Warum dieses Thema?
Zum großen Tag in S ö l
l i n g e n waren wir zu einem Vortrag, zu einem Imbiss im "Da Vinci",
dem früheren "Gourmet-Tempel" des großen Herrn Schmieder eingeladen
und haben dabei, was ja die Hauptsache war, den Riesenvogel zur Genüge
beobachten können.
Während wir auf die Ankunft dieses
viel bestaunten A 38o warteten, erzählte ich meiner Frau von den vielfältigen
Erlebnissen gerade mit diesem Flugplatz, und plötzlich war der Gedanke
geboren, darüber etwas zu schreiben.
Nun bin ich gerade dabei.
Es handelt sich sicherlich um eine Aneinanderreihung
von Lappalien.
Stimmt!
Im Ganzen gesehen könnte es doch einen
Sinn machen.
Stimmt auch!
Ich will ganz von vorn beginnen.
Nein, das reicht nicht!
Ich muss noch viel "v o r n e r "
anfangen, als nämlich noch gar kein Flugplatz zu sehen war.
Der Flugbetrieb der kanadischen Luftwaffe
wurde 1953 aufgenommen.
Da man aber damals bei den umfangreichen
Baumaßnahmen noch nicht über die Großgeräte wie heute
verfügte, sondern sich mit relativ kleinen Planierraupen u.ä.
Geräten begnügen musste, schätze ich den Baubeginn auf das
Jahr 1951, und das kommt hin.
Ich war in den Ferien zu Hause und unternahm
mit einigen Schulkameraden eine Radtour nach Söllingen, eben in Richtung
Rhein.
Wir kamen an einer riesigen Baustelle vorbei,
und das waren die Anfänge dieses "Airports", wie wir heute im Nachhinein
sagen.
Einen richtigen Flugplatz konnten wir uns
nicht vorstellen, dafür aber fanden wir einen kleinen Baggersee mit
einem festgebundenen Fischerkahn.
Das war´s!
Flugplatz hin oder her, als Eichwälder
einen See und auch noch ein "Boot" zu finden war einfach toll!
Kaum hatten wir den Kahn "geentert" und waren ein bisschen herumgefahren, erschien schon die Polizei - wer sie wohl gerufen hatte? - und ein Strafe war fällig. Bei unserem Taschengeld war die Strafe hart, so dass ich sie bis heute nicht vergessen habe.
Und somit beginnt für mich die Geschichte um den Fluglatz mit einem Strafzettel!
Zugang zum streng bewachten Militärgelände gab es über die Jahre jeweils nur bei einem Tag der offenen Tür.
Airbase in Söllingen September 1953 - Quelle: Bundesarchiv
Das erste große Ereignis dieser Art
war im August 1972.
Die Attraktion der ganzen Show war der damals
bei allen Westmächten eingeführte Starfighter, den ich zusammen
mit meinem Sohn eingehend bestaunte.
Beim Tag der offenen Tür
Weitere Male war ich, sozusagen als "Hobby-Schreiner",
auf dem Flugplatzgelände, um z.B. ramponierte Schultische und noch
viel schlimmer ramponierte Schlafzimmereinrichtungen abzuholen, die dann
in einer Schreinerei in Bühl wieder hergerichtet wurden.
Bevor das Schleifen, Beizen und, und.....
beginnen konnte, musste ich unzählige Kaugummis, sichtbar oder unsichtbar
an den Tischen verewigt, entfernen. Aber schlimmer noch war der Zustand
der Betten und Schränke, was mich damals mutmaßen ließ:
"Gehen die Soldaten(familien) mit eisenbeschlagenen
Schuhen ins Bett?"
Egal, ich habe mit Freude alles repariert.
Ein von der Bild-Zeitung organisierter Wettbewerb,
für ganz Deutschland ausgeschrieben, hieß:
"Gesucht wird der beste Autofahrer Deutschlands".
Die Wettbewerbe fanden auf Fluglätzen
und anderen großen Arealen statt, und zwar mit jeweils 50 Teilnehmern.
So auch in S ö l l i n g e n.
Mein Sohn, gerade mit seiner Familie in Urlaub
in Österreich, kam eigens für einen Tag zu mir angereist, um
daran teilzunehmen (mit 1 Punkt minus 2.Sieger), und berichtete mir, wie
sie jeweils zu zweit für den ganzen Tag einen Mercedes zugeteilt bekamen
und damit auf dem Flugplatz, auch außerhalb der Wertung, nach Herzenslust
herumfahren konnten.
"Dieses Gelände solltest Du mal sehen,
eine unvorstellbar große, freie "Straße".
Gesagt, getan.
Am nächsten! Morgen war ich dort!
Nicht mit einem Mercedes, sondern mit meinem
F a h r r a d !
Keine Absperrung zu groß. Die aufgeschütteten
Hindernisse kein Problem!
Die Runways, schon überdimensional
breit und lang, führten mich schnurstracks auf die Startbahn.
Ein unvergleichlicher Anblick!!
Eine Asphaltpiste in der Breite von mehreren
Autobahnspuren - drei Starfighter konnten nebeneinander starten -
und für ein F a h r r a d eine schier
unglaubliche ebene, glatte Fläche, auf der man sich austoben könnte,
falls man könnte!
Ich war ganz alleine, weit und breit keine
Menschenseele zu sehen.
Tapfer fuhr ich in südlicher Richtung
bis zum Ende (oder Anfang) der Startbahn, um dann auf dem "Zebrastreifen"
(so groß wie ein Fußballfeld) zu wenden und den Start zurück
einzuleiten.
Ich hatte zwar die gesamte Startbahn vor
mir, aber zum Abheben reichte es doch nicht, aber dieses Erlebnis, diese
Eindrücke von Größe sind für mich unvergesslich.
Ich habe natürlich beim Abflug von
Söllingen davon erzählt und mich sehr darauf gefreut, das ganze
Gelände auch mal von oben sehen zu dürfen, aber, man sollte es
nicht glauben und es gibt Zufälle, die einmalig sind:
Ich steige voller Erwartung ein, m e i n
e n Flugplatz von oben sehen zu dürfen, und mein Fenster ist gar kein
Fenster!!
Ich habe das ganze Internet durchgemacht
um zu erfahren, warum bei Flugzeugen ein Fenster auf der linken Seite nur
angedeutet ist. Im Nachhinein habe ich immer wieder darauf bei anderen
Flugzeugen geachtet, habe aber bis jetzt keine Erklärung dafür.
Über die Jahre habe ich öfters
Fahrradtouren zum Flugplatz unternommen, mit Abkürzungen über
Wald- und Feldwege waren es genau 14 km. So war ich dort beim Abtransport
des Jumbo nach Sinsheim ins Museum und auch wegen der Concord, allerdings
mit einer kleinen, unangenehmen Einlage:
Um nur wenige Meter Umweg zu sparen nahm
ich den Weg unter Bäumen, um dann prompt einen Plattfuß zu haben.
Kein Geld dabei, kein Handy, dafür aber ein Flickzeug. Die Situation
war nochmal gerettet.
Eine mir gerade erst geschenkte schöne
Mütze ging offenbar bei der Fahrt zum Flugplatz aus dem Fahrradkorb
heraus verloren. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es
nicht am Abend an der Haustüre geklingelt hätte. Ein befreundetes
Ehepaar war auf derselben Strecke unterwegs, erkannte meine Mütze!!
und brachte sie mir unversehrt nach Hause. Das nennt sich ein guter Service!!
Wenn ich in wenigen Tagen erneut vom Flughafen
-Verzeihung "Airport" - in den Urlaub abfliegen werde, könnte es passieren,
dass ich wieder den Platz mit dem "ganz und gar undurchsichtigen
Fenster" erwische.
Fenster hin oder her, die Startbahn mit
dem Fahrrad abzufahren war ein unvergleichliches Erlebnis!
Vielen Dank an Hubert!
Zum Thema "Airbase Söllingen"
hier noch ein Zeitungsbericht vom "Tag der
offenen Tür" im Mai 1960
Gschichtle
121:
In
memoriam Pfarrer Albert Schneble
-
ein „Eichwälder"
von
Günter Kist
(21.6.10)