Gschichtle von früher
Der Titel dieser Geschichte erinnert mich
sehr an einen der frühen Zeichentrickfilme von Walt Disney, den mein
Vater käuflich erworben hatte und der unzählige Male den Eichwälder
Kindern vorgeführt wurde.
Er hieß;
"Der Löwe und die Maus"
Ich habe mich nicht vertippt, ich meine
wirklich und wörtlich, dass ein Löwe etwas mit einer Schulnote
zu tun hatte.
Es handelt sich natürlich wieder um
ein Gschichtle, das sehr persönliche Erfahrungen und Details enthält,
aber ich kann doch nicht einfach das Blaue vom Himmel herunterholen oder
irgend etwas erfinden, nur dass ich etwas schreiben kann. Es steht immer
meine Person dahinter, auch wenn ich inzwischen bekannt bin wie ein roter
Hund, obwohl mich nur noch wenige Eichwälder persönlich kennen.
Was soll`s!
Also, es war folgendermaßen:
Es geht hier nicht um einen ganz gewöhnlichen Löwen!
Es geht hier nicht um eine ganz gewöhnliche
Note !
Es geht um einen Löwen, der auf der Breitmatt ausgebrochen war (siehe Anlage) und um eine sehr wichtige Schulnote (siehe Anlage).
Wie geht das zusammen?
Im Jahre 1950 führte das Badische Ministerium
des Kultus und Unterrichtes p r o b e w e i s e eine offizielle Abschlussprüfung
für die 8.Volksschulklasse ein. Offensichtlich wollte man damit die
Volksschule aufwerten und den erworbenen Abschluss als "Gütesiegel"
einführen.
Man hatte noch keinerlei Anhaltspunkte,
wie das Ganze durchgeführt werden sollte. Deshalb brauchte man "Versuchskaninchen"
und ich, ich meine meine Klasse, musste dafür herhalten.
Die Teilnahme war freiwillig!
Ob alle Schulen oder nur einige ausgewählte Schulen an dieser ersten Schulprüfung beteiligt waren weiß ich nicht, das spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle.
Ob alle Schulen oder nur einige ausgewählte
Schulen an dieser ersten Schulprüfung beteiligt waren weiß ich
nicht, das spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle.
Es waren eine schriftliche Prüfung
in Deutsch (Aufsatz und Diktat)
Rechnen und Raumlehre
Z e i c h n e n !
eine mündliche Prüfung in Naturkunde
Naturlehre
Erdkunde
Kurze, unwichtige, aber interessante Einlage, falls ehemalige Schulkameraden das lesen sollten:
Das Diktat begann so:
"Risse, au Risse", meinte der Maler, der
das Zimmer neu tapezieren sollte, "die muss ich zuerst .......!"
usw.
Der Zufall wollte es, dass gerade ein paar
Tage zuvor ein Zirkus auf der Breitmatt gastierte und ein Löwe aus
unbekannten Gründen ausgebrochen war.
Helle Aufregung im ganzen Tal, alle waren
schockiert über das Drama und es war das Thema Nummer eins überall.
Was bei der Zeichenprüfung in etwa
verlangt und erwartet wird, haben wir natürlich vorher geübt
und alle, außer mir, haben sich auch treu und brav daran gehalten
und das war gut so.
"Ich zeichne einen Löwen, wie er
aus dem Käfig ausbricht!!"
Ganz aktuell, sehr interessant.
Mein Lehrer, Herr Glaser, und auch Rektor
Huber und meines Wissens war zeitweise noch ein anderer Lehrer anwesend,
sie blieben bei mir stehen und waren voll des Lobes und ich war ob meiner
Idee auch recht stolz.
Lehrer Gauges und Lehrer Glaser 1957
Die Kollegien vor den sommerferien 1953 auf der Eichwald-Brücke.
v.l. Lehrer Haase, Margr. Albiez, Franz Müll, Ernst Huber,
Fritz Brümmer, Antonie Winkler, Alexander Gauges, Johanna Reith
Dieses "Kunstwerk" wurde von einem fremden
Lehrer, der mit der Beurteilung beauftragt war, mit der
Note z e h n Punkte (entspricht 3-4) benotet.
In meiner gesamten Volksschulzeit hatte
ich eine solche Note noch nie gesehen. Und gerade jetzt, in einem so wichtigen
Zeugnis, taucht zum ersten Mal eine für mich miserable Note auf.
Wegen dieser Note war ich nur der "zweite
Sieger" bei dieser Prüfung.
Ich kam gut damit zurecht, wer aber sehr
betroffen und auch verärgert war, das war mein Lehrer!
Er konnte es nicht fassen, hatte er doch
schon seit langer Zeit, wie sich später herausstellte, mich schon
insgeheim als zukünftigen Lehrer gesehen, mich besonders streng behandelt
und auch gefordert und gefördert. Er wollte mich auf ein Internat
schicken, das war damals die einzige Möglichkeit, eine weiterführende
Schule zu besuchen.
Und dann kommt ein Kollege und "haut" mir
eine solche Note rein, genau in das Zeugnis, das ich bei der Aufnahmeprüfung
in Meersburg vorlegen musste.
Vielleicht hatte "mein" Löwe zu kurze
oder zu lange Beine, schielte evtl. oder bereits Zahnlücken. Jedenfalls
nicht den richtigen" Gesichtsausdruck", um dem Prüfer zu gefallen.
Er hat wahrscheinlich nicht gewusst, warum
ich gerade einen Löwenausbruch darstellen will und nicht einen eingeübten
Blumenstrauß, eine perspektivische Darstellung eines Schrankes etc.
etc.
Ich war der Einzige, der vom vorgegebenen
Muster abgewichen ist.
Hubert (im Anzug vorne) 1950 im Kreise der Klassekameraden bei einem
Ausflug.
Kaum hatte ich Kenntnis von der bei Martin
aufgetauchten Illustrierten, und gleich kramte ich mein Zeugnis aus, das
annähernd 60 Jahre so friedlich in den Akten geschlummert hatte.
So kann es einem ergehen, wenn ein Löwe
eine Note gibt!!
Nachwort:
Ich wusste zwar von diesem Ausbruch, aber
dass die Folgen so tragisch waren und dass der Vorfall offensichtlich nicht
aufgeklärt werden konnte, daran habe ich mich nicht mehr erinnert.
Sicher stand in der Folgezeit noch einiges
in den örtlichen Nachrichten, da war ich aber nicht mehr zu Hause.
Vielleicht erinnert sich jemand unter den älteren Leuten, ob der Fall
wirklich aufgeklärt wurde.
In Zeichnen nur 10 Punkte
!
Vielen Dank an Hubert!