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Gschichtle von früher



Gschichtle 117:
Der Schulrat und die Anbetung
 von  Hubert Ganter
(20.3.10)



"Der Schulrat und die Anbetung" -
Klingt wie die Serie bei SWR : Hannes und der Bürgermeister.
Es dreht sich hier keineswegs um eine "einfache" Anbetung, schon ganz und gar nicht um die Anbetung eines Schulrates, sondern es geht um die "ewige Anbetung", d.h. um ein vierzigstündiges Gebet vor dem Allerheiligsten. "Dieser Brauch wird erstmals im Jahre 1527 in Mailand bezeugt." So weit aus dem Internet.
Eine offizielle Erklärung habe ich allerdings nicht gefunden, spielt auch keine Rolle, wir kennen doch alle diesen Begriff.
Es ist ein guter Brauch und die Erinnerung daran bleibt für mich  u n v e r g e s s l i c h, habe i c h  doch  n i c h t  daran teilgenommen und die gerechte Strafe folgte auf dem Fuße!!
Ich meine:  "ich"  als einzige Lehrkraft!

Was war geschehen?
Auf Anordnung des Rektors sollen alle Klassen (mit den Lehrern) an der Anbetung teilnehmen und, der Einfachheit halber, sollen die Schüler sämtliche Schulsachen einfach auf den Tischen liegen lassen, denn:
"Wir kommen ja bald wieder zurück und dann geht der Unterricht weiter!"
Und was mache ich als "unchristlicher" Mensch?
Ich, wie "Kevin allein zu Haus", setze mich in mein Klassenzimmer im zweiten Stock und beschäftige mich mit Vorbereitungen.
Es klopft  -  oder auch nicht  - jedenfalls stürmt der Schulrat herein!!
Ich verbessere mich, es war eine Schulrätin!
Ohne Frauen zu nahe zu treten, aber eine Frau als Chefin, oh je, die kann härter sein als ein bärbeißiger Mann!
"Fuchsteufelswild" und außer sich vor Ärger lässt sie nun allen Ärger und Frust an mir kleinem Wurm aus. War sie doch offiziell gekommen, um mich als Lehrer zu beurteilen und ich sitze in einem Schulzimmer ohne Schüler. Das "geordnete Chaos" im ganzen Haus, offene Zimmertüren, für sie ein echtes, nie erwartetes Chaos in einem Schulhaus, das war für sie der Anlass, sofort ein  "U r t e i l" über mich zu sprechen, das eben in die offizielle Beurteilung einfließen könnte, das da lautete:
      "Der erste Eindruck ist entscheidend und der ist schlecht!!"
Klare Aussage, das war`s!

Alle meine Erklärungen über diese Situation gingen ins Leere, sie kontrollierte alles Auffindbare äußerst genau, jedes Heft sämtlicher Schüler wurde akribisch durchgesehen um dann festzustellen: "Bei den Verbesserungen finde ich immer noch Fehler!!
Stimmt!

Kleine Einlage: so hat schon mal der Schulamtsleiter persönlich bei einem Schulbesuch bei mir festgestellt, dass
a l l e    F l i e ß b l ä t t e r
  in den Heften in Ordnung seien! Großes, unverdientes Lob, hatte das Schuljahr doch gerade begonnen und die noch fast neuen Hefte hatten durchweg auch  n e u e   Fließblätter!

Zurück zum Thema.
Sie hatte mich fix und fertig gemacht, meinte sie, sie hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht!

Endlich kamen alle Schüler, meine Kolleginnen und Kollegen und der eigentlich "Schuldige", der Rektor, zurück. Hätte er die "ewige Anbetung", die ja nicht ewig sondern nur eine Stunde dauert, dem Schulamt melden sollen?
Ist mir auch egal.
Hätte er es getan, dann hätte ich heute nach zig Jahren keinen Stoff für eine derartige "Schulgeschichte" und ihr hättet am Samstag Nachmittag nichts zu lesen. So hat eben alles zwei Seiten.

Der Unterricht beginnt.
Ausnahmsweise hatte ich eine zweite Klasse, weil eben dieser Rektor seinen sehr lieben und braven Sohn nur mir anvertrauen wollte.
Eisige Stimmung, bitterböses Gesicht der Schulrätin, die Schüler sehen eine unfreundliche "böse" Frau hinter sich und spüren die Aggression gegen ihren Lehrer. Das dauert eine ganze Weile und die Schulrätin wird beobachtet.
Verdient hat sie`s auch!
Dieter meldet sich energisch, wird aufgerufen und sagt sehr laut und deutlich nicht mir, sondern meiner Chefin zugewandt:
                   "Unser Lehrer ist der beste Lehrer!!"
Wie kann Eis so schnell brechen, wie kann sich die Stimmung so schnell ändern!
Aber es war so.
Offensichtlich hatte sich die Schulrätin inzwischen besonnen und nachgedacht und durch diese Feststellung eines Schülers gemerkt, dass sie sich mit ihrem Verhalten ins Unrecht setzt.
Es folgte ein ganz entspannter Unterricht und bald darauf eine entsprechend gute Benotung. Übrigens hat sie sich dafür entschuldigt, dass sie alle Schülerhefte inspiziert hat mit der Bemerkung: "Dafür habe ich normalerweise gar keine Zeit."
Diese Benotung war sozusagen die "Absolution" für mein Fehlen bei der ewigen Anbetung.
Ich konnte mich also wie der "Hannes" fühlen, für den immer alles gut ausgeht.
Anm.: Die Mutter dieses "Retters in der Not" habe ich nach vielen Jahren gelegentlich an der Haltestelle in Bühl getroffen und mich mit ihr unterhalten. Sie tat mir sehr leid, weil eben dieser Schüler in jungen Jahren tödlich verunglückt war.

Vielen Dank an Hubert!



Gschichtle 118:
"Zirkusdrama in Bühlertal 1950"
oder "Der Löwe und die Note"
 von  Hubert Ganter und Martin Weck
(17.4.10)
 
 

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