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Gschichtle von früher



Gschichtle 116:
Sintflut in der Hirschbach
Mai 1978
 von  Günter Kist
(13.3.10)




Blick ins Hirschbachtal in den 40ern

Der Hirschbach und der Büchelbach sind normalerweise zwei friedliche Bächlein, deren Quellen in der Nähe der Bühlerhöhe entspringen. Am Eingang zum Ortsteil Büchelbach fließt das gleichnamige Bächlein in den Hirschbach, welcher sodann nach weiteren 300 m sich mit der Bühloth vereint.
Bei längerer Trockenheit im Sommer führt der Hirschbach gerade noch soviel Wasser, damit die Forellen überleben können. In meiner Kindheit und Jugendjahren habe ich allerdings einige Male erlebt, dass nach tagelangem Regen und gleichzeitiger Schneeschmelze im Höhengebiet der Hirschbach soviel Wasser führte, dass das Bachbett gerade noch ausreichte und keine größeren Schäden verursachte. Nur im Frühjahr 1949, ich war gerade 9 Jahre alt, hinterspülte ein Hochwasser die Bachmauer vor meinem Elterhaus und riss die Holzbrücke, welche zu unserem Haus führte, mit sich, sodass die Feuerwehr notdürftig einen Steg zum Elterhaus errichten musste. Wie gesagt, das waren Ausnahmen.

Ansonsten bemerkten wir das Bächlein kaum. Es sei denn, dass uns der Ball beim Fußballspielen mit den Nachbarkindern in den Bach flog. Dann zogen wir rasch die Schuhe aus und suchten unter der Verdohlung nach dem Ball, der dann zwischen Steinen oder in irgendeinem Wirbel hängen geblieben war. Oder wir benutzten das Bächlein im Sommer als Badegelegenheit, da es ja damals in Bühlertal nach kein Schwimmbad gab. Dazu stauten wir das Wasser mit Brettern und Steinen und dichteten alles sorgfältig ab, bis das Wasser sich etwa ein Meter hach staute. Manch einer von uns Buben und Mädchen lernte auf diese Weise schwimmen. Der Spaß dauerte aber meistens nur so lange, bis der Johann oder der Gustav von der Glasermühle, der wir das Wasser „abgegraben" hatten, fluchend auftauchte und die Ursache für den Stillstand des Mühlrades entdeckte. Traurig und zähneknirschend mussten wir dann unser „Schwimmbad" wieder abbauen, was uns Kinder nicht hinderte bei nächster Gelegenheit unseren „Gumben", wie wir es nannten, wieder zu bauen.

Die Glasermühle am Anfang der Hirschbach

In den ersten Maitagen 1978 regnete es tagelang in Strömen, wie seit Jahren nicht mehr. Vom Sandbuckel aus sah ich, wie das Hirschbächlein anschwoll und die angrenzenden Wiesen überschwemmte. Auch das Bett des Büchelbaches fasste die Wassermassen kaum mehr. Da auch weiterhin starke Regenfälle angekündigt waren, ahnte ich nichts Gutes. Und was dann innerhalb der nächsten Stunden eintrat, überstieg alle Befürchtungen. Selbst die ältesten Anwohner konnten sich an ähnliches nicht erinnern. Beim Zusammenfluss Büchelbach-Hirschbach stauten sich die Wassermassen. Die Verdohlung war zu eng. So überfluteten die Wassermassen fast kniehoch die Hirschbachstrasse. Die Asphaltdecke der Strasse wurde teilweise unterspült und weggerissen. Ebenso wurden Hofbefestigungen samt Pflastersteinen weggespült und etliche Keller überflutet.


Hintere Hirschbach vom Sandbuckel aus fotografiert


Hirschbach kurz vor der "Vereinigung" mit dem Büchelbach


Bei der ehemaligen Bäckerei Pfeffinger


Zusammenfluß von Hirschbach und Büchelbach

Eingerissene Bachmauern stauten das Wasser zusätzlich. Die Feuerwehr war mit vollem Personal und Geräten im Einsatz und konnte noch schlimmeren Schaden verhindern. Im Keller meines Elternhauses staute sich das Wasser bis auf über einem Meter. Einige Most¬und Weinfässer schwammen auf der Wasserfläche, Kartoffel- und sonstige Vorräte waren schlammbedeckt. Sicher war es bei einigen Nachbarn ähnlich. Für Autos war die Straße gesperrt. Der Verkehr wurde für die Anwohner der hinteren Hirschbach und für die Büchelbach über die Wolfinstraße umgeleitet.


Rechts das Elternhaus von Günter Kist, links das Haus Siegmund Rieger

Schließlich gelang es mit Hilfe eines Baggers, beim Zusammenfluss der beiden Bäche die Überdohlung (große Granitplatten) zu entfernen. Darunter hatten sich angeschwemmte Sträucher, Mauersteine und sonstiger Unrat angesammelt und verhinderten größtenteils den Abfluss der Wassermassen, die sich sodann über die Hirschbachstrasse ihren Weg suchten. Und Nachbarn erzählten, man hätte an dieser Stelle sogar ein kleines Sofa gefunden, welches
jemand dem Hochwasser anvertraut hatte und auf diese Weise günstig entsorgen wollte.
Als Konsequenz aus dieser Überschwemmung wurden teilweise große Betonrohre verlegt und somit ein schnellerer Abzug bei eintretendem Hochwasser ermöglicht. Zum Glück blieb den „Hirschbächlern" dies seither erspart. Deshalb werden sich nur ältere Jahrgänge an die „Sintflut" von 1978 erinnern. Und ob es außer den Bildern, welche meine damals 12 jährige Tochter aufgenommen hat, noch welche existieren, ist mir nicht bekannt. Sicher haben die damals Betroffenen und Geschädigten in der Hirschbach auch andere Sorgen gehabt, als
die Geschehnisse in Bildern festzuhalten.


Bäckerei Pfeffinger, Haus Baßler, Haus Gottlieb Braun (heute Hils)


Vor dem Haus Baßler - ein Großteil der Hofbefestigung ist weggeschwemmt


Mit Brettern sollten die Wassermassen "gefasst werden".


Vor der früheren Zigarrenfabrik - heute Maler Häußler


Blick in die Richtung der Ortsmitte


In der Kurve bei Haus Geiges


Hirschbach bei "Floristik - Kögel" und der Firma Stolz
 

Vielen Dank an Günter Kist!


Gschichtle 117:
Der Schulrat und die Anbetung
 von  Hubert Ganter
 

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