Gschichtle von früher
Ich bleibe beim wirklichen, realen und erlebten
Nikolaus, wie er im Kindergarten auftrat und mir in bester Erinnerung ist.
Im Kindergarten im Schwesternhaus war ein
großer Raum mit einer Art Bühne in Richtung Pfeffingers. Dort
spielte sich alles ab. Wir wussten, dass dieser fromme Mann einen Knecht,
nämlich den Knecht Ruprecht, an seiner Seite hatte, der für die
evtl. nötigen "gröberen Arbeiten" zuständig war. Er hatte
einen großen Sack über der Schulter und eine Rute in der Hand.
Den Sack, bitte, nicht verwechseln mit dem "Grabbelsack" (wg. dem Buchstaben
G schon Diskussionen geführt). Der Sack war dafür vorgesehen,
besonders renitente und unfolgsame Buben hineinzustecken und mitzunehmen.
Schon deshalb waren die besten Plätze
im Saal nicht vorn auf einem bequemen Stühlchen, sondern ganz hinten
auf einem der Tische, die dort zusammengerückt waren. Ich saß
niemals! vorn, auch wenn ich mich nicht zu den "bösen Buben" zählte.
Das sagt jeder von sich!
Wenn gegen Dezember das Gedicht:
"Von drauß vom Walde komm´ ich
her ....." - das man üblicherweise als Kind auswendig aufsagen
konnte - zum ersten Male auftauchte, war man ganz auf die kommende
schöne Zeit eingestellt.
Knecht Ruprecht
(Theodor Storm)
Von draußen, vom Walde komm ich
her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet
sehr!
Überall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind
hervor.
Und wie ich strolch' durch des finstern
Tann,
da rief's mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell´,
heb deine Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
alt und jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn,
und morgen flieg ich hinab zur Erden;
denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Ich sprach: "Oh lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo's eitel gute Kinder hat."
"Hast denn das Säcklein auch bei
dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist
hier;
denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern."
"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil den rechten!"
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von draußen, vom Walde komm ich
her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet
sehr!
Nun sprecht, wie ich's hier innen find!
sind's gute Kind, sind's böse Kind?
Nikolaus Albert Schneble im Kindergarten
vor der "Bühne"
Es klingelte, die Tür ging auf und herein
kam der Nikolaus in einem prächtigen Gewand, einem Bischofsstab und
mit einer Mitra. Ganz so, wie man sich eine Heiligen vorstellen konnte.
Dass es unser Herr Pfarrer war wussten wir, aber wir wussten nicht, wer
in der Verkleidung des Knecht Ruprecht steckte und wozu er möglicherweise
imstande war.
Der Nikolaus hatte ein großes, goldenes
Buch und las alle guten Taten vor und lobte uns Kinder.
Aber!!
Das schwarze Buch war auch sehr groß
und die Stimmung sank merklich, wenn daraus die weniger guten Vorkommnisse
vorgetragen wurden und Knecht Ruprecht mit der Rute vor uns herumfuchtelte.
Es ging aber immer glimpflich ab.
Zig Jahre später:
Damit uns der Nikolaus etwas schenken konnte,
stellten wir unsere Stiefel vor die Haustüre. In meine großen
Gummistiefel legten wir einen Hundertmark-Schein!! - offensichtlich unser
ganzes verbliebenes Haushaltungsgeld.
Das war etwa 1970. In der Schule wurde am
nächsten Tag gefragt:
"Was hat euch der Nikolaus gebracht?"
Mein Filius natürlich streckt und berichtet
von 100 Mark in Papas Stiefel, worauf der Rektor in der nächsten Pause
meint:
"Ihr müsst aber viel Geld haben!"
Dass das alle Kameraden zu Hause berichtet
haben ist selbstverständlich.
Nun zur Weihnachtszeit:
Wie anfangs erwähnt, eine exakte Beschreibung
erspare ich mir, es gibt mehrere Auslegungen, im Internet nachzulesen.
Beginnt mit der Adventszeit ...und
endet am Sonntag nach dem Hochfest "Erscheinung des Herrn" ....
So, nochmal für Normalbürger:
Sie beginnt mit dem 1.Adventssonntag und
endet mit Dreikönig.
Das war schon einfacher.
Noch einfacher:
Nun fragt der Rektor seine lieben Erstklässler
im Religionsunterricht, was viele Erwachsene nicht wissen;:
"Wer weiß etwas über die Weihnachtszeit?"
Es ist wieder mein Sohn, der sich wild meldet
und auch drankommt.
"Die Weihnachtszeit beginnt, wenn mein Papa dunkles Bier hat, und wenn er keines mehr hat, dann ist die Weihnachtszeit vorbei!!"
Das war´s!!
Das Hallo in der Klasse und vor allem bei jedem Mitschüler zu Hause kann man sich vorstellen. Die Eltern wussten, dass dieser "unchristliche und proletarische" Papa selbst Lehrer ist, auch noch die Missio zur Erteilung des Religionsunterrichtes hatte und seinem Sohn so etwas Schlimmes beigebracht hatte.
Die Erklärung ist sehr einfach:
Zu "Weihnachten" gönnte ich mir etwas
Besonderes, nämlich dunkles Doppelbock-Bier. Bei der ersten Flasche
sagte ich - das hörte natürlich Thilo schon als Kind
- "Jetzt beginnt für mich die Weihnachtszeit!"
Und wenn bedauerlicherweise die letzte Flasche
leer getrunken war hieß es entsprechend: "Für mich ist jetzt
die Weihnachtszeit vorbei!"
Kinder und Narren sagen die Wahrheit.
Mein Ansehen hat dadurch keinen bleibenden
Schaden erlitten, zumindest habe ich nichts Derartiges bemerkt.
Natürlich wurde Weihnachten
auch richtig gefeiert, nämlich bei uns zu Hause im Eichwald.
Weihnachten im Eichwald im Hause Ganter
Ein schön geschmückter Christbaum
durfte nicht fehlen und es war über zig Jahre für mich eine Selbstverständlichkeit,
diese Aufgabe zu übernehmen. Allerdings lief der heilige Abend in
der Regel bei uns etwas anders ab. Bei aller Feierlichkeit und Freude,
besonders wenn Kinder beschert werden, war oft ein kleines "Übel"
mit eingeplant: - das leidige Fotografieren!
Technik rund um den Weihnachtsbaum
Nicht nur das Fotografieren war Standard,
sondern auch noch das Filmen. Und wenn dann zu allem Überfluss auch
noch ein Tonband lief, um die Freude "festzuhalten" und zu dokumentieren,
dann waren wir, aber vor allem meine Mutter, froh, wenn die Apparate weggeräumt
und Weihnachten begonnen hatte.
Hubert mit Kamera - Regina und Elvira als geduldige Akteure
Dafür bin ich jetzt in der glücklichen
Lage, ein paar Fotos zur Geschichte präsentieren zu können.
Mein Vater ließ es nicht dabei bewenden,
nur am heiligen Abend "fotografisch" aktiv zu sein. Er drehte auch noch
einige Szenen zu einem Weihnachtsfilm mitten im verschneiten Wald. Dafür
musste Walter als "Weihnachtsmann" herhalten und bedächtig durch den
"hohen Tann" schreiten.
Verfilmt: Ganters Weihnachtsmann - nach vielen Kilometern im tiefen
Schnee im Eichwald angekommen !
Da haben wir die Bescherung !
Durch den "Tann "schreiten!
Dazu fällt mir eine ganze Kleinigkeit
ein, über die wir uns, außer unserem Vater natürlich, immer
wieder ereiferten, aber umsonst.
Bei nahezu allen Szenen schritt der Weihnachtsmann
von rechts nach links durchs Bild auf dem Weg in den Eichwald. Plötzlich
von links nach rechts! Dieser Wechsel hat die Szenenfolge so gestört,
dass wir alle immer wieder gemeint haben, diese Szene sollte man einfach
raus schneiden.
Nichts geschah!
"Und wenn
sie nicht geschnitten wurde, dann lebt sie heute noch!"
Vielen Dank an Hubert !