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Gschichtle von früher



Gschichtle 111:
"Meine Erinnerungen an Nikolaus und Weihnachten"
 von  Hubert Ganter
(12.12.09)


Meine Erinnerungen an Nikolaus und Weihnachten
sind nicht ganz ernst gemeint. Vielleicht fehlt es mir auch ein bisschen an der nötigen Frömmigkeit, um gefühlvoll und dem Anlass entsprechend zu schreiben.
Sei´s drum.
Beginnen wollte ich mit einer "wissenschaftlichen" Erklärung des Brauches "Nikolaus", bin aber, nachdem ich mich im Internet nochmal kundig machen wollte, wieder davon abgekommen. Ob nun der schöne Brauch auf den Bischof Nikolaus von Myra zurückgeht oder andere Quellen genannt werden, spielt hier keine Rolle. Ob die "Weihnachtsmänner" zu Abertausenden die Hauswände hinaufklettern, in Kaufhäusern unablässig mit dem Kopf wackeln, ob der Nikolaus nur der schenkende oder vielleicht auch der strafende "Mann "ist, der einen "Knecht" mit einer Rute dabei hat, ist völlig einerlei.

Moderner "Plastik-Nikolaus", der an den Fassaden hängt

Ich bleibe beim wirklichen, realen und erlebten Nikolaus, wie er im Kindergarten auftrat und mir in bester Erinnerung ist.
Im Kindergarten im Schwesternhaus war ein großer Raum mit einer Art Bühne in Richtung Pfeffingers. Dort spielte sich alles ab. Wir wussten, dass dieser fromme Mann einen Knecht, nämlich den Knecht Ruprecht, an seiner Seite hatte, der für die evtl. nötigen "gröberen Arbeiten" zuständig war. Er hatte einen großen Sack über der Schulter und eine Rute in der Hand. Den Sack, bitte, nicht verwechseln mit dem "Grabbelsack" (wg. dem Buchstaben G schon Diskussionen geführt). Der Sack war dafür vorgesehen, besonders renitente und unfolgsame Buben hineinzustecken und mitzunehmen.
Schon deshalb waren die besten Plätze im Saal nicht vorn auf einem bequemen Stühlchen, sondern ganz hinten auf einem der Tische, die dort zusammengerückt waren. Ich saß niemals! vorn, auch wenn ich mich nicht zu den "bösen Buben" zählte.
Das sagt  jeder von sich!
Wenn gegen Dezember das Gedicht:
"Von drauß vom Walde komm´ ich her ....."  - das man üblicherweise als Kind auswendig aufsagen konnte  - zum ersten Male auftauchte, war man ganz auf die kommende schöne Zeit eingestellt.

Knecht Ruprecht
(Theodor Storm)
Von draußen, vom Walde komm ich her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Überall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.

Und wie ich strolch' durch des finstern Tann,
da rief's mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell´,
heb deine Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
alt und jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn,
und morgen flieg ich hinab zur Erden;
denn es soll wieder Weihnachten werden!"

Ich sprach: "Oh lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo's eitel gute Kinder hat."

"Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;
denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern."

"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil den rechten!"

Christkindlein sprach: "So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von draußen, vom Walde komm ich her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hier innen find!
sind's gute Kind, sind's böse Kind?


Nikolaus Albert Schneble im Kindergarten vor der "Bühne"

Es klingelte, die Tür ging auf und herein kam der Nikolaus in einem prächtigen Gewand, einem Bischofsstab und mit einer Mitra. Ganz so, wie man sich eine Heiligen vorstellen konnte. Dass es unser Herr Pfarrer war wussten wir, aber wir wussten nicht, wer in der Verkleidung des Knecht Ruprecht  steckte und wozu er möglicherweise imstande war.
Der Nikolaus hatte ein großes, goldenes Buch und las alle guten Taten vor und lobte uns Kinder.

Aber!!
Das schwarze Buch war auch sehr groß und die Stimmung sank merklich, wenn daraus die weniger guten Vorkommnisse vorgetragen wurden und Knecht Ruprecht mit der Rute vor uns herumfuchtelte. Es ging aber immer glimpflich ab.
 

Zig Jahre später:
Damit uns der Nikolaus etwas schenken konnte, stellten wir unsere Stiefel vor die Haustüre. In meine großen Gummistiefel legten wir einen Hundertmark-Schein!! - offensichtlich unser ganzes verbliebenes Haushaltungsgeld.
Das war etwa 1970. In der Schule wurde am nächsten Tag gefragt:
"Was hat euch der Nikolaus gebracht?"
Mein Filius natürlich streckt und berichtet von 100 Mark in Papas Stiefel, worauf der Rektor in der nächsten Pause meint:
"Ihr müsst aber viel Geld haben!"
Dass das alle Kameraden zu Hause berichtet haben ist selbstverständlich.

Nun zur Weihnachtszeit:
Wie anfangs erwähnt, eine exakte Beschreibung erspare ich mir, es gibt mehrere Auslegungen, im Internet nachzulesen.
Beginnt mit der Adventszeit  ...und endet am Sonntag nach dem Hochfest "Erscheinung des Herrn" ....
So, nochmal für Normalbürger:
Sie beginnt mit dem 1.Adventssonntag und endet mit Dreikönig.
Das war schon einfacher.

Noch einfacher:
Nun fragt der Rektor seine lieben Erstklässler im Religionsunterricht, was viele Erwachsene nicht wissen;:
"Wer weiß etwas über die Weihnachtszeit?"
Es ist wieder mein Sohn, der sich wild meldet und auch drankommt.

"Die Weihnachtszeit beginnt, wenn mein Papa dunkles Bier hat, und wenn er keines mehr hat, dann ist die Weihnachtszeit vorbei!!"

Das war´s!!

Das Hallo in der Klasse und vor allem bei jedem Mitschüler zu Hause kann man sich vorstellen. Die Eltern wussten, dass dieser "unchristliche und proletarische" Papa selbst Lehrer ist, auch noch die Missio zur Erteilung des Religionsunterrichtes hatte und seinem Sohn so etwas Schlimmes beigebracht hatte.

Die Erklärung ist sehr einfach:
Zu "Weihnachten" gönnte ich mir etwas Besonderes, nämlich dunkles Doppelbock-Bier. Bei der ersten Flasche sagte ich  - das hörte natürlich Thilo schon als Kind  - "Jetzt beginnt für mich die Weihnachtszeit!"

Und wenn bedauerlicherweise die letzte Flasche leer getrunken war hieß es entsprechend: "Für mich ist jetzt die Weihnachtszeit vorbei!"

Kinder und Narren sagen die Wahrheit.
Mein Ansehen hat dadurch keinen bleibenden Schaden erlitten, zumindest habe ich nichts Derartiges bemerkt.

Natürlich wurde Weihnachten auch richtig gefeiert, nämlich bei uns zu Hause im Eichwald.

Weihnachten im Eichwald im Hause Ganter
Ein schön geschmückter Christbaum durfte nicht fehlen und es war über zig Jahre für mich eine Selbstverständlichkeit, diese Aufgabe zu übernehmen. Allerdings lief der heilige Abend in der Regel bei uns etwas anders ab. Bei aller Feierlichkeit und Freude, besonders wenn Kinder beschert werden, war oft ein kleines "Übel" mit eingeplant: - das leidige Fotografieren!


Technik rund um den Weihnachtsbaum

Nicht nur das Fotografieren war Standard, sondern auch noch das Filmen. Und wenn dann zu allem Überfluss auch noch ein Tonband lief, um die Freude "festzuhalten" und zu dokumentieren, dann waren wir, aber vor allem meine Mutter, froh, wenn die Apparate weggeräumt und Weihnachten begonnen hatte.

Hubert mit Kamera - Regina und Elvira als geduldige Akteure

Dafür bin ich jetzt in der glücklichen Lage, ein paar Fotos zur Geschichte präsentieren zu können.
Mein Vater ließ es nicht dabei bewenden, nur am heiligen Abend "fotografisch" aktiv zu sein. Er drehte auch noch einige Szenen zu einem Weihnachtsfilm mitten im verschneiten Wald. Dafür musste Walter als "Weihnachtsmann" herhalten und bedächtig durch den "hohen Tann" schreiten.


Verfilmt: Ganters Weihnachtsmann - nach vielen Kilometern im tiefen Schnee im Eichwald angekommen !


Da haben wir die Bescherung !

Durch den "Tann "schreiten!
Dazu fällt mir eine ganze Kleinigkeit ein, über die wir uns, außer unserem Vater natürlich, immer wieder ereiferten, aber umsonst.
Bei nahezu allen Szenen schritt der Weihnachtsmann von rechts nach links durchs Bild auf dem Weg in den Eichwald. Plötzlich von links nach rechts! Dieser Wechsel hat die Szenenfolge so gestört, dass wir alle immer wieder gemeint haben, diese Szene sollte man einfach raus schneiden.

Nichts geschah!
      "Und wenn sie nicht geschnitten wurde, dann lebt sie heute noch!"

Vielen Dank an Hubert !



Gschichtle 112:
Hungerwinter 1946/1947
 von  Hubert Ganter
(9.1.10)
 

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