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Gschichtle von früher



Gschichtle 82:

"Gedankensplitter"
Kindheitserinnerungen von Hubert Ganter
Teil 1
(4.4.09)



Die Gedanken sind frei!
Wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen
mit Pulver und Blei.
Die Gedanken sind
f r e i !

Wer kennt nicht dieses Volkslied und wie wahr sind diese Zeilen. Gedanken beschäftigen uns ununterbrochen und sich konzentrieren heißt im Grunde nichts anderes, als sich ständig darum zu bemühen, die Gedanken durch eine Art Filter zu schicken um sie, wie ein Polarisationsfilter beim Licht, zu kanalisieren und nicht über die Ufer treten zu lassen. Wenn man in einem Moment an die eine Sache denkt, ist man in Millisekunden beim Sonnenbaden im Urlaub, bei einer Szene eines Filmes, beim Kirschenklauen, man kommt gerade erlöst aus dem Beichtstuhl oder man denkt an ........
Alles scheinbar wirr, aber es liegt an uns, daraus etwas Reales und auch Nützliches zu machen.
Ich bin in der glücklichen Lage, nicht arbeiten zu müssen, unendlich viel Zeit zu haben und ich besitze offenbar einen Schlüssel, diese Filteranlage gegen die unendliche Gedankenflut so einstellen zu können, dass nur noch das passieren kann, was den Eichwald betrifft. Und so fallen mir anscheinend längst vergessene Dinge über den Eichwald ein, und wer Lust und Laune hat, darf sich mit mir auf eine kleine Reise zurück in die Zukunft begeben. Und zugleich finde ich Zusammenhänge mit heute und komme zu dem Schluss:
            bei diesem Gschichtle  handelt es sich ganz klassisch um
           ein  g e o r d n e t e s   C h a o s  !

Jetzt geht`los!

Zuerst ein "Ärgernis"
Geärgert haben wir Buben uns über das Dach des Hauses Weck, befand es sich doch genau gegenüber unserem "Kinderzimmer" und noch auf gleicher Höhe.

Warum?
Das Haus, das Reinhard Weck 1910 gebaut hatte, war deutlich aufwändiger, teurer und größer als die anderen Häuser. Das war nicht das Problem, aber er hatte besonders viel Geld in die Ziegel investiert und die waren zu unserem Leidwesen glasiert und dermaßen glatt, dass sich der Schnee nur ein paar Stunden halten konnte, bevor er in kleinen Lawinen herunterkam. Kaum freuten wir uns über die weißen Dächer, da sahen wir schon wieder  r o t . Vielleicht ergibt sich mal die Gelegenheit dieses Phänomen zu beobachten.

Der Schnee rutscht noch heute !
(Anmerkung des Webmasters: Unser Haus wird nächstes Jahr 100 Jahre alt. Das muss natürlich gefeiert werden !!
Und das Tollste: unsere Ziegel sind immer noch die Ziegel von 1910 - und deshalb rutscht der Schnee immer noch sehr schnell herunter.)

Vom gepflasterten Hof bei Wecks, ein Vorteil für Karin beim Hoffegen, habe ich schon berichtet. Aber noch nicht von dem großen Loch im Verputz unter dem Fenster mit Rundbogen. Wir "starken" Buben haben uns einen Spaß daraus gemacht Karin zu drohen, an dieser Stelle anzusetzen und das Haus vollends umzuwerfen. Es hat geklappt! (nicht das Umwerfen).

Hier erkennt man zwischen den Kinderbeinen
die schadhafte Putzstelle - Karin direkt vor Hubert (er sitzt ganz rechts)

Das Pfarrhaus, die zu Stein gewordene Kälte, gab immer wieder Anlass zu Diskussionen. Zum einen gehört das Pfarrhaus zur Kirche in Neusatz oder die Neusatzer Kirche zum Pfarrhaus. Der dazugehörige Holzschopf, im selben Stil gebaut wie das Haus, hat uns Buben schon veranlasst zu fragen, wozu man so viel Geld investiert in einen Holzschopf. Kein Häuslebauer konnte sich so fein behauene Granitsteine leisten.

Schopf mit Granitmauern und "die zu Stein gewordene Kälte - das Pfarrhaus"

Das Haus Fellmoser war für uns Buben, aber auch noch als Heranwachsende, so modern gebaut (1939 ), dass wir immer wieder Vergleiche mit anderen Häusern anstellten.

So denke ich z.B. an: Keine Türklinke! Nur ein Knopf zum Drehen, innen ein Glasabschluss, auch die obere Wohnung mit Glasabschluss, Zugtreppe zum Speicher, ein Wintergarten!! darüber eine Terrasse, sage und schreibe eine Zentralheizung und der Gipfel: eine Garage!


Rechts unten am Neusträssel die Garage

Für uns zuerst einmal eine sehr breite Kellertüre und wir meinten, da könnte man direkt ein Auto reinstellen. Klar, bis man mir sagte: "Das ist eine richtige Garage!.
Noch ein kleines Schuldbekenntnis:
Als wie bei Schmidtpeters Teer organisierten, um unsere Pistolen und Gewehre möglichst echt aussehen zu lassen, habe ich, ich weiß es noch ganz genau, am rechten Granitpfeiler vor dem Eingang ein kleines Kreuz aus Teer angebracht. Sollten sich dort nach weit über 6o!! Jahren noch irgendwelche Spuren finden, so bitte ich nachträglich um Entschuldigung und ich bitte um Busse und Lossprechung, Danke !


Anna Ganz hält sich am rechten Pfosten fest !


Anmerkung: Ich habe (leider !!)  keine Spuren mehr gefunden !!!!!!!!!

Von Pfeffingers Haus weiß ich nichts Besonderes, dafür aber von einem mir unheimlichen Raum im Keller, nämlich der Wurstküche.

Gelegentlich ging ich mit Dieter die Kellertreppe hinunter. Ich habe mich vorsichtig umgesehen und mir vorgestellt, dass hier die Schweine geschlachtet werden. Das war nicht meine Sache. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den "priesterlichen Beistand" beim Schlachten und ich bin nicht anders als mein Vater es war. Wenn die Schweine auf der Strasse abgeladen und den Hof hinunter getrieben wurden, hörte man noch eine ganze Weile das Gequietsche, bis es plötzlich ganz still war.
Interessant war auch die Bieranlieferung. Der Fahrer legte ein großes Kissen aus dickem Leder auf die Strasse und ließ die Fässer, eines nach dem anderen, darauf fallen, um sie dann den Hof hinunter zu rollen. Kein Vergleich mit dem Abladen der Schweine!


Das Schwesternhaus war auch ein Wohnhaus für Lehrer. So wohnte Herr Glaser im Dachgeschoss mit freiem Blick auf das Neusträssel und damit auch zum schon mehrfach genannten Schlittenbuckel. Ob wir bis spät abends bei Mondschein noch Ski gefahren sind, ob mit Schlitten unterwegs oder ob ich im Sommer im Schwesternhof mit meinem Fahrrad endlose Runden gedreht habe, ich musste immer damit rechnen, dass Herr Glaser, dem ich viel zu verdanken habe, mich am nächsten Morgen vor der Klasse rügte und meinte: "Geh`lieber nach Hause und lese oder lerne etwas oder schreibe etwas, aber nicht.......!"


Lehrer Glaser
"Lieber Herr Glaser, ich bin jetzt abends zu Hause, nein, sogar schon morgens, und dass ich gelegentlich sogar etwas schreibe kann jeder sehen!"
Neben der Betreuung des Kindergartens kümmerten sich die Barmherzigen Schwestern auch um die Kranken und machten Krankenbesuche. Es gab einen Krankenverein und die Schwestern versorgten vor allem unsere aufgestürzten Knien und Ellenbogen und waren rundum die erste Anlaufstelle, wenn es um unser Wohlbefinden ging. Dass ich mich dabei auch noch an die sehr strenge Krankenschwester (wurden auch mal wegen unserer Unvernunft ausgeschimpft) und an die berühmte Wundsalbe (Ichtolan) erinnere sei nebenbei gesagt. Vor einigen Jahren verlangte ich in der International-Apotheke in Karlsruhe - mangels genauer Kenntnis des Namens - so eine schwarze Salbe, genannt auch Zugsalbe! Man verkaufte mir so was Modernes, aber die "Richtige "schwarze Salbe, wie früher auf meinen Knien, war nicht zu haben. Schade.

Fortsetzung folgt !

Vielen Dank an Hubert !


zum 2. Teil der Gedankensplitter (11.4.09)

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