www.eichwaelder.de



Berichte von der Schwarzwaldhochstraße
(75 Jahre Schwarzwaldhochstraße-gefeiert 2007)

Fahrner: "Verschandelung der Landschaft"
Neues Windrad - bei der Unterstmatt



24.9.08
 BT



(Fotomontage)
 Schwarzwaldhochstraße - Die "Verspargelung" des Nordschwarzwaldes geht weiter - und nimmt neue Dimensionen an. Beim Landratsamt Ortenaukreis liegt ein Bauantrag für ein knapp 150 Meter hohes Windrad (Spitze Rotorblätter) vor, das am Verbindungsweg zwischen Unterstmatt und Ochsenstall errichtet werden soll. Valentin Doll, Bürgermeister der Belegenheitsgemeinde Sasbachwalden, unterstützt das Projekt. Er geht davon aus, dass der Gemeinderat des Fachwerkdorfs noch in diesem Jahr eine Entscheidung trifft.

Und diese dürfte nach seiner Entscheidung pro Windrad ausfallen. "Alles andere wäre eine völlige Meinungsumkehr", verweist er auf eine Grundsatzentscheidung vor über einem Jahr, die in den Gemeinderäten von Sasbachwalden, Lauf und Sasbach fiel. Damals hatte der potenzielle Betreiber, die Gamesa Energie Deutschland GmbH (Oldenburg), eine hundertprozentige Tochter der Gamesa Energia (Madrid), noch einen Windpark mit sieben Windmühlen geplant. Dieser scheiterte aus technischen (unzureichendes KV-Netz) und wildbiologischen Gründen (Auerhuhn-Biotop).

Valentin Doll glaubt gute Gründe für die Windmühle am nordwestlichen Zipfel des Hornisgrinderückens zu haben: "Jeder schimpft über teures Öl und Benzin und die Abhängigkeit vom Gas. Deshalb sollten wir die regenerative Energie nutzen, wo es vertretbar ist." Wichtig sei, dass die Anlage "nicht in der Nähe von Menschen errichten wird, dort oben aber kann ich mir das gut vorstellen". Außerdem vertritt der Bürgermeister die Meinung: "Lieber ein paar große Windräder als viele kleine."

Für Christian Vogt, Projektleiter bei Gamesa, ist die Baufreigabe nur noch Formsache. Er beruft sich auf den Regionalverband Südlicher Oberrhein, der das Waldgebiet unterhalb der Kammlage als Windkraft-Standort für geeignet hält. Bei einer Anhörung mit den Trägern öffentlicher Belange sei unisono Konsens erzielt worden, auch mit der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg. "Keiner sagte, wir sind dagegen", fasst er das Ergebnis dieser sogenannten Antragskonferenz zusammen.

In der Folge nahm das Unternehmen auf eigene Kosten Vogelzählungen in dem FFH-Gebiet vor - und einen weiteren Standort sogar heraus - "mit Rücksicht auf das Auerwild", wie Vogt erklärt. "Eine Windmühle ist verträglich", sagt er, "obwohl mehr möglich gewesen wäre."

Überdachung mit einem Maschendrahtgeflecht
Mit Rücksicht auf das Landschaftsbild würden die Rotorblätter mit einem Durchmesser von 77 Metern auf keiner turmähnlichen Stütze, sondern auf einem durchsichtigen Gittermast montiert. Weiterer Vorteil: "Damit kommt man in größere Höhen."

Entscheidende Bedeutung bei der Genehmigung durch das Landratsamt Ortenaukreis kommt dem Sicherheitsaspekt zu. Konkret: dem Eisbruch. Auch hierfür hat der Projektleiter eine Lösung parat. Auf einer Länge von 300 Metern soll der Verbindungsweg zwischen Unterstmatt und Ochsenstall mit einem "engen Maschendrahtgeflecht überdacht" werden. Fußgänger, Ski- und Schlittenfahrer könnten dann auch bei extremen Wettersituationen den Windradbereich sicher passieren. Ein zusätzliches Modul sorge bei einer Vereisung für eine automatische Abschaltung der Anlage.

Rund zwei Millionen Euro gedenkt der Windkraftanlagenbauer in sein erstes Projekt im Schwarzwald zu investieren. Die Rotoren mit einer Nabenhöhe von 111,5 Metern (zum Vergleich: die Hornisgrinde-Mühlen bringen es gerade mal auf 27 Meter) haben eine Leistung von 1,5 Megawatt und sollen jährlich vier Millionen Kilowattstunden erzeugen. Einer überschlägigen Rechnung von Christian Vogt zufolge könnten damit 1400 Haushalte mit Strom versorgt werden. Eine größere Leistung (bis zu zwei Megawatt) scheitert am Netzanschluss. Dafür wäre ein 110-KV-Kabel nötig, im Boden aber liegen lediglich 20 KV.

Betreiber will mit Bau im August 2009 beginnen
Eingespeist wird der Strom in das Netz des Energieversorgers Süwag. Dieser muss auf der Grundlage des Erneuerbaren Energie-Gesetzes (EEG) 9,2 Cent pro Kilowattstunde vergüten. Die Gemeinde Sasbachwalden erhält ihrerseits einen Pachtzins für das von ihr zur Verfügung gestellte Gelände. Mit dem Baubeginn rechnet Vogt im August kommenden Jahres, nach Ende der Auerhahnbrut. Acht Wochen später soll die Anlage in Betrieb gehen.

Wolfgang Schlund, Leiter des Naturschutzzentrums Ruhestein, wollte sich zu dem Vorhaben nicht amtlich äußern, sondern gab lediglich seine ganz persönliche Meinung zum Besten. Er hält die Nutzung regenerativer Energien "in Anbetracht des Klimawandels und der Verknappung unserer Energieressourcen für ganz wichtig." Er sagt aber auch: "Ich bitte doch stark, dass man Standorte mit den Nöten und Sorgen der Region, mit dem Landschaftsbild und den Zielsetzungen des Naturschutzes abstimmt."

Heiko Fahrner, Vorsitzender des Vereins der Schwarzwaldhochstraße, weiß offiziell von den Windkraftplänen überhaupt nichts, obwohl er auf Unterstmatt und am Ochsenstall die Lifte betreibt. Im BT-Gespräch zeigte sich der Schliffkopf-Hotelier und Unterstmatt-Gastronom erstaunt, dass man nicht einmal die Anrainer von dem Bauantrag in Kenntnis gesetzt habe. Prinzipiell befürworte er Windkrafträder, allerdings nur dort, "wo sie Sinn machen." Auf keinen Fall jedoch hier oben im Schwarzwald: "Da verschandeln sie nur die Landschaft."


  Archiv - eichwaelder.de

Home