www.eichwaelder.de |
Frage: Herr Dußmann, wann wurde beim Mummelsee-Hotelbrand die
Bühler Feuerwehr verständigt, und wie lautete der "Marschbefehl"?
Dußmann: Der Alarm ging bei uns um 13.15 Uhr ein. Die Aufgabenstellung hieß: "Überlandhilfe Mummelsee".
Frage: Zu diesem Zeitpunkt brannte das Hotel aber bereits seit rund eineinhalb Stunden. Eine lange Zeit.
Wegel: Das ist eine lange Zeit. Richtig. Wir hatten aber am Einsatzort genügend Kräfte. Bei der zusätzlichen Alarmierung ging es um die Ablösung von physisch erschöpften Aktiven, vor allem der Atemschutzträger. Nach rund 30 Minuten müssen diese eine Pause einlegen.
Dußmann: Als wir aus Bühl mit der Drehleiter und dem Löschfahrzeug mit Atemschutzträgern eintrafen, war vor Ort genügend Manpower vorhanden.
Frage: Laien wie Experten aus Feuerwehrkreisen fragen sich, weshalb nicht sofort auch die Drehleitern aus Bühl und Baden-Baden angefordert wurden. Schließlich ist die Kurstadt-Wehr auf Hotelbrände geschult. Stattdessen wurden die Teleskopmastbühne aus dem weit entfernten Kehl und eine kleinere Drehleiter aus Renchen losgeschickt.
Wegel: Eine sofortige Alarmierung der Bühler Feuerwehr beziehungsweise der Baden-Badener hätte nichts bewirkt. Die Seebacher Kollegen waren nach der Alarmierung um 11.42 Uhr bereits gegen 12.06 Uhr am Einsatzort, unsere Acherner Drehleiter traf gegen 12.20 Uhr ein. Die Entscheidung über die Anforderung von Einsatzmitteln trifft der Einsatzleiter. Von wo diese kommen, entscheidet der Disponent in der Leitstelle in Offenburg.
Frage: Was schoss Ihnen bei Ihrem Eintreffen am Mummelsee sofort durch den Kopf?
Wegel: Der Gedanke: Das wird ein harter, langer Tag.
Frage: Sie sind nicht nur Acherner Kommandant, sondern auch Kreisbrandmeister. Welche feuerwehrtaktischen Möglichkeiten gibt es, um einem Brand wie jenem im Mummelsee-Hotel zu begegnen?
Wegel: Wir sind zu Beginn zwei Taktiken gefahren: Wir haben über den Innenangriff versucht, das Feuer in der Dachhaut in den Griff zu bekommen und es andererseits über eine Riegelstellung vom Boden und aus der Luft zu bekämpfen.
Frage: Diese Taktik, muss man am Ende leider feststellen, ging nicht ganz auf.
Wegel: Das Besondere war die Dachkonstruktion. Als oberste Schicht hatten wir die aufgenagelten Holzschindeln. Dann kam eine dünne Aluschicht, schließlich das Dämmungsmaterial und dann eine Holzverschalung. Und in dieser Dachhaut war der Brandherd. Mir war schnell klar, dass der Dachstuhl nicht zu halten sein wird. Das Feuer zündete mehrmals durch und wanderte gewissermaßen durch die Dachhaut.
Dußmann: Wir können nur dann gezielt löschen, wenn wir das Feuer sehen. Deshalb war geplant, das Dach aufzureißen. Die Motorsägen sprangen aber wegen der enormen Rauchentwicklung nicht an. Auch mit Elektromotorsägen kamen wir aufgrund der starken Rauch- und Hitzeenwicklung nicht an den Brandherd heran.
Schon deshalb hatte man gar keine andere Wahl, als zu warten, bis die Dachhaut durchgebrannt war, um danach gezielt Wasser auf die Flammen zu bringen.
Frage: Ab welchem Zeitpunkt wurde der Innenangriff eingestellt?
Wegel: Nach etwa zwei Stunden - und zwar aus Sicherheitsgründen, nachdem erste Dachteile eingestürzt waren. Außerdem hatten wir eine Hitzeentwicklung, die bei 300 bis 400 Grad lag!
Dußmann: Nachdem sich keine Hotelgäste oder Bediensteten mehr im Gebäude befanden, wäre es fahrlässig gewesen, unsere Leute in Lebensgefahr zu bringen. Wir haben schließlich auch eine Verantwortung gegenüber unseren eigenen Leuten.
Frage: Viele Mummelsee-Besucher in den vergangenen Tagen haben eine Brandruine erwartet und sich gewundert, dass das Gebäude, vom Parkplatz aus betrachtet, fast keine Verwüstungen aufweist, sieht man einmal vom restlos zerstörten Dachstuhl ab. Andererseits ist von einem Totalschaden in der Größenordnung von schätzungsweise sechs Millionen Euro die Rede. Mathematiker wollen hochgerechnet haben, dass dem See 3500 Kubikmeter Löschwasser entnommen worden sein könnten. Andere sprechen davon, dass das Hotel regelrecht "abgesoffen" ist.
Wegel: Erst ab dem Zeitpunkt, als wir die Atemschutzträger zurückziehen mussten, gingen wir zu einem massiven Außenangriff über. Zwischendurch gab es auch mal den Befehl "Wasser halt!", um die Entwicklung des Brandes zu verfolgen. Fest steht aber: Zu unserer Einsatztaktik gab es keine Alternative!
Dußmann: Bei einem gewöhnlichen Ziegeldach wäre das Feuer erheblich schneller gelöscht gewesen. Wo Flammen sichtbar sind, ist eine Brandbekämpfung am einfachsten. Man kann ganz klar festhalten: Der Löschwassereinsatz erfolgte gezielt. Es gab keine andere Taktik. Die Logistik hat gestimmt!
Frage: Hatten Sie schon mal einen Einsatz mit ähnlich problematischer Aufgabenstellung?
Wegel: Ich kann mich noch gut an unseren Einsatz im Möbelhaus Avanti in Achern erinnern. Da gab es Wände aus Blech, Hartschaum und wieder Blech. Auch da kamen wir schlecht an das Feuer heran.
Frage: Schätzungsweise 160 Feuerwehrleute waren vom Tal auf den Mummelsee geeilt. Wie war der Brandschutz in dieser Zeit in der Acherner Region gewährleistet?
Wegel: Weil wir auch im Tal Kräfte vorhalten mussten, stand die Stützpunkfeuerwehr Kappelrodeck in Alarmbereitschaft, um im Ernstfall Achern, das Achertal und die Autobahn zu betreuen. Die Kappelrodecker Aktiven waren alarmiert und befanden sich während des Mummelsee-Brandes in ihrem Gerätehaus.
Frage: Die sogenannte Tagesverfügbarkeit bereitet vielen Feuerwehren zusehends Probleme. Wie sieht dies bei Ihnen aus?
Wegel: Wir können in Achern durch unsere zahlreichen Abteilungen diese Problematik kompensieren. Im Alarmfall fahren Aktive aus den Stadtteilen eben in den kernstädtischen Löschzügen mit.
Dußmann: Wir haben für die Tagesverfügbarkeit in Bühl drei wichtige Säulen: Schichtarbeiter, städtische Mitarbeiter und unsere LuKianer. Durchschnittlich sind am Tag 20 Aktive verfügbar.
Frage: Werden Sie den Mummelsee-Brand innerhalb Ihrer Truppe aufbereiten und analysieren?
Wegel: Ja. Wir werten derzeit die Dokumentation der Führungsruppe aus. Die Erkenntnisse werden dann an die Führungskräfte weitergegeben.
Dußmann: Was uns betrifft: Wir haben auf der Schwarzwaldhochstraße einige Gebäude, die nicht über eine Löschwasserkapazität wie den Mummelsee verfügen. Hier müssen wir Wege finden, um die Löschwasserversorgung zu verbessern. Außerdem laufen derzeit Gespräche für gemeinsame Alarmpläne.
Frage: Bringt die Brandkatastrophe am Mummelsee möglicherweise neue Erkenntnisse oder gar Impulse für eine noch engere Zusammarbeit der Feuerwehren über Kreis- und Regierungsbezirksgrenzen hinweg?
Dußmann: Ich glaube, wir sind noch enger zusammengerückt. Wir in Bühl haben keine Hemmungen, Kollegen auch aus einem anderen Landkreis um Überlandhilfe zu bitten. Die Feuerwehren sind da oft weiter als manche Politiker.