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Berichte von der Schwarzwaldhochstraße
(75 Jahre Schwarzwaldhochstraße-gefeiert 2007)
Wie geht es weiter mit dem Mummelsee-Hotel?
"Bezahlbarer und rentierlicher Glanz"
Baubeginn für neues Mummelsee-Hotel soll bereits im Sommer erfolgen/
Landrat Brodbeck sichert schnelle Verfahrenswege zu.
von Gerold Hammes


 10.5.2008
Badisches Tagblatt


Schwarzwaldhochstraße - Klaus Brodbeck, Landrat des Ortenaukreises, ist eigener Einschätzung zufolge alles andere als ein ausgewiesener Baufachmann. Als Laie aber würde er meinen, dass nach der Brandkatastrophe im Mummelsee-Hotel "alles auf einen Abbruch hinausläuft". Frühestens in fünf Wochen wird das Ergebnis eines sogenannten Sachverständigenverfahrens erwartet. Die Waldgenossenschaft Seebach als Hoteleignerin geht von einem Spatenstich für den Neubau noch in diesem Sommer aus. Spätestens im Dezember soll der Rohbau winterfest sein.

"Das ist ein herber Schlag für den Schwarzwaldtourismus", fasste Landrat Klaus Brodbeck seine ersten Eindrücke bei einem zweieinhalbstündigen Vor-Ort-Termin gestern Vormittag zusammen. Den Eigentümern sowie der Pächterfamilie Müller empfahl er, ein "zukunftsträchtiges Geschäftsmodell" zu entwickeln, möglicherweise mit einem kleinen Wellnessbereich. Schließlich gelte es, auf der Grundlage der Touristenwünsche im 21. Jahrhundert die "Weichen für die nächsten 100 Jahre zu stellen".

Lokaltermin gestern mit Reinhard Schmälzle, Roland Dieterle, K.H. Müller,
Landrat Klaus Brodbeck und Helmut Schnurr (Waldgenossenschaft, von rechts)

Hintergrund
Das Landratsamt als Genehmigungsbehörde, versprach deren Chef, werde das Verfahren "zügig abwickeln". Der Bereich um den Mummelsee ist im Flächennutzungsplan als "Sondergebiet Freizeit/Tourismus/Erholung" ausgewiesen, so dass das bestehende Bauvolumen gesichert sei, "vielleicht sogar unwesentlich größer". Die Aufstellung eines Bebauungsplans biete zusätzliche Chancen.

Brodbeck sicherte außerdem zu, sämtliche relevanten Fördertöpfe anzuzapfen. Außerdem sollte die Möglichkeit, zinsgünstige Kredite über die Landeskreditbank zu erhalten, geprüft werden. Für die leidgeprüfte Pächterfamilie Bärbel (29) und Karl-Heinz Müller (35), die den Mummelsee gerade erst vom Vater beziehungsweise Schwiegervater Roland Dieterle übernommen hatte, fand er die aufmunternden Worte: "In jeder Krise steckt auch eine Chance!"

Der Seebacher Bürgermeister Reinhard Schmälzle artikulierte Entschlossenheit: "Wir müssen nach vorne blicken und tun dies auch." Er versicherte: Das Mummelsee-Hotel werde in neuem Glanz erstrahlen.

Auch Rupert Rösch, Vorsitzender der Waldgenossenschaft Seebach, hat es brandeilig: Also soll das Hotel "so schnell wie möglich" wieder aufgebaut werden - mit der Einschränkung: "Wir brauchen ein Objekt, das bezahlbar ist und sich rentiert. Die Genossenschaft ist nicht unbegrenzt belastbar."

Obwohl das im Innern schwer ramponierte und in 1036 Metern Meereshöhe auf einer Passhöhe gelegene Berghotel mit Absperrgittern abgeriegelt ist, herrscht auf den Parkplätzen ein Rummel wie zur Hochsaison. Nachdem die Feuerwehren abgezogen sind, rücken nun die Sensations- und Katastrophentouristen an. Auto- und Motorradkennzeichen signalisieren, dass die Schaulustige aus dem gesamten süddeutschen Raum kommen. Einige von ihnen nehmen keine Rücksicht auf die psychischen Belastungen der Hotel-Bediensteten und richten ihre Camcorder oder Handy-Kameras gnadenlos auf sie: "Das ist schon sehr ärgerlich", formuliert Karl-Heinz Müller noch moderat. Er rechnet über die Pfingstfeiertage mit viel Rummel am Mummelsee - und hat sich mit seinem Team darauf eingestellt, um zumindest das "Straßengeschäft" mitzunehmen. Die Souvenirläden blieben vom Feuer ohnehin unbehelligt. Imbiss- und Bierwagen sind geordert, und bereits gestern Mittag waren die Festbankgarnituren aufgeschlagen.


Erstmals erhielten gestern Medieverteter Einblicke
in die ausgebrannten Dachgeschosswohnungen.

3,5 Millionen Liter Löschwasser
Gute Aussichten haben die zehn Auszubildenden unter den 25 Hotel-Mitarbeitern, dass sie ihre Lehre beenden können. Ein Teil wird in den ehemaligen Dieterle-Betrieben beim Vogtsbauernhof in Gutach tätig sein, die mittlerweile von Tochter Anja Gaupp (36) geführt werden. Um auch die übrigen Lehrlinge unterzubringen, steht Müller "in guten Verhandlungen" mit Kollegen. Wichtig ist ihm, dass sie in "seriösen Betrieben" ihre Lehre zu Ende bringen. Sein Eindruck, nachdem viele Tränen geflossen seien: "Es sieht gut aus."

Unterdessen betrieben auch gestern die Brandsachverständigen Ursachenforschung für die Feuersbrunst. Fest scheint zu stehen, dass sie im Kniestock eines Dachvorsprungs ihren Ausgangspunkt hatte. Die Kripo ermittelt hinsichtlich einer möglichen fahrlässigen Brandstiftung.

Ein Wanderer hatte am Montag gegen 11.40 Uhr Rauch aus dem Schindeldach qualmen sehen und sofort das Hotelpersonal verständigt. Karl-Heinz Müller und mehrere Mitarbeiter machten sich mit dem hoteleigenen Löschequipment (Wasserschläuche und Feuerlöscher) an die Arbeit, während zeitgleich die Feuerwehrleitstelle in Achern alarmiert wurde. Als die ersten Wehren aus dem Achertal und aus Renchen mit zwei Drehleitern anrückten, waren Müller und Schwiegervater Roland Dieterle guten Mutes, dass sich der Brand lokal begrenzen lasse: "Ich habe gedacht, in einer halben Stunde ist das Feuer aus", rekapituliert Dieterle die Ereignisse, die sich zu einer Katastrophe auswachsen sollten. "Das Problem war, dass man an die Flammen nicht herankam, die sich entlang des Kniestocks schließlich über das gesamte Dach ausbreiteten", ergänzt Müller. Schließlich wurden weitere Einsatzkräfte aus Bühl und Bühlertal angefordert. Die Zwetschgenstädter und die Feuerwehr Kehl schickten ihre beiden modernen Drehleitern los. Gleichwohl: Die tonnenschweren Fahrzeuge benötigten für die lange und steile Anfahrt 30 Minuten und mehr. Am Ende kämpften 160 Feuerwehrleute gegen ein Feuer, das begrenzbar schien, durch schwierige bauliche Verhältnisse und angetrieben durch einen heftigen Ostwind letztlich für einen Totalschaden sorgte. Den Rest besorgte das Löschwasser, das problem- wie pausenlos über gut fünf Stunden aus dem Mummelsee auf und in das Hotel gepumpt wurde. Experten schätzen, dass es in der Summe etwa 3,5 Millionen Liter gewesen sein könnten, die die Stockwerke unterhalb des ausgebrannten Dachgeschosses regelrecht ertränkten. Das entspräche in etwa dem gesamten Fassungsvermögen der zwei großen Freibecken im Bühler Schwarzwaldbad.

In den drei Hotelgeschossen sind die Böden gewölbt und die Decken aufgerissen. Der Bau-Laie Brodbeck wird vermutlich recht behalten. Karl-Heinz Müller und Roland Dieterle gibt er noch ein letztes Trostpflaster mit ins Pfingstwochenende: "Die Landkreisverwaltung ist dafür bekannt, dass sie schnell agiert."


Weder Rezeption, noch Restaurant-Theke werden im
derzeitigen Mummelsee-Hotel nochmals besetzt sein.

Siehe auch Impressionen von Pfingsten 2008


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